Stephan Bachter sammelt Urlaubssouvenirs und zeigt einen Teil seiner umfangreichen Sammlung derzeit im Stadtmuseum. Foto: Holzwarth Quelle: Unbekannt

Eine warme Brise Nostalgie weht einem entgegen, wenn man den Raum im Obergeschoss des Stadtmuseums betritt. Dort ist bis zum 8. Oktober die Sonderausstellung „Urlaubssouvenirs zwischen Fernweh und Kitsch“ zu sehen.

Von Volker Haußmann

Das kommt einem alles sehr bekannt vor: Römerchen, Krügchen, Tellerchen, Aschenbecher, Wimpel - allesamt bedruckt mit Ansichten von Urlaubsorten -, dazu zahlreiche sogenannte Birkenscheiben mit quietschbunten Landschaftsmotiven, massenhaft mit Stocknägeln gespickte Spazierstöcke - und Postkarten in rauen Mengen. Nicht zu vergessen die 1953 patentierten Plastiskope, die es ermöglichten, per Knopfdruck wechselnde Lichtbilder von Stadtansichten, die man durch ein Guckfensterchen betrachten konnte, durchzuklicken. Das Ganze war etwa handtellergroß und optisch meistens wie ein Minifernseher gestaltet. Damals echt der Hit unter den Souvenirs.

Die Ausstellung lädt den Besucher ein zu einer Zeitreise zurück in die Zeit, als ein Wochenende in Oberbayern, eine Reise mit dem Bus in den Schwarzwald oder eine Sommerfrische im Allgäu urlaubstechnisch das höchste der Gefühle war. Als Nachweis, dass man auch wirklich fort und dort war, verschickte man Postkarten oder brachte ein preiswertes Souvenir mit nach Hause. Das verstaubte fortan im Regal oder an der Wand, und Jahre später entsorgte dann nicht selten der Nachwuchs den „Gruscht“, mit dem er nichts anfangen kann.

Sehr wohl damit was anfangen kann Stephan Bachter (Jahrgang 1967). Der Historiker und Volkskundler ist Kurator der Sonderausstellung, für die er rund ein Zehntel seiner umfangreichen Souvenir-Sammlung zur Verfügung gestellt hat. Die Sammlerstücke hat er unter anderem aus Haushaltsauflösungen zusammengetragen.

Die mit viel Liebe zum Detail gestaltete Ausstellung will indes nicht nur die Vielfalt dessen zeigen, was clevere Souvenirhändler und Kioskbesitzer den Touristen als Reiseandenken schmackhaft machen konnten. Sie macht auch deutlich, wie sich das Image beliebter Urlaubsziele durch die Darstellung immer gleicher Ansichten und Motive ins kollektive Gedächtnis eingegraben hat. „Manche Regionen leben von idealen Ansichten und Klischees“, so Bachter. „Es gibt ein paar sehr starke Symbole mit starker Signalwirkung.“

In der Ausstellung sind ein paar dieser Klischees aufgelistet. Fürs Allgäu sind das zum Beispiel Schloss Neuschwanstein, Silberdistel, Käse, Milchkühe, Seilbahn oder Kuhglocke. Bei Schwarzwald denkt man automatisch an Kuckucksuhr, Bollenhut, dunkle Tannen, Schwarzwaldmädel und Schwarzwälder Kirschtorte.

Auf Texttafeln lässt sich Wissenswertes rund ums Souvenir nachlesen. Zum Beispiel, dass die Einführung der Postkarte ins Jahr 1869 zurückgeht und dass die Deutsche Bundespost im Jahr 1954 bundesweit 920 Millionen Postkarten zugestellt hat. Auch kritische Anmerkungen zum Wesen des Souvenirs finden sich dort. Bachter: „Wir wollen ins Bewusstsein bringen: Was ist ein Souvenir? Wie entstehen Klischees und wie werden sie gepflegt? Die Ausstellung soll aber natürlich auch Spaß machen.“

Den im Titel der Ausstellung vorkommenden Begriff „Kitsch“ möchte Museumsleiterin Angela Wagner-Gnan keinesfalls als diffamierend verstanden wissen, wie sie sagt. Schließlich sei durch die Möglichkeit der Reproduktion Kunst auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglich geworden. „Kunst für jeden, das hat was Demokratisches.“ Wagner-Gnan ist sich sicher, dass es Souvenirs nicht mehr lange geben wird. „Man geht heute mit Erinnerungen anders um und macht Selfies mit dem Handy.“

Öffnungszeiten

Die Ausstellung ist dienstags, mittwochs und samstags von 14.30 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet; Infos: www.stadtmuseum-nuertingen.de.