Dagmar Bluthardt und Joachim Hahn stellen ihr Büchlein vor. Foto: Ait Atmane - Ait Atmane

Wie viele Kirchen hat eigentlich Plochingen? Wer das wissen möchte, kann nun einfach in den kleinen Kirchenführer von Dagmar Bluthardt und Joachim Hahn schauen.

PlochingenWie viele Kirchen hat eigentlich Plochingen? Man muss schon ein bisschen nachdenken, um auf die sieben christlichen Gotteshäuser zu kommen, weitere Gottesdiensträume noch gar nicht eingerechnet. Jetzt kann man einfach in den kleinen Kirchenführer von Dagmar Bluthardt und Joachim Hahn schauen. Darin findet sich nicht nur ein Überblick, sondern viele unterhaltsame und überraschende Details. Das Büchlein stellten sie in der Ottilienkapelle vor.

Beide Autoren sind sowohl in der christlichen Kirche als auch in der Stadt Plochingen tief verwurzelt. Joachim Hahn hatte schon 1993, damals Gemeindepfarrer, mit dem Ortshistoriker Manfred Reiner zusammen einen Kirchenführer veröffentlicht. Der beschränkte sich auf die evangelischen Kirchengebäude und war schnell vergriffen, wurde aber immer wieder nachgefragt. Nachdem Hahn vor zwei Jahren zudem eine Jubiläumsschrift zum 50-jährigen Bestehen der Paul-Gerhardt-Kirche verfasst hatte, kam er zusammen mit der Plochingerin Dagmar Bluthardt auf die Idee, eine Gesamtschau aller christlicher Gotteshäuser in der Stadt zusammenzustellen. Auch deshalb, so Bluthardt, „weil uns das selbst Freude gemacht hat, uns mal in das Thema einzuarbeiten“.

Beim Kulturamt der Stadt stieß das Projekt auf offene Ohren, schließlich erkundigen sich bei der Plochingen-Info häufig Touristen nach der benachbarten Ottilienkapelle oder nach anderen Kirchen. Die Autoren, beide in ihrem jeweiligen Fachgebiet promoviert, sind gründlich zu Werk gegangen, haben Material zusammengetragen und mit vielen Menschen gesprochen. Ausgerechnet bei der evangelischen Kirchengemeinde sei man zunächst nicht begeistert gewesen, verriet Hahn bei der Präsentation – schlicht deshalb, weil in der Stadtkirche St. Blasius eine umfassende Renovierung ansteht und sie deshalb derzeit nicht im besten Licht erstrahlt. Bürgermeister Frank Buß habe das aber mit fotografischem Talent ausgeglichen, auf seinen Bildern sehe sie „wie schon restauriert“ aus.

Die Fakten zu den Kirchengebäuden sind systematisch aufgearbeitet, die Autoren haben aber auch nach Besonderheiten gesucht und gefunden. So steht die katholische Kirche St. Konrad für innovative Architektur in den 1920er-Jahren: Mit ihren hölzernen Dreigelenksbogen, ohne Zwischenstützen, entstand ein weiter, offener Kirchenraum. Die katholische Kirche St. Johann auf dem Stumpenhof ist von den farbenprächtigen, modernen Fenstern des Künstlers Heribert Glatzel geprägt. Als in den 1980er-Jahren die Renovierung der Paul-Gerhardt-Kirche anstand, war es ihr Architekt selbst, der jetzt gerne den Sichtbeton im Inneren weiß verputzt hätte, während der Kirchengemeinderat am nüchternen Charakter festheilt. Mittlerweile sind die Wände gestrichen. Die methodistische Gemeinde plant in Plochingen sogar einen Kirchenneubau – etwas, was man in unserer Zeit selten ist, wie Bluthardt anmerkte.

Unumstritten das älteste Gebäude der Stadt ist die Ottilienkapelle, wobei die Jahreszahl 1328 sich auf die erste urkundliche Erwähnung bezieht und nicht wie oft behauptet auf das Baujahr. Viel älter dürfte die Kapelle, die mehrere Veränderungen erfahren hat und zeitweise als „Rumpelkammer für überzähliges Hausmobiliar“ und als Kinderschule genutzt wurde, aber nicht sein. Ihren Namen erhielt sie bekanntlich wegen des Heilwassers aus ihrem Brunnen, denn Odilia vom Elsass galt als Schutzpatronin der Augenkranken und Blinden. Überraschen dürfte manchen, dass das mineralhaltige Wasser des heutigen Ottilienbrunnens nicht aus derselben Quelle stammt, sondern erst vor einigen Jahrzehnten von der damaligen Waldhornbrauerei erschlossen wurde.

All das ist übersichtlich und unterhaltsam dargestellt; das ansprechende Layout mit vielen Fotos und Hervorhebungen hat Grafikdesignerin Mandy Gambietz gestaltet, die in Plochingen lebt. Bürgermeister Frank Buß bezeichnete den Kirchenführer mit seinen 66 Seiten, herausgegeben vom Kulturamt der Stadt, als gelungenes Werk, „das unsere Kirchenkleinode in ein besonderes Licht rückt“. An Kirchen könne man viel über die Geschichte und die Gesellschaft ablesen, sagte er. Über den Andrang am Signiertisch nach der Präsentation war niemand erstaunter als die Autoren selbst.

Der Führer „Kirchen in Plochingen“ soll nicht alleine bleiben, sondern den Auftakt bilden zu einer losen Reihe solcher Bändchen, die einzelne Themen aufgreifen und an die „Plochinger Wegspuren“ von Manfred Reiner anknüpfen. Zudem wies der Bürgermeister auf eine Spendenaktion hin, die am Wochenende begann: Gesammelt wird für ein zusätzliches Zifferblatt am Turm der Ottilienkapelle. Denn zur Schorndorfer Straße hin gibt es bislang keines, weil dort Häuser angrenzten, als der Turm gebaut wurde. Heute wäre eine Uhr an der weißen Fläche des Türmchens richtig, findet Plochingens Alt-Bürgermeister Eugen Beck und gab den Impuls zur Spendenaktion. Rund 20 000 Euro werden gebraucht.