Metzgerin Gina Benz will im Familienbetrieb neue Akzente setzen. Foto: Weller - Weller

Mit ihren 24 Jahren hat die Köngenerin Gina Benz schon einen Bachelor-Abschluss als Food-Managerin und den Gesellenbrief als Metzgerin in der Tasche.

Köngen Eine Rinderhälfte zu zerteilen, ist für die junge Metzgerin Gina Benz auch körperlich sehr anstrengend. Aber die 24-Jährige hat inzwischen Übung im Handwerk. Als Jahrgangsbeste ihres Gewerbes hat die junge Frau die Gesellenprüfung bei der Fleischerinnung Stuttgart abgeschlossen. Am Montag, 17. September, wird sie bei der Lossprechungsfeier ausgezeichnet. Nach ihrem Bachelor-Abschluss im Fach „Food Management“ (deutsch: Lebensmittel-Management) an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn zog es die junge Frau wieder in die Metzgerei ihrer Eltern, Daniel und Monika Benz. „Mit dem, was ich an der Hochschule gelernt habe, möchte ich unser Geschäft für die Zukunft fit machen.“

Dass die Enkelin die Familientradition in vierter Generation fortsetzt, macht nicht zuletzt ihren Opa Günther Benz glücklich. Die selbstbewusste Hochschulabsolventin freut sich, dass sie ins Geschäft mit einsteigen darf. „Viele denken, dass Metzger ein Männerberuf ist.“ Frauen stünden oft als Fleischereifachverkäuferinnen hinter der Theke. Gina Benz aber reizt die Fleischerei. Zwar sei die körperliche Arbeit anstrengend. „Aber mir gefällt die Vielseitigkeit des Berufs.“ Auch den Kontakt mit Kunden genießt sie. Dass sie jetzt Jahrgangsbeste ist, freut sie. Zweifler, die finden, dass das kein Frauenberuf sei, bringe das hoffentlich zum Verstummen. „Metzger ist halt kein schönes Wort“, findet Benz. Da müsse die junge Generation einiges tun, um das Image aufzupolieren. Für Gina Benz hat das Fleischergeschäft mit Genuss zu tun. Mit ehemaligen Studienkollegen hat sie die Gruppe „Kulinaristen“ gegründet. Die jungen Manager gehen auf Trüffelsuche oder testen erstklassige Restaurants in Paris.

Obwohl die Juniorchefin gerne Neues ausprobiert, will sie am Bewährten festhalten. „Mit meinen Eltern liege ich da auf einer Linie.“ Vater Daniel Benz liebt es wie sie, Rezepte auszuprobieren. Von seiner Römerwurst, die er vor Jahren anlässlich eines Römertags kreiert hat, schwärmt die Tochter noch heute. „Für mich ist es das Schönste, vor dem Regal mit Gewürzen zu stehen und Gewagtes auszuprobieren“, schwärmt sie. Eine Wurst mit Gin aus Stuttgart hat sie selbst kreiert. Dry-Aged- Rindfleisch, das durch Trocknung einen besonderen Geschmack entfaltet, zählt zu den Spezialitäten. Gina Benz wagte das Experiment und hat festgestellt, dass das auch mit Schweinefleisch geht. „Wir ermuntern uns, Ungewohntes zu testen“, lobt Gina Benz die Offenheit ihrer Eltern.

Den praktischen Teil ihres Dualen Studium absolvierte Gina Benz bei der Stuttgarter Feinkost- und Weinhandelsgesellschaft Di Gennaro. Das hat der Genießerin gefallen. In der „Schwanen“-Metzgerei kümmert sie sich mit Mutter Monika ums Catering, wenn es ihre Zeit zulässt. Denn zurzeit ist die junge Fleischerin viel mit administrativen Aufgaben im Büro betraut. „Catering ist für Metzgereien ein wichtiger Geschäftszweig“, sagt Monika Benz. Sie findet es spannend, mit ihrer Tochter mit Zutaten zu experimentieren. „Neulich kam Gina sogar mit Artischocken an“, plaudert die Mutter aus der Küche.

Wie meistert die junge Metzgerin den Spagat zwischen modernen Bedürfnissen und Tradition? „Unsere Kunden kommen, weil sie uns vertrauen.“ Der Betrieb bezieht das Fleisch fast ausschließlich von Schlachtern der Region. Schweinefleisch kommt aus eigener Schlachtung vom Bauern Michael Hermann, der seine Zucht auf den Erlenhöfen Köngen betreibt. Rindfleisch und Kalbfleisch liefert der Göppinger Metzgerschlachthof „Staufenfleisch“.

Tierwohl ist wichtig

In den Partnerbetrieben wisse man, dass auf das Tierwohl geachtet wird – für Gina Benz ist das eines der zentralen Themen. Und sie findet es wichtig, „dass nicht nur die feinen Stücke, sondern das ganze Tier verarbeitet wird.“ Das macht für sie nachhaltige Lebensmittelproduktion aus. Kutteln, Leber oder Hirn ließen sich mit entsprechenden Rezepturen ebenfalls zu einer leckeren Mahlzeit verarbeiten.

Im Studium hat sie gelernt, dass sich die Bedürfnisse der Kunden wandeln. Immer mehr berufstätige Leute hätten keine Zeit mehr, selbst zu kochen. Deshalb läuft der Mittagstisch mit Salattheke in der Metzgerei gut. Ein Freund sprach die junge Metzgerin darauf an, dass er so gerne mal einen Sauerbraten wie den von seiner Mutter zubereiten würde. „Immer weniger Leute haben Zeit, so eine Soße stundenlang zu kochen.“ Da kam die Familie Benz auf die Idee, handgemachte Konserven anzubieten. „Da denke ich auch an Online-Vertrieb“, ist Benz überzeugt. Denn Schaschlikpfanne, Rinderrouladen, Leberknödelsuppe oder Gulasch sind mindestens ein Jahr haltbar.

Dass Billig-Angebote in den Supermärkten ihrem Handwerk Konkurrenz machen, sieht sie als Herausforderung. „Wir punkten mit der Qualität, die wir bieten.“ Das möchte die junge Metzgerin den Kundinnen und Kunden vermitteln. Und sie will die Standards weiter heben. „Nachhaltige Tierhaltung und aufwendige Verarbeitung haben aber auch ihren Preis“, sagt die frischgebackene Fleischergesellin selbstbewusst. Sie sieht sie ihren Berufsstand in der Pflicht, noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten. Wenn das gelinge, sei ihr um dessen Zukunft nicht bange.