Originalgetreu sind die Hände gestaltet. Quelle: Unbekannt

Berühmte Filmfiguren gestaltet der Bildhauer und Modelleur Jörg Steegmüller aus Stuttgart-Heumaden her. In seinem Atelier in Ruit will der Künstler ein Museum eröffnen. Filmfans sollen da hautnah verfolgen können, wie ihre Lieblinge entstehen.

OstfildernHurra, hurra, der Pumuckl ist da! Bald zumindest. Meister Eders Werkbank ist schon aufgebaut. Die Schublade ist voller Holzspäne, in die sich der Kobold so gern hineinkuschelt. Auch die Mini-Schiffschaukel, auf der sich der bekannteste Rotschopf der Welt gern die Zeit vertreibt, ist da. Doch der Pumuckl selbst, der ist noch ein nacktes Gerüst aus Drähten und Schrauben, das urplötzlich in einem Spiegel erscheint. Magie? „Magie der Objekte“, um genau zu sein. So will Jörg Steegmüller sein Museum nennen. Und zu zeigen hat er dort mehr als genug.

Der 44-Jährige aus dem Stuttgarter Stadtteil Heumaden ist Bildhauer und Modelleur für animatronisch-technische Figuren und Schaustücke. Er stellt Figuren und Requisiten für TV- und Kino-Produktionen, Freizeitparks oder Schaufenster her. Ob Blühendes Barock oder Tripsdrill, „Soko Stuttgart“ oder „Celebrity Deathmatch“, Roland Emmerich oder Robbie Williams – sie alle bestellen bei Jörg Steegmüller. Hinter den Türen des Ateliers im kargen Industriegebiet von Ostfildern-Ruit leben die Helden unserer Kindheit – Ernie und Bert, Yoda und C-3PO, Hotzenplotz, Kermit und Paddington Bär – in einer kuriosen WG mit Zombies und Monstern. Zwischen Farbtöpfen, Holzstücken und Textilien lagern massenhaft Köpfe und Hände. Ein Wunderland mit Gruselkabinett-Charme.

Das soll nun jedermann zugänglich gemacht werden. Das Museum entsteht in den Nebenräumen des Ateliers. Der Eingangsbereich gehört den frühen Inspirationen: dem Pumuckl und seinem Bettchen, in dem sich wie von Geisterhand die Decke hebt und das Kissen knüllt, dem lebendigen Grammofon aus der Yxilon-Show, dem Fliewatüüt. „Hier ist Nostalgie drin.“ Nebenan folgt eine Programmschau. In einer noch unfertigen Hartschaum-Kulisse stehen Bären, Frösche und Häschen; Überbleibsel von Schaufensterdeko eines englischen Kaufhauses. „Sehr viel zum Drücken, sehr viel Interaktives, sehr viel Mechanisches“ soll die Besucher empfangen, dazu hat sich Jörg Steegmüller eine Geschichte ausgedacht, die seine Figuren erzählen werden. In Videos soll zudem erläutert werden, wie in der Werkstatt Gips, Silikon und Co. zum Leben erweckt werden – die „Magie der Objekte“ eben. Und auch seinen eigenen Werdegang will er beleuchten. Bereits als Bub hat er Fimo-Männle gebastelt und Comics gezeichnet. Als Teenie drehte Jörg Steegmüller seinen ersten Film mit 300 Figürchen.

Dem Zufall überlässt der Perfektionist nichts. „Das ist exakt die gleiche Lampe, genau das Modell“, sagt er über die grüne Leuchte, die über Meister Eders Werkbank baumeln soll. Die Sätze, die Captain Hook von sich geben wird – „er wird sich bewegen, sprechen, Mimik zeigen und Leute beleidigen, frech wie er ist“ –, hat nicht irgendwer eingesprochen, sondern Joachim Kerzel, die deutsche Stimme von Dustin Hoffman. Das Hook-Kostüm ist – natürlich – das echte aus dem Hollywood-Streifen. Überhaupt sollen im Filmraum, dem dritten Museumszimmer, viele Originale landen. Jörg Steegmüller besitzt als riesiger Kino-Fan massig echte Requisiten wie die „Robocop“-Hand oder Teile aus „Star Wars“. Gerade zur Sternen-Saga hat er zudem viele Repliken hergestellt, „Fingerübungen“ nennt er die. Dem galaktischen Giganten Chewbacca hat er jedes Zottelhaar einzeln auf den Pelz geknüpft. Ein beweglicher Darth Vader soll im Museum das Fürchten lehren.

Doch das alles dauert. Das Auftragsbuch ist voll. Die Mitarbeiterin Rosa Da Lima Iannone hübscht aktuell mit Schaumstoff den mehr als 40 Jahre alten Herrn von Bödefeld auf. Die Original-Figur aus der Sesamstraße wird fürs Bad Kreuznacher Museum für Puppentheaterkultur restauriert. Auch die legendäre „schwäbische Oma“ des verstorbenen Puppenspielers Albrecht Roser hat das Team Steegmüller in der Mache. Großprojekte für den Europa-Park stehen an, „wir sind bis Ende des Jahres voll“. Das Herzensprojekt Museum läuft da zwangsläufig nebenbei. Die anvisierte Eröffnung im Herbst will Jörg Steegmüller dennoch halten. Denn ihm geht um mehr als ums bloße Zeigen. Es geht dem Künstler um Fantasie, um große Kinderaugen, um Magie. „Ich möchte inspirieren.“

Einsatz im Europa-Park in Rust

Erst kürzlich montierten Jörg Steegmüller und sein Team das Skelett der Meeresschlange Svalgur im Europa-Park in Rust. Das 34 Meter lange Gerippe des Fantasiewesens ist der Hingucker der skandinavisch angehauchten Lobby des neuen Hotels Krønasår. Das sechste Hotel des Freizeitparks im Stil eines Naturkundemuseums hat seit wenigen Wochen geöffnet. Daher musste die Steegmüller’sche Schauerschlange rechtzeitig von der Decke baumeln.

Und jetzt? Aktuell macht sich das Team aus Ruit an einen weiteren acht Meter hohen Svalgur-Kopf in unmittelbarer Nachbarschaft zum Krønasår. Er soll die Wasserwelt Rulantica schmücken, die sich an das neue Hotel anschließen und Ende November eröffnen wird. car