Manuela Klingler-Kohler, Geschäftsführerin der Stiefelmayer-Holding, zeigt die präzise geschnittenen Blechscheiben, die zum Stator (Mitte) des Elektromotors (rechts) zusammengefasst werden. Foto: Bulgrin

Von Roland Kurz

Denkendorf - Ganz besonders und ganz typisch. Beide Attribute treffen auf die Firma Stiefelmayer-Lasertechnik in Denkendorf zu. „Weltweit gibt es keinen Hersteller, der diese Genauigkeit schafft“, sagt Alexander Müller, einer der beiden Geschäftsführer, über seine Laserschneidmaschinen. Diese Marktstellung in einer Nische wiederum ist typisch für eine Vielzahl schwäbischer Familienunternehmen. Sie sind innovativ und optimieren ständig ihre Produkte, um sich in ihrem Segment am Weltmarkt zu behaupten.

Noch eine Besonderheit weist Stiefelmayer auf: Während die Automobilindustrie und ihre Zulieferer nicht wissen, wie sie den Umstieg auf die Elektromobilität überstehen, profitiert das Denkendorfer Unternehmen bereits jetzt vom Wandel in der Antriebstechnik. Seine Laserschneider sind ideal, um feine Blechteile für Elektromotoren herzustellen. „Bei Stiefelmayer ging es immer um Präzision“, sagt Dieter Bulling, der zweite Geschäftsführer der Sparte Lasertechnik. Vor 140 Jahren begann die Geschichte am Standort Esslingen mit Messgeräten. Diese Genauigkeit gelte auch für die Maschinen, die man heute herstelle, sagt Seniorchef Hans Klingler stolz. Auf zwei Hundertstel Millimeter genau schneidet der Laserstrahl die gewünschte Kontur aus dem Blech. Zum Vergleich: Ein Blatt Papier ist ein Zehntel Millimeter stark.

Für Autos, Schiffe und Windräder

Für moderne Elektromotoren werden immer komplizierte Blechmuster benötigt. Durch die ausgefransten Formen wolle man die Energiedichte im Motor erhöhen, erläutert Bulling. Die fertigen Blechscheiben werden zu Paketen geschichtet und bilden dann Stator und Rotor, die zwei Grundelemente eines Elektromotors. Mit Fräsmaschinen sei die geforderte Genauigkeit kaum zu erreichen, sagt Bulling. Stanzmaschinen, wie sie in der Serienproduktion von Autos verwendet werden, lohnen sich erst bei großen Stückzahlen. Die Laserschneider von Stiefelmayer sind ideal für Prototypen, Muster und Kleinserien. Und das benötigt der Industriezweig Elektromobilität, der gerade im Aufbau ist und wo neue Akteure einsteigen und tüfteln. Manuela Klingler-Kohler, Geschäftsführerin der Stiefelmayer-Holding, bringt es auf den Punkt: „Wo entwickelt wird, dort ist unser Markt.“

Der beschränkt sich nicht auf die Automobilindustrie. „Elektromotoren sind auch auf Schiffen im Kommen“, weiß Hans Klingler, der vor 20 Jahren auf die Lasertechnik setzte. Der 81-Jährige beobachtet den Markt immer noch und lässt sich regelmäßig im Werk blicken. Für Tork-Motoren, die direkt ohne Getriebe antreiben, benötige die Industrie immer mehr Varianten, sagt Klingler. Aktuell fertigt Stiefelmayer-Lasertechnik den Prototyp für den Generator eines Windrads. Durchmesser etwa zehn Meter. Stanzen funktioniert da überhaupt nicht, selbst der Laser kann auf seiner 1,20 Meter großen Arbeitsplatte nur Segmente liefern. Das Beispiel zeigt auch, dass Stiefelmayer selbst Prototypen oder Kleinserien für den Kunden herstellt. „Mit den Lohnaufträgen haben wir hier ein großes Testfeld für unsere Technik“, sagt Alexander Müller, der 1997 gemeinsam mit Dieter Bulling zu Stiefelmayer kam. Laserschneidmaschinen verkauft das Unternehmen etwa zehn Stück im Jahr – Tendenz steigend. Rund eine halbe Million Euro kostet eine Maschine.

Das Besondere der Denkendorfer Laserschneider ist ihre Leichtbauweise. Dafür hat die Firma 2013 den Innovationspreis des Landkreises Esslingen erhalten, auch einen Designpreis haben die Denkendorfer 2014 für die 5-Achs-Laserschneidmaschine ergattert. Die beweglichen Teile sind aus Kohlefasern. „Das macht sie leicht und hochdynamisch. Schnell und genau geht nur mit Reduzierung der Masse, das ist das ganze Geheimnis“, erklärt Bulling und fügt stolz hinzu: „Weltweit gibt es keinen Maschinenbauer, der so viel Carbon einsetzt wie wir.“

Produziert werden diese teuren Bauteile von einer Firma auf der Schwäbischen Alb. Zum Beispiel die Brücke, die den eigentlichen Laserschneider trägt. Sie wird seitlich von zwei Elektromotoren angetrieben, die sich linear bewegen – so wie eine Schwebebahn. Die Brücke bewegt sich so schnell, dass der Laserschneidkopf ruckartig über das Blech schwirrt und in 10 bis 15 Sekunden die Stator-Scheibe ausgeschnitten hat. Die eigentliche Strahlquelle kauft Stiefelmayer bei einem Hamburger Unternehmen ein.

Gefragt sind die Laserschneider von Elektromotoren-Hersteller in der ganzen Welt. Derzeit bauen die Denkendorfer in China ein Vertriebssystem auf. „Der Markt dort ist ein Hammer“, sagt Bulling. Wenn er von den unzähligen Herstellern von Elektrofahrzeugen erzählt, muss man sich um die deutschen Unternehmen sorgen. In der Lasertechnik beschäftigt Stiefelmayer bislang nur 22 Leute. Die Suche nach Facharbeitern ist zwar ein Thema, aber die selbst ausgebildeten Elektroniker und Mechatroniker sorgen für Nachschub. Noch bewegt sich die Firma in einer Nische. In Deutschland hat Stiefelmayer wenig Konkurrenz. Laserschneider stellt sonst nur der Maschinenbau-Riese Trumpf in Ditzingen her. „Wir sind die zweitgrößten“, sagt Bulling schmunzelnd.

Unternehmensgruppe

  • C. Stiefelmayer GmbH & Co. KG Denkendorf, Rechbergstraße. Geschäftsführerin der Holding: Manuela Klingler-Kohler
  • Stiefelmayer Messtechnik stellt Horizontalarm-Messgeräte her zum Markieren und Messen, Anreißen von Werkstücken, Kontrollieren. Anbieter von Software. Circa 40 Beschäftigte.
  • Stiefelmayer Spanntechnik: seit 1994 durch Übernahme der Firma Rako aus Neuffen. Hydraulische Spannfutter. 36 Beschäftigte.
  • Stiefelmayer Lasertechnik: 3D- und 5D-Laserschneidmaschinen. 22 Mitarbeiter.
  • Stiefelmayer-Contento: Glasprodukte am Standort Wertheim. 80 Beschäftigte. Geschäftsführer: Isabel Klingler-Bausch, Karl Bausch

Historie

  • 1874 produziert Firmengründer Carl Stiefelmayer als einer der ersten Hersteller Messwerkzeuge aus Stahl.
  • 1960: Schieblehre von Stiefelmayer ist weit verbreitet.
  • 1980: 3-D-Koordinatenmessmaschine kommt auf den Markt. Seitdem über 8000 in aller Welt installiert.
  • 2006: Lasertechnik als eigenständige Unternehmenseinheit.