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Einblicke in die Kunst des Schmiedens gibt eine neue Sonderausstellung im Stadtmuseum Wendlingen.

Wendlingen/KöngenDie Geschichte von Schwertern hat den gelernten Bauschlosser Edmund Graeber immer interessiert. „In den Bauernkriegen und schon lange davor mussten die Menschen ihre Pflugscharen zu Stangenwaffen umarbeiten lassen“, erzählt der geschichtlich interessierte Techniker im Hoch- und Ingenieurbau. „Denn jeder Mann hatte bewaffnet zu sein, um sich verteidigen zu können.“ Waffenkunde hat für ihn auch mit Kulturgeschichte zu tun. Deshalb schmökert er gerne in Geschichtsbüchern und studiert Quellen.

Obwohl der Rentner später jahrzehntelang am Reißbrett und in der Gebäudeunterhaltung der Stadt Wendlingen gearbeitet hat, ließ ihn seine Leidenschaft nie los. Von 1993 bis 2012 führte er seine Kunstschmiede und Schlosserei in Holzmaden. Dort arbeitet der Fachmann auch heute noch regelmäßig.

Am Sonntag, 16. Juni, um 11 Uhr wird die Ausstellung „Der Schmied als Universalhandwerker“ im Stadtmuseum Wendlingen eröffnet. Da führt Edmund Graeber die Gäste in die Schmiedekunst ebenso ein wie in die Materialkunde. Der Experte hat mehrere Schwerter aus Damaszenerstahl selbst angefertigt. „Dieser Stahl wurde aus einer harten und einer weichen Sorte hergestellt“, erläutert Joachim Kuschel die Zusammensetzung des Materials. Denn gerade bei Säbeln und Schwertern sei es wichtig gewesen, „dass die Klingen beweglich bleiben und nicht brechen.“ Das gelang mit dem Stahl, das seinen Ursprung in Damaskus hat. Graeber hat lange getüftelt, bis er dieses spezielle Verfahren beherrschte. „Erst mal ging manches schief, da musste ich wieder und wieder anfangen“, erzählt der erfahrene Handwerker. Inzwischen aber beherrscht er die Technik perfekt. „Je nach Größe arbeite ich an so einem Schwert 40 bis 100 Stunden“, erzählt Graeber. Auch eine kleine Kanone ist bei der Ausstellung in Wendlingen zu sehen. Für das aus Stahlringen gefertigte Geschoss hat er 80 Stunden gebraucht.

„Da ist er stundenlang beschäftigt“, verrät seine Frau Ilse Graeber. Sie unterstützt ihren Mann bei der Pressearbeit für die Ausstellung, freut sich über sein „faszinierendes Hobby“. Verblüfft ist die Hausfrau über die Kunstwerke, die aus dem schweren Material entstehen. Neben Waffen macht Graeber Fenstergitter, Tore, Grabzeichen und Skulpturen. „Es gibt so viele Möglichkeiten, was man aus dem harten Stahl machen kann“, schwärmt der Handwerker, der einen Meisterkurs abgeschlossen hat.

Wie das Material verarbeitet wird, zeigt Joachim Kuschel in der ehemaligen Schmiede des Köngeners Karl Reinhardt, der in der Oberdorfstraße 17 sein Handwerk betrieb. Später führte sein Sohn Karl junior den Betrieb weiter. Nach dem Abriss des Hauses im Jahr 1999 übernahm der Museumsverein das Inventar und baute die Schmiede in der Pfarrscheuer wieder auf. Kuschel ist zweiter Vorsitzender des Museumsvereins. Der gelernte Präzisionsmechaniker versteht es, auch komplizierte handwerkliche Techniken einem breiten Publikum aller Generationen zu vermitteln. Das tut er mit lässiger Berliner Schnauze und in anschaulichen, griffigen Bildern.

Kuschels Führungen, die er im Rahmen der Sonderausstellung samstags und sonntags anbietet, sind bei Jung und Alt beliebt. „Da wir kein Feuer machen dürfen, berichte ich einfach über die Technik.“ Ohne Feuer geht im Schmiedehandwerk nichts. Dennoch bieten die ehrenamtlichen Museumsmacher spannende Einblicke: Amboss, Hammer und viele andere Werkzeuge sind in der interessanten Dauerausstellung zu sehen. Damit die Besucher sehen, was Schmiede alles herstellten, zeigt Kuschel auch Hufbeschläge und andere Gegenstände.

Für die aktuelle Ausstellung hat er im Archiv des Stadtmuseums gestöbert. „Da habe ich einige Messer, Schwerter und Kunstgegenstände entdeckt.“ Auch diese Exponate zeigt Kuschel in der Sonderausstellung. Der ehrenamtliche Ausstellungsmacher ist glücklich, dass er nun mit Edmund Graeber im Stadtmuseum einen aktiven Schmied vorstellen darf.

Da die Drittelscheuer des ehemaligen Pfarrhaus-Ensembles rund um die Kirche St. Kolumban derzeit saniert wird, ist der Zugang zum Museum erschwert. „Da haben wir uns überlegt, die Schmiede in der Pfarrscheuer noch besser zu präsentieren“, erzählt Kuschel. Der leidenschaftliche Handwerker hat inzwischen eine Werkstatt in einem Bauernhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er freut sich, dass das Stadtmuseum mit der Sanierung der maroden Drittelscheuer nun auch ein schönes Foyer mit Empfangsbereich für die zahlreichen Besuchergruppen bekommt.

Die Sonderausstellung ist bis zum Sonntag, 28. Juli, im Stadtmuseum Wendlingen, Kirchstraße 4, samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr zu sehen; am Sonntag, 16. Juni, hat das Museum anlässlich der Eröffnung und des Tags der offenen Gästen den ganzen Tag offen. Da stellt der Museumsverein auch seine neue Wildblumenwiese im großen Museumsgarten vor. Da wird die Geschichte der Landwirtschaft im Wendlinger Stadtteil Unterboihingen dokumentiert.

Geschichte der Schmiedekunst

Historie: „Die Geschichte der Schmiedekunst reicht bis in das achte Jahrtausend vor Christus zurück“, skizziert Joachim Kuschel vom Museumsverein Wendlingen die Anfänge. Archäologische Funde von kunsthandwerklichen Gegenständen wie Töpfen, Gewandspangen oder Schmuck belegen dies. In der Eisenzeit habe die Schmiedekunst einen Höhepunkt erreicht. „Damals wurden bereits Werkzeuge, Schmuck und Waffen geschmiedet.“ Mit der Ausstellung im Stadtmuseum will Kuschel die Vielfalt des alten Handwerks zeigen. In der Drittelscheuer des Stadtmuseums hat der Museumsverein die ehemalige Köngener Schreinerei Reinhardt wieder aufgebaut.

Vom Mittelalter bis heute: Der Schmied war nach Kuschels Worten früher „ein Universalhandwerker“, der auf dem Lande auch oft als Tierarzt einspringen musste. Deshalb forderten ihn die Leute auch oft als Bader an – der versorgte die kleinen Leute medizinisch, die sich keinen Arzt leisten konnten. Im Mittelalter stellten Schmiede vorwiegend landwirtschaftliche Geräte her, etwa Äxte, Beile, Pflugscharen oder Pferdehufe. Waffenschmiede haben sich nach Joachim Kuschels Worten schon früh spezialisiert, „ebenso wie die frühen Spezialisten der Mechanik“. Im 19. Jahrhundert verdrängten günstigere Eisengüsse die Schmiedekunst. Ab dem 20. Jahrhundert waren dann aber wieder die hochwertigeren Anfertigungen der Schmiedewerkstätten, besonders die individuellen Arbeiten der Kunstschmiede, gefragt.