Skirennläuferin Kira Weidle hat die heizbare Hose – sie geht nur bis unterhalb des Knies – bei den letzten Rennen vor Olympia getestet: „Die Hose ist super.“ Foto: DITF - DITF

Im kalten Pyeongchang sind heizbare Hosen bei den Skifahrern heiß begehrt. Die von Textilforschern in Denkendorf entwickelten Hosen konservieren vor dem Start die aufgewärmten Muskeln.

DenkendorfHeizbare Textilien halten Sportlermuskeln warm und geschmeidig. Bei den Olympischen Spielen in Südkorea kämpfen die Skifahrer deshalb bei eisigen Temperaturen nicht nur um Sekunden, sondern auch um die sieben wärmenden Hosen, die am Textilinstitut Denkendorf entwickelt worden sind. „Die ziehen die Hosen nacheinander an“, erzählt Sebastian Micus von den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung (DITF).

Die smarten Hosen sind nicht für den Lauf selbst gedacht, das wäre gar nicht zulässig, sondern für die Wartezeiten vor dem Start. In dieser Phase drohen die Muskeln wieder auszukühlen. Es geht also darum, den Aufwärmeffekt des Körpers zu konservieren. Die Textilforschung hat für die deutschen Sportler eine Lösung: die Heizhose. Laut Untersuchungen der Technischen Universität München bringe das eine Leistungssteigerung von fünf bis sieben Prozent, weiß Micus – so viel wie durch Doping mit Epo erreichbar wäre.

Bisher gab es beheizbare Wettkampfbekleidung nur für Leichtathleten. Charly Waibel, ehemaliger Bundestrainer der alpinen Damen und Herren-Ski-Teams, ist beim Deutschen Skiverband verantwortlich für Material. Er war mit der bisher erhältlichen heizbaren Bekleidung nicht zufrieden und wandte sich deshalb an Markus Milwich. Dieser ist Bereichsleiter an den Instituten für Textil- und Faserforschung (DITF) und Professor am „Lehr- und Forschungszentrum interaktive Materialien IMAT“ an der Hochschule Reutlingen.

Die Idee für die wärmende Hose kam ursprünglich durch Zufall, erzählt Milwich. Der Textilforscher und Waibel kennen sich schon seit 2003. Damals ging es darum, bionische Prinzipien für Skianzüge nutzbar zu machen. Aufgestickte Haifischstrukturen sollten den Luftwiderstand verringern. Dies funktionierte zwar bei 20 Grad Celsius, aber nicht bei tiefen Temperaturen. Milwich schlug deshalb scherzhaft vor, das Textil auf die nötige Temperatur aufzuheizen. Waibel gab zu bedenken, dass „das Einbauen von Elektronik im Rennanzug durch das Reglement verboten“ sei. Doch der Gedanke ließ Waibel nicht mehr los, und so kam ihm im Sommer 2017 die Idee, von den Denkendorfer Forschern eine Heizhose entwickeln zu lassen, die die Sportler während der Viertelstunde nach dem Aufwärmen bis zum Start warm hält. Die Überhose mit Klettverschluss kann vor dem Start mit einem Handgriff schnell entfernt werden.

Hier kam die Firma Bogner ins Spiel, offizieller Ausrüster des Deutschen Skiverbands. Ororr Kereszci von der Hochschule Reutlingen hat im Rahmen ihrer Bachelorarbeit die Hose entwickelt und gefertigt. Gemeinsam mit ihrem Betreuer Sebastian Micus integrierte sie Heizelemente mit der nötigen Elektronik und einen leistungsfähigen Akku in die von Bogner zur Verfügung gestellten Skihosen. Der Trick sei simpel, sagt Micus: Die Regeleinheit messe den Stromfluss und steuere so die Temperatur. Die Hosen schließen mit dem Knie ab, da die Skischuhe nicht gewärmt werden sollen.

Die Skirennläuferin Kira Weidle (21) hat die Hose bei den Abfahrtsläufen in Garmisch im Februar getestet: „Die Hose ist super und funktioniert gut, vor allem wenn es Verzögerungen beim Start gibt, zum Beispiel wenn die Strecke wegen eines Unfalls nicht freigegeben wird.“ Die anderen Nationen seien sehr neugierig, was die Deutschen für eine Hose haben. Auf den freien Markt komme die Hose wohl nicht, meint Micus. Für den Normalverbraucher sei es einfacher, beheizbare Socken oder Unterwäsche anzuziehen. Für diese Kleider direkt auf der Haut benötige man weniger Strom.