Sich auszutauschen ist ein wesentlicher Bestandteil des Nähtreffs. Foto: Ait Atmane - Ait Atmane

In der Stadtbücherei Wernau trifft man sich zum Nähkränzchen. Dort arbeiten die zahlreichen Teilnehmer an der Nähmaschine und tauschen sich dabei aus.

WernauKaum zu glauben wie gesprächsfördernd Nähmaschinen sein können. Zwischen dem oder auch beim gemütlichen Rattern der Nadeln kann man bestens Tipps austauschen und sich unterhalten. Und am Ende des Abends ist dann vielleicht ein neues Kleidungsstück, eine Tasche oder ein anderes Accessoire fertig. Das Interesse am Nähtreff in der Stadtbücherei Wernau ist so groß, dass Initiatorin Petra Utpadel beim zweiten Termin einige Interessentinnen vertrösten musste.

Petra Utpadel macht ihre Arbeit als Vermessungstechnikerin gern. Aber in der Freizeit möchte sie ihre kreative und gesellige Seite ausleben. Zeitweise hat sie vor allem Schmuck für Hobby-Kunstmärkte hergestellt, momentan näht sie viel. Dabei habe sie das im Handarbeitsunterricht in der Schule gehasst, lacht die Wernauerin: „Da hat mir meine Freundin meinen Matchsack nähen müssen.“ Doch das hat sich geändert. Und nachdem der Förderverein fürs Plochinger Stadtbad, in dem sie aktiv war, sich aufgelöst und eine Lücke hinterlassen hat, wuchs die Idee eines Nähtreffs in Wernau. Nur wo? Büchereileiterin Petra Behr, mit der Petra Utpadel befreundet ist, schlug ihre Räume vor. Schließlich wird in der Stadtbücherei Wernau ohnehin regelmäßig gebastelt, denn die Vorlesenachmittage sind immer mit einer Mitmachaktion kombiniert.

Ein nachhaltiges Hobby

Deshalb werden im Eingangsbereich der Bücherei jetzt einmal im Monat die Regale und Tische verrückt, ein Bürgelbrett zwischen Bücherregalen aufgestellt und Verlängerungskabel verlegt. „Fünf verschiedene Stromkreise haben wir angezapft“, verrät Behr. Mussten die Frauen doch beim ersten Treffen feststellen, dass es ab vier oder fünf Maschinen pro Sicherung kritisch werden kann. Mit zwölf Teilnehmerinnen, die für diesen Abend angemeldet sind, ist die Grenze erreicht. „Ein paar habe ich absagen müssen“, sagt die Initiatorin.

Die ersten Frauen trudeln kurz vor sieben ein, in der einen Hand ihre Nähmaschine, in der anderen einen Korb oder eine große Tasche mit Stoff. Dass man die eigene Maschine mitbringt, ist Voraussetzung und bedingt, dass die Teilnehmerinnen – auch Teilnehmer sind willkommen – schon ein bisschen Erfahrung und „wenigstens mal geradeaus genäht“ haben, wie die Nähtreff-Leiterin sagt. Das ist sinnvoll, denn sie gibt keinen Kurs, sondern organisiert einen Treff für Menschen mit ähnlichem Interesse.

Kaum haben die ersten ausgepackt, werden Stoffe vorgezeigt und befühlt, angefangene Nähereien hin- und hergewendet und besprochen. Andrea Dengler, die sich gerne „Klamotten“ selbst macht, hat einen Rock zum Säumen dabei. Cornelia Huttenlocher will eine Bluse schneidern, vertieft sich aber zunächst in den Linienwirrwarr auf ihrem Schnittmusterbogen. Sie freut sich, beim Nähtreff ein altes Hobby wiederzubeleben, das im Alltag einfach untergegangen ist. Daheim komme man doch nicht zum Nähen, sagen auch Antje Rußbült und ihre Freundin Claudia Jung. Sie hatten schon überlegt, selbst einen Nähkreis zu gründen, bis sie das Plakat von Petra Utpadel sahen.

Claudia Jung braucht jetzt Hilfe, denn sie hat angefangen, ihr Schnittmuster zu zerschneiden und erst dann festgestellt, dass auch die Rückseite bedruckt ist. Tesafilm und Schnittpapier von den anderen helfen, das zu reparieren. Reparieren, das ist das Stichwort für Ursula Strunk, die als „leidenschaftliche Näherin“ von den Vorzügen des Hobbys schwärmt: Es sei nachhaltig, weil man flicken und recyceln könne, man fertige Unikate an und lebe die eigene Kreativität: „Das macht gute Gefühle“. Manchmal braucht es auch Geduld wie bei Simone Meyer, die dekorative Tulpen für Ostern anfertigt – ein wahres Fitzelgeschäft, ähnlich wie das Täschchen, das Simone Bürger filigran mit Stoffelementen verziert.

Am Tisch sitzt auch das Ehepaar Frankline, das gerade im Wechsel einen Pyjama für eines der Kinder fertigt. Oder Sandra Schmid-Marsching, die über zusammengesteckten Jeans-Resten zu meditieren scheint. Damit eine Tasche draus werde, müsse die Fantasie noch auf Touren kommen, sagt sie. Ihre Nebensitzerin Verena Rapp hantiert mit den vier Fadenspulen ihrer Overlock-Maschine und hat das erste Baby-Strampelhöschen für die Nichte schon fast fertig.

Am Austausch fehlt es nicht, nach rechts und links, quer über den Tisch. Petra Utpadel sitzt mal selbst an ihrer Maschine, mal geht sie herum und gibt Tipps. In drei Stunden kann einiges fertig werden, doch die Initiatorin des Nähtreffs hat noch weitergehende Ideen: ein Nähwochenende zum Beispiel. „Da näht man einfach von Freitag bis Sonntag, dann schafft man mal ein richtiges Stück.“

Der Nähtreff findet immer am ersten Donnerstag im Monat von 19 bis 22 Uhr in der Stadtbücherei Wernau statt. Er ist kostenlos, eine Anmeldung ist aber erforderlich, entweder bei Petra Utpadel, Telefon 0151 12156075 oder in der Stadtbücherei, Telefon 07153 9345-180. Man kann sich jeweils nur für einen Abend anmelden, damit auch andere zum Zug kommen.