Nachbarn, Freunde und Bekannte haben am Tag nach dem Tod der 32-Jährigen Blumen vor dem Haus der Familie in Reichenbach abgelegt. Die Tat hat die Menschen in der Filstalgemeinde sehr bewegt. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Ein 34-jähriger Familienvater muss sich seit heute wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Der Angeklagte soll am 26. Februar dieses Jahres aus Eifersucht seine zwei Jahre jüngere Frau, die ein außereheliches Verhältnis hatte, im gemeinsamen Einfamilienhaus in Reichenbach bis zum Tod gewürgt haben.

Von Sabine Försterling

Als der Angeklagte in Handschellen in den Verhandlungssaal hereingeführt werden sollte, richtet sich sofort das Blitzlicht der Fotokamera eines Pressevertreters auf ihn. Schnell zog der sehr ruhig und gelassen wirkende 34-Jährige noch seine Jackenkapuze über den Kopf. Als die Vorsitzende der 1. Schwurgerichtskammer Ute Baisch den zweifachen Vater routinemäßig und für das Protokoll nach seinem Familienstand fragte, antwortete dieser „ verheiratet“. „Jetzt aber verwitwet“, merkte die Richterin trocken an.

Das Opfer suchte noch Hilfe

Das Familiendrama, das sich am 26. Februar kurz nach drei Uhr in der Frühe in einem ruhigen Wohngebiet mit Einfamilen- und Mehrfamilienhäusern in Reichenbach ereignet hatte, hatte die Gemüter in der Filstalgemeinde bewegt und für Schlagzeilen gesorgt. Staatsanwalt Wolfgang Friedrich geht davon aus, dass der Angeklagte eifersüchtig gewesen war und seine zwei Jahre jüngere Frau wegen des Scheiterns der Ehe bestrafen wollte. Die 32-Jährige, die ein außereheliches Verhältnis hatte, sei gerade von einem Treffen zurück gekehrt und es sei zum Streit gekommen. Das spätere Opfer sei geflohen, um bei den Nachbarn Schutz zu finden. Doch der 34-Jährige holte seine Frau draußen ein, soll sie geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und die Ohnmächtige ins Haus zurück geschleift haben. Dort soll der Angeklagte die Mutter seiner beiden Kinder dann bis zum Tod gewürgt haben.

Die Nachbarn hatten die tätliche Auseinandersetzung mitbekommen und die Polizei alarmiert. Doch als diese eintraf, war es bereits zu spät. Der Sohn hatte tief und fest geschlafen und die Tochter befand sich bei der Oma in Esslingen.

Zunächst wollte der 34-Jährige auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin überhaupt keine Angaben machen. Nach einer kurzen Unterbrechung der Verhandlung und Rücksprache mit dem Verteidiger Hans Bense gab der Angeklagte über seine Person ausführlich Auskunft: Er und seine spätere Frau sind gemeinsam in einer Stadt in Sibirien aufgewachsen und haben dort auch die gleiche Schule besucht. Später lernte man sich besser kennen und heiratete 2003. Ein Jahr später bestand plötzlich die Möglichkeit für die gesamte Familie des 34-Jährigen – Großeltern, Eltern Geschwister und Tanten – als Russlanddeutsche nach Deutschland zu gehen. „Ich wollte zunächst nicht, meine Frau war nämlich schwanger“, erzählte der gelernte Landmaschinenmechaniker. Zunächst habe man auch – nachdem der Sohn geboren wurde – gemeinsam in einem Zimmer im Übergangswohnheim in Ostfildern gelebt. Es folgten jedoch dann eine Zwei-Zimmerwohnung in Esslingen und eine Drei-Zimmerwohnung wiederum in Ostfildern, denn das zweite Kind war unterwegs. „Ich habe immer gearbeitet“, bestätigte der Angeklagte auf Nachfrage. Zuletzt bei Coca-Cola in Deizisau. Finanzielle Sorgen gab es anscheinend nicht.

Im Oktober 2015 zog man ins 310.000 Euro teure Eigenheim in Reichenbach. Das spätere Opfer soll zu diesem Zeitpunkt eine Vollzeitbeschäftigung als Küchenhilfe in der Sportschule Ruit aufgenommen haben. „Mir hat ihre Arbeit nicht gefallen“, meinte der 34-Jährige. Da er geschichtet und sie geschichtet habe, habe man sich nicht mehr gesehen, auch nicht an den Wochenenden. Die Vorsitzende Richterin Ute Baisch wollte wissen, was nun mit den Kindern sei. Die leben inzwischen bei der Oma. Und beide würden ihn in den Schulferien in der U-Haft besuchen, sagte der Angeklagte. Ob dieser sich nun zu der Tat selbst äußert, war am ersten Verhandlungstag noch nicht gewiss. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.