Von Petra Bail

Der Feldhase ist in Baden-Württemberg stark reduziert, das Rebhuhn vom Aussterben bedroht. „Es ist fünf vor zwölf“, mahnte Landwirtschaftsminister Peter Hauk im Rahmen der Auftaktveranstaltung der Modellregion „mittlere und westliche Filder“ des Projekts „Allianz für Niederwild“ in Filderstadt am Rand der gut einen Kilometer langen Scherlachhecke in Plattenhardt. Die Naturoase prägt die Kulturlandschaft und dient Hase und Co als idealer Rückzugsraum.

Rückgang gestoppt

Seit 30 Jahren bemühen sich verschiedene Akteure mit viel ehrenamtlichem Engagement dort die Population zu erhalten, wie Wolfgang Hinderer, Leiter der Hege- Gemeinschaft mittlere und westliche Filder samt angrenzenden Revieren erläutert. Landwirte stellen freiwillig Flächen zur Verfügung. „Es ist uns gelungen, den Rückgang zu stoppen, aber auf niedrigem Niveau“, berichtet Hinderer. Deshalb lautet die „Botschaft von der Basis“: „Wir brauchen Unterstützung.“

Der gemeinsame Lösungsansatz wird denn auch von allen beteiligten Stellen betont. Eine historische Bewirtschaftung der offenen Kulturlandschaft gelinge nur durch gemeinsames Handeln, betonte der Minister. Insgesamt ziehen 15 Akteure an einem Strang. Ein breites Bündnis von Naturschutz- und Bauernverbänden, Grundstückeigentümern, Landwirten, Jägern, Kommunen, Landespolitik und Wissenschaft steht hinter der Allianz. Das vom Landwirtschaftsamt geförderte Kooperationsprojekt soll eine Trendumkehr einläuten, für die die Wildforschungsstelle Baden-Württemberg und der Landesjagdverband Baden-Württemberg derzeit ein Maßnahmenbündel schnürt.

Der Erhalt der Kulturlandschaft ist eine wichtige Voraussetzung, um den Artenreich tum zu schützen. Die wirtschaftliche Realität dürfe dabei nicht aus den Augen verloren werden. Ein Nutzungsverzicht von Landwirten müsse ausgeglichen werden: „Biodiversität und Agrarwirtschaft sind kein Widerspruch“, so der Minister, wobei der auch die Kommunen in die Verantwortung nimmt. „Es geht nicht mehr so einfach in die Fläche“, sagte er im Hinblick auf Straßen-, Wohn- und Gewerbebebauung. „Wir können mit unbebauten Flächen nicht so weiter aasen.“

Jörg Friedmann vom Landesjagdverband sieht die Last der Verantwortung bei der Politik. Die „Allianz für Niederwild“ sei die letzte Chance. Das bereits erstellte Leitbild zeige vielschichtige Ursachen für den Artenrückgang, wozu auch das Freizeitverhalten der Bevölkerung zählt. Nur ein ganzheitlicher Ansatz, wie die Verbesserung der Lebensbedingungen und die Beutegreiferregulierung bringe Erfolg. Dafür unterstütze der Verband das Projekt finanziell, indem im vergangenen Jahr den Landwirten kostenloses Saatgut für elf Hektar Fläche zur Verfügung gestellt wurde.

Rückzugsorte zur Fortpflanzung

Jens Mück von der Wildforschungsstelle und René Greiner vom Landesjagdverband erläuterten die Maßnahmen in der Offenlandlandschaft, wie nicht überbaute oder bewaldete Gebiete genannt werden. Man habe die Praxistauglichkeit in der Landwirtschaft erforscht und ein vorläufiges Maßnahmenpaket zusammengestellt.

So sind beispielsweise Rückzugsorte für den Reproduktionserfolg bei Feldhasen und Rebhühnern maßgeblich. Der Feldhase ist ein Süßgrasfresser. Verholzt das Getreide im Sommer ist, er auf Ackerwildkräuter wie Klatschmohn angewiesen, um nicht zu verhungern. Halboffene Ackerbegleitstrukturen wie die mehrjährigen Blühbrachen in Plattenhardt bedeuten für Meister Lampe einen gedeckten Tisch. In der niederen Baumhecke findet das Rebhuhn einen Brutplatz. Im kommenden Frühjahr soll es ein Beratungshandbuch für die Praxis geben.