IIn Denkendorf hört man nach eine Jahr Amtszeit viel Lob über Ralf Barth. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Nach einem Jahr auf dem Denkendorfer Rathaus fühlt sich Bürgermeister Ralf Barth von den Bürgern akzeptiert. In Zukunft will er sich für einen Schienenanschluss stark machen.

Denkendorf Vor genau einem Jahr wurde Ralf Barth auf sein Amt als Bürgermeister in Denkendorf verpflichtet. Der 30-jährige Rathauschef scheint sich gut eingearbeitet und gut eingelebt zu haben. Er selbst ist zufrieden und im Dorf hört man viel Lob über den Nachfolger von Peter Jahn.

Welche Projekte haben Sie im ersten Jahr am meisten Energie gekostet?
Zwei Projekte haben sehr viel Energie verlangt. Das ist der geplante Anbau an die Ludwig-Uhland-Schule und das war die Neuverpachtung des „Alten Bären“. An der Schule hatten wir eigentlich nur einen Anbau mit drei Klassenzimmern im Sinn, weil es für die Ganztagsbetreuung immer mehr Anmeldungen gibt. Dann haben wir uns aber unheimlich intensiv mit dem Konzept zur Ganztagsbetreuung auseinandergesetzt. Und beim Plan, aus einem Klassenzimmer ein Lehrerzimmer zu machen, stellten wir fest, dass ein Lehrerzimmer heute andere Arbeitsbereiche benötigt als früher und wir etwas tun müssen, um die LUS auch für Lehrer attraktiv zu machen. So haben wir mit Unterstützung aller Akteure ein neues Konzept aufgestellt. Von der Idee bis zum Bauantrag war es eine lange Strecke.

Und den „Bären“ auf die Strecke zu bringen, war auch nicht einfach.
Wir haben uns bei der Neuverpachtung von „Altem Bären“ und Café am Rathausplatz sehr ins Zeug gelegt, weil wir gespürt haben, dass die Bürger das vermissen. Es hat weh getan, dass die Lokale so lange leer standen. Beim „Alten Bären“ haben wir jetzt eine tolle Lösung mit einem Betreiber aus dem Ort. Beim Café haben wir mindestens 30 Bewerbungen angeschaut, aber jetzt zeichnet sich eine Lösung ab.

Was hat Sie im ersten Jahr in Denkendorf – von der Geburt Ihrer Tochter abgesehen – am meisten gefreut?
Das Highlight im Jahr 2018 war natürlich die Geburt unserer Tochter Sophie, die uns viel Freude bereitet. Beruflich das Schönste? Da kann ich keine einzelne Sache nennen, es ist eher ein Gefühl: dass ich und meine Frau uns hier willkommen fühlen. Der Chef auf dem Rathaus zu sein und als Schultes im Ort akzeptiert zu werden, das sind zwei Dinge. Dass wir so akzeptiert werden, ist ein schönes Gefühl.

Gibt es Spätfolgen aus dem Wahlkampf?
Im Wahlkampf habe ich schon die Lager wahrgenommen, aber da ist nichts mehr übrig geblieben.

Und über was ärgern Sie sich gelegentlich?
Das sind eher manche Kleinigkeiten. Am Wochenende waren wir mit dem Fahrrad im Körschtal unterwegs. Eigentlich könnte man schon wieder eine Markungsputzete machen, obwohl die erst vor drei Wochen stattgefunden hat. Was sind das für ignorante Erdenbürger, die ihre Pizzaschachtel einfach aus dem Fenster werfen? Ich kann auch nicht verstehen, warum ständig so viele Autos auf dem Gehweg stehen oder im Ort rasen. Das sind hausgemachte Probleme, die nicht sein müssten. Ich versuche mich dann an Franz von Assisi zu halten: „Herr, gib mir die Kraft, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Gelassenheit, das andere zu ertragen.“

Konnten Sie eine Idee nicht so umsetzen, wie Sie es vorhatten? Und woran hat es gelegen?
Die Verpachtung des Cafés hatte ich mir einfacher vorgestellt. Aber nun haben wir einen Pächter an der Hand. Im Café planen wir gewisse Umbauten, zum Beispiel die Küche aus dem Untergeschoss nach oben zu legen. Und wir überlegen, wie wir auf dem Rathausplatz mehr Aufenthaltsqualität mit etwas Sichtschutz schaffen können. Auf einer Tiefgarage lassen sich allerdings keine Bäume pflanzen.

Wo sonst sind Sie auf Schwierigkeiten gestoßen?

Ich hatte die Hoffnung, dass eine Schienenanbindung in greifbarer Zukunft liegt, aber die Fortschreibung des Regionalverkehrsplans macht deutlich, dass das noch etliche Jahre dauern wird.

Was wäre Ihre Idealvorstellung für die Schienenverbindung?

Ich bin nicht auf eine Variante festgelegt. Die Region untersucht verschiedene Trassen, da stütze ich mich dann gern auf die Ergebnisse. Absolut wichtig ist nur, dass bei allen Varianten unsere Gemeinde mit 11 000 Einwohnern angebunden wird. Wenn es nur die Strecke entlang der ICE-Trasse gäbe, wäre das der Super-Gau für Denkendorf. Dann würden alle Schienen um uns herum führen. Ich habe aber den Eindruck, dass unsere Bemühungen von unseren Abgeordneten und von der Region unterstützt werden.

Welche neuen Projekte haben Sie im Sinn?
Die kommunale Welt dreht sich immer weiter. Jetzt haben wir begonnen, ein Konzept zur Sanierung des Bürgertreffs zu entwickeln. Der wurde bislang nur einmal in der Woche genutzt und liegt ja mitten im Dorf. Dann schaffen wir die baurechtlichen Voraussetzungen für das Gewerbegebiet nördlich der Albstraße. Die Medienentwicklung an den Schulen muss forciert werden, das wird uns trotz der Zuschüsse richtig viel Geld kosten. Aber ich finde es richtig, dass die Kinder ihre Medienkompetenz an der Schule lernen. Dafür brauchen wir WLAN, Tablets und interaktive Whiteboards. Und schließlich soll ein neuer Bauhof im Gewerbegebiet gebaut werden, ein Millionenprojekt. Der bisherige Standort im Ort kann dann für Wohnungsbau genutzt werden.

Was bereitet Ihnen im Blick auf die Zukunft am meisten Sorgen?
Die Schaffung von Wohnraum ist die größte Herausforderung. Junge Menschen und Familien, die hier aufgewachsen sind, müssen sonst den Ort verlassen. Das wirkt sich auf unser Zusammenleben aus, wenn die Jungen die Vereine verlassen und die anderen dann gemeinsam alt werden. Natürlich stehen wir auf den Fildern immer im Spannungsfeld zwischen Natur, Landwirtschaft und Wohnbau, aber eine zusätzliche Innenverdichtung ist in Denkendorf nur noch sehr begrenzt möglich. Das ist hier längst passiert. Die Gemeinde führt ein Baulücken-Kataster und versucht die Eigentümer zum Bau zu animieren. Die Einwohnerzahl wollen wir nicht mehr maßgeblich steigern, es geht um die Eigenentwicklung.

Welche Besonderheiten haben Sie in der Gemeinde Denkendorf und ihren Bewohnern entdeckt?
Ich erlebe hier eine unheimliche Offenheit, Menschlichkeit, Herzlichkeit und Menschen, die sich sehr engagieren. Eine spezielle Denkendorfer Mentalität kann ich aber nicht sehen. Angesichts dieser Vielfalt wäre es auch nicht gerecht, eine Eigenschaft hervorzuheben.

Kommen Sie mit allen Gemeinderäten klar oder gibt es einen, der Ihnen zu oft widerspricht?
Wir kommen gut miteinander klar, es wird sehr sachorientiert gearbeitet. Den Übergang zwischen den Fraktionen empfinde ich als fließend und halte das für sehr wertvoll, weil man kollegial miteinander umgeht und keine parteipolitischen Spielchen treibt.

Inwieweit haben Sie im gesellschaftlichen Leben des Ortes schon ihren Platz gefunden?
Wir besuchen viele Veranstaltungen. Meine Frau und meine Tochter sind oft dabei. Bei einigen Veranstaltungen bin ich nicht als Bürgermeister dabei, sondern als Bürger, auch wenn wir noch nicht hier wohnen. Wir haben jetzt aber ein Haus gefunden. Das müssen wir zuerst noch umbauen. Das Ziel haben wir nun vor Augen.

Das Interview führte Roland Kurz