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Das Leben auf dem Land hat seine Vorzüge. Doch wer auf dem Dorf flexibel sein will, braucht ein Auto. Auch in Baltmannsweiler. Um die Schurwaldgemeinde geht es in der Mobilitätsserie.

BaltmannsweilerAuf dem Land zu wohnen, hat seine Vorzüge: niedrigere Immobilien- und Mietpreise, mehr Ruhe, gleich in der Natur. Doch wer auf dem Dorf wirklich flexibel und mobil sein will, braucht ein Auto. In Baltmannsweiler ist das nicht anders. So schön es in der Schurwaldgemeinde zu wohnen ist – ohne fahrbaren Untersatz muss man bei seiner Mobilität Abstriche machen. Mit dem 106er-Bus kommt man nach Esslingen. Außerhalb der Stoßzeiten im Schnitt aber nur jede Stunde. Ab Anfang 2019 wird sich das ändern. Wie berichtet, hat das Busunternehmen Schlienz-Tours bei einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag für den Linienverkehr auf dem Schurwald erhalten. Diese Umstellung bringt den Bewohnern von Baltmannsweiler einige Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr. Der Bus 106 werde künftig von Montag bis Samstag in weiten Teilen im 30-Minuten-Takt fahren, erklärt Erhard Kiesel, Geschäftsführender Gesellschafter bei Schlienz-Tours. Zudem werde das Fahrplanangebot in den Nachtstunden bis nach 24 Uhr verlängert. Eine weitere Verbesserung: Montag bis Freitag fahren die Busse zwischen 5 und 20 Uhr in beiden Fahrtrichtungen im Ortskern von Baltmannsweiler die Haltestellen „Kreissparkasse“ und „Reichenbacher Straße“ an. Dadurch, so Kiesel, verkürze sich die Reisezeit aus dem Ortskern von Baltmannsweiler nach Esslingen erheblich. Und nahezu alle Fahrten seien auf den S-Bahn-Anschluss in Oberesslingen abgestimmt.

Bürgermeister Simon Schmid spricht von einem „neuen Impuls“. Das Leben in Baltmannsweiler werde dadurch noch ein Stück attraktiver. Regelmäßige Busverbindungen gebe es außerdem nur nach Engelberg, wo einige Kinder aus der Gemeinde die Waldorfschule besuchen. Ganz runter ins Remstal fährt seit langem kein Bus mehr. Vor Jahren habe es mal für Berufspendler eine Verbindung nach Schorndorf gegeben, weiß der Rathauschef. Doch mangels Nachfrage sei die Linie wieder eingestellt worden. Möglicherweise werde man das Angebot irgendwann erneuern. „Wenn wirklich Interesse da ist, müssen wir das prüfen.“ Wenn die zugesagten Verbesserungen realisiert sind, sieht Schmid die Gemeinde in Sachen ÖPNV gut aufgestellt. Dazu gehöre ein vergleichsweise engmaschiges Haltestellennetz. Bewährt hat sich nach den Worten des Rathauschefs die neue Bushaltestelle vor dem Edeka-Markt. Vor allem ältere Menschen nutzten das Angebot, um dort einzukaufen. Eine weitere Haltestelle wird es nach der Umgestaltung des Marktplatzes beim Seniorenzentrum in Baltmannsweiler geben. Gut angenommen wird laut Schmid das von der Gemeinde bezuschusste Ortsticket. Für 1,20 Euro kann man sich im Bus zwischen den Ortsteilen bewegen, was beispielsweise Bürgern aus Baltmannsweiler zugute kommt, die zur Apotheke in Hohengehren gelangen müssen.

Ein Bürgerbus, wie man ihn aus anderen Gemeinden kennt, ist in Baltmannsweiler derzeit nicht in Sicht. „Wir gehen offen an das Thema ran“, sagt Bürgermeister Schmid. Der örtliche Seniorenrat sieht dafür momentan keine Notwendigkeit. Als der Supermarkt eröffnet wurde, habe man eine Umfrage gemacht, berichtet Vorsitzender Bernd Heugel. Doch habe damals kaum jemand Interesse bekundet. „Bei uns funktioniert halt noch die Nachbarschaftshilfe“, sagt Heugel. „Da wird man gerade als älterer Mensch gerne von anderen mitgenommen.“ Für Leute, die trotzdem eine Mitfahrgelegenheit suchen, hat sich der Seniorenratschef etwas einfallen lassen: eine rote Plakette, die man Vorbeifahrenden entgegen hält, als Zeichen dafür, dass man mitgenommen werden möchte. Auf der Plakette ist vermerkt, dass der Fahrer in einem Schadensfall für den Mitfahrer keine Haftung übernehmen muss. Seine Idee will Heugel demnächst im Gemeinderat vorstellen. Zum Einsatz kommen soll die Plakette nur an Wochenenden. „Wir wollen dem Busunternehmer keine Konkurrenz machen“, sagt Heugel.

Die Straßen in der Gemeinde sind in einem ordentlichen Zustand. Seit dem Bau der Umgehungsstraße ist es in Hohengehren viel ruhiger. Dort stehen seit der Ortskernsanierung genügend Parkplätze zur Verfügung. Deutlich enger geht es in der Ortsmitte von Baltmannsweiler zu. Die Flächen rund um das neue Rathaus werden im Augenblick neu gestaltet. Ein paar zusätzliche Parkplätze sollen geschaffen werden. Aber es gibt skeptische Stimmen, die es für einen Fehler halten, dass nicht gleich eine Tiefgarage unter dem Marktplatz gebaut wurde. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Stellplätze ausreichen.

Der Ort und sein Verkehr

Busverbindung nach Esslingen: im Augenblick stündlich, ab Januar 2019 Halbstundentakt

verbilligtes Busticket im Ort

Parkplätze in Hohengehren: genügend Kfz-Stellflächen im Ortskern

Radwege: gute Verbindung zwischen den Ortsteilen und bis Weißer Stein und Stumpenhof; Richtung Goldbodenkreuzung endet der geteerte Radweg am Waldrand

Busverbindung ins Remstal: nicht vorhanden

Ladesäulen für E-Autos: jeweils eine E-Tankstelle geplant in Baltmannsweiler und in Hohengehren

Parkplätze in Baltmannsweiler: wenig Kfz-Stellflächen rund um das neue Rathaus

Die Gemeinde Baltmannsweiler mit den zwei Ortsteilen Baltmannsweiler und Hohengehren zählt 5700 Einwohner. Mit dem Auto ist man schnell in Esslingen (Neckartal) und im Remstal. Wegen seiner günstigen Lage ist Baltmannsweiler eine attraktive Wohngemeinde.

Bisher verfügte man über eine stattliche Rücklage, diese ist aber wegen des rund 5,5 Millionen Euro teuren Rathaus-Neubaus nun weitgehend aufgebraucht.

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes gab es im Jahr 2016 in Baltmannsweiler 521 Arbeitsplätze (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte). 295 Beschäftigte pendelten jeden Tag in die Gemeinde ein, 2062 pendelten aus.