Quelle: Unbekannt

Roman Gorovoy, Chef von Electrostar/Starmix, führt das Unternehmen von Reichenbach nach Ebersbach. An den modern ausgebauten Standort knüpft er hohe Erwartungen.

Ebersbach/ReichenbachHohe Decken, viel Licht, eine Kaffeebar, Tischkicker, ausgefallenes Mobiliar – die große Büroinsel im ersten Stock eines frisch renovierten Industriegebäudes in Ebersbach würde man eher von einem hippen Internetstartup erwarten, denn von einem bald 100 Jahre alten Hersteller von Staubsaugern und Händetrocknern. „Wir waren nie eine fancy Firma“, sagt Roman Gorovoy über Electrostar/Starmix. Er hat die bislang in Reichenbach ansässige Traditionsfabrik in den vergangenen Jahren zunächst zurück auf die Erfolgsspur und nun nach Ebersbach geführt. Der junge Firmenchef betont, man habe versucht, die Bodenständigkeit zu wahren und in den neu sanierten Räumen den „roughen Industriecharme“ zu erhalten – aber ein bisschen „fancy“, also auf seine Art extravagant, ist der neue Standort in einer alten Industriehalle dann doch. Das Konzept wurde gemeinsam mit Mitarbeitern und dem Schweizer Möbelhersteller Vitra erarbeitet. Die Firma hat sich den Umbau 4,5 Millionen Euro kosten lassen – wobei der Gebäudeinhaber sicherlich noch mal das Doppelte investiert habe, so Gorovoy. Der Umzug soll im Mai abgeschlossen werden, wenn der zum Unternehmen gehörende Kehrmaschinenhersteller Haaga von Kirchheim zum neuen Standort zieht.

Freilich ist das viele Geld nicht nur für ansprechendes Mobiliar ausgegeben worden, sondern für den Aufbau einer moderneren Fabrik, von der sich Roman Gorovoy einiges verspricht: Nachdem es unter seiner Leitung seit 2005 gelungen ist, den Umsatz zu verdoppeln – seinen Angaben nach lag er im vergangenen Jahr bei 42 bis 43 Millionen Euro – will er zum 100. Geburtstag der Firma Electrostar im Jahr 2021 die 50 Millionen knacken und strebt ein profitables Wachstum von jährlich acht Prozent an. Ursprünglich waren 55 Millionen Euro Umsatz das Ziel, doch das habe man „etwas revidieren“ müssen – die jüngste Konjunkturflaute nimmt auch Starmix ein wenig den Wind aus den Segeln. „Für uns ist das Segment Bau sehr wichtig“, erklärt Gorovoy. Zwar herrsche in Deutschland gerade ein Bauboom. „Aber wir merken, dass die Handwerker beginnen, weniger zu investieren.“ Sorgen bereitet Gorovoy das Elektrosegment, das unter den Sanktionen gegen Russland, einem der stärksten Exportmärkte, leidet. Die Geschäfte im Sanitärsegment seien dagegen stabil, der Anteil am Umsatz von 15 Prozent soll ausgebaut werden. Und im Reinigungssegment läuft es Gorovoy zufolge seit drei bis vier Monaten weniger gut – dort werde, sobald es weniger gut laufe, als erstes gespart. „Und wir sind nun mal kein günstiger Anbieter.“

Dennoch bleiben das Alleinstellungsmerkmal der Firma „ganz klar qualitativ hochwertige Produkte“ und ein „tiefes Kundenverständnis“, wie Gorovoy betont, denn: „Um erfolgreich zu sein am Markt muss man sich differenzieren“. Bei Electrostar stellt sich die Geschäftsleitung gegen den Trend zu Werksverlagerung ins Ausland und Outsourcing. Für den 36 Jahre alten Russen, der schon vor Übernahme des Geschäfts mit der ehemaligen Eigentümerfamilie Schöttle befreundet war, steht die Produktion in Deutschland nicht zur Disposition. Kurze Lieferwege und flexible Reaktion auf die Kundenwünsche nennt er als Vorteil. Auch den Personalstand von 200 Mitarbeitern will er stabil halten. „An Menschen kommt man bei uns nicht vorbei“, erklärt Gorovoy. So hat er von einer Vollautomatisierung abgesehen. Die Gesamtmengen seien nicht so groß, dass sich das lohne. Schließlich bietet Starmix für Kunden Speziallösungen in kleiner Stückzahl. Zu diesem Zweck erhöht die Firma noch die Fertigungstiefe und baut die eigene Kunststoff-Spritzgießerei aus.

Doch es ist auch Selbstkritik zu hören: „Wir sind noch ein zu langsamer Laden“, konstatiert Gorovoy. Das soll sich in Ebersbach ändern. Der Wechsel von 17000 Quadratmetern Fläche auf fünf Stockwerke verteilt – plus dem Kirchheimer Standort – zu 13500 Quadratmeter Fläche auf nur zwei Stockwerken bringt Vorteile. So ist nun ein Hochregallager eingerichtet, wo mittels eines digitalen Verwaltungssystem alles effizienter abgelegt und schneller gefunden werden kann. Dass es weniger Räume auf weniger Ebenen gibt, verkürzt die Wege und soll die Kommunikation verbessern – wobei gerade das Großraumbüro im ersten Stock, in dem nicht mal Gorovoy ein eigenes Büro hat, von der Lautstärke her ein Experiment wird. In der neuen Schaltzentrale sollen die weißen Schreibtische am Ende des Arbeitstages zudem aufgeräumt leer sein – „clean desk policy“, nennt Gorovoy das. So zwingt der neue Standort zu mehr Ordnung und dadurch auch Effizienz und Digitalisierung – Stichwort Industrie 4.0. Nicht nur im Büro oben, sondern auch in der Produktion, der Qualitätssicherung und weiteren Abteilungen im Erdgeschoss. Der Firmenchef bemüht dazu das Bild des zu engen Anzugs. Um in den zu passen, verbessert sich der Träger.

Ursprünglich sollte die Verwaltung in Reichenbach bleiben. Davon ist man abgerückt. Allerdings wird Starmix nicht ganz aus dem Ort verschwinden: In der Bahnhofstraße soll ein Outlet eingerichtet werden. Und Gorovoy ist an der Entwicklung des alten Werksgeländes beteiligt. Der Umbau des Querbaus zum Wohnhaus durch eine eigens gegründete Firma zieht sich hin, weil es bei der Planung der Erschließung Probleme gab. Zudem will eine Investorengesellschaft, an der Gorovoy beteiligt ist, das restliche Gelände gemeinsam mit der Gemeinde entwickeln.