Die 20-jährige Abiturientin Irini Perchanidou hat die Festrede gehalten und unterhält sich nun mit Landrat Heinz Eininger. Foto: Bulgrin - Bulgrin

747 Menschen aus dem Kreis Esslingen haben sich in diesem Jahr einbürgern lassen. Ein Teil von ihnen nahm an der feierlichen Einbürgerungsfeier im Landratsamt teil.

Kreis Esslingen Wahlrecht, Grundrechte und Bildungschancen – das verbindet die 20-jährige Irini Perchanidou mit ihrer Einbürgerung. Voller Enthusiasmus und Emotion hat die Abiturientin in der Feierstunde im Landratsamt erklärt, was ihr der deutsche Pass bedeutet. Die 45 Neu-Deutschen, die meist mit ihren Familien und Partnern gekommen waren, dürften ähnliche Ansichten haben. Ob die 700 weiteren Bürger aus dem Kreis Esslingen, die in diesem Jahr einen deutschen Pass bekamen, das Dokument mit den gleichen oder mit weniger Gefühlen entgegennahmen? Sowohl das nachlassende Interesse an der Feier als auch am deutschen Pass insgesamt sind jedenfalls Fakten. In den vergangenen Jahren wurden noch jeweils etwa 1000 Einbürgerungen registriert.

747 Eingebürgerte aus 77 Ländern

Aus 77 Herkunftsländern stammen die 747 Eingebürgerten, davon 160 aus der Türkei, 79 aus Griechenland und 64 aus dem Kosovo. Landrat Heinz Eininger bemüht sich alljährlich, der Einbürgerungsfeier einen würdigen Rahmen zu geben und Gastredner mit Vorbildcharakter zu holen. Dieses Mal hätte Valeri Belenki, vierfacher Turnweltmeister kommen sollen, aber der musste dann mit seiner Nationalmannschaft in die Schweiz.

„Der deutsche Pass ist ein Schlüssel zu Freizügigkeit und Freiheit“, so hob der Landrat die Vorteile der neuen Nationalität hervor, betonte aber ebenso, dass dieser Status mit Pflichten verbunden sei. Ganz allgemein: den Staat zu tragen, der auf der Vision einer Bürgergesellschaft beruhe. „Bringen Sie sich ein, mit Ihren guten Ideen, mit Engagement im Beruf und mit der Bereitschaft anzupacken, wo es nötig ist“, appellierte Eininger. Dass Meinungsfreiheit keine Selbstverständlichkeit sei, werde an einem Symboldatum wie dem 9. November besonders bewusst. Mit dem deutschen Pass werde man Teil eines wunderbaren Landes, übernehme aber auch die Verantwortung, Lehren aus der Geschichte zu ziehen.

Irini Perchanidou ist in Deutschland – „einem der feinsten Länder der Welt“ – geboren, aber ihre griechischen Eltern hatten bislang keinen deutschen Pass. Als in der Schule über die Bundestagswahl geredet wurde, wurde ihr bewusst, dass sie im Gegensatz zu ihren Mitschülern nicht wählen darf. Bei der nächsten Wahl wird sie dabei sein. Ihr Familienname bedeute Frieden, sagte die Schülerin, „und wenn alle Länder die Grundrechte wahren würden, dann hätten wir Frieden.“ Erst Hauptschulabschluss, dann mittlere Reife und jetzt Abitur – das habe sie sich früher nicht vorstellen können, sagte die 20-Jährige aus Filderstadt. Perchanidou: „Jeder bekommt in Deutschland die Chance, weit zu kommen.“

Von der Jazzband des Theodor-Heuss-Gymnasiums begleitet, sang die Festversammlung die deutsche Nationalhymne. Deutlich vernehmbar war dabei Diane Schmalzriedt aus Aichtal. Sie singe im Kirchenchor und sei schon „ewig in Deutschland“, sagte die Frau aus Kamerun und erzählte lachend, ihr Mann habe sie nun „gezwungen“, sich einbürgern zu lassen, „damit ich mit ihm in die USA reisen kann“. An den Stehtischen im Foyer kann man nach dem Festakt eine „Weltreise“ machen: Die fünfköpfige Familie Jafary stammt aus dem Iran und ist nun in Aichwald Zuhause. „Deutschland ist ein Land, in dem man gefördert wird“, erklärte der 21-jährige Sohn Sadegh in fehlerlosem Deutsch. Josiane Campos-Sandmeyer kommt aus Brasilien. Wahlrecht und „mehr Integration“ waren für sie der Grund, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Sie hat ihren schwäbischen Mann dazu überredet, in Esslingen-Zell ein Haus zu bauen. „Ich fühle mich hier wie in einer zweiten Heimat.“