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Von Sebastian Großhans

Kreis Esslingen - Die Fälle von Telefonbetrug haben zugenommen. Im Kreis Esslingen sind die Zahlen von 49 im Jahr 2012 auf 100 Fälle 2016 gestiegen. Neben dem Enkeltrick gehören andere Maschen zur Trickkiste der Betrüger – häufig geht es darum, dass sie zum Beispiel für den Transport eines angeblichen Bargeldgewinns eine Gebühr verlangen. Wie laufen solche Maschen ab?

Ein Telefonanruf mit Berliner Vorwahl. Der Anrufer, ein Martin Speck, ist höflich und freundlich. Er gratuliert zum Gewinn von 49 500 Euro. Das Internet-Gewinnspiel lief vergangenes Jahr und man erinnert sich vielleicht noch vage daran. Speck erklärt, dass der Gewinn in Bar ausgezahlt wird. Alle Steuern seien von den Sponsoren des Gewinnspiels übernommen worden, „deswegen aber wurden Ihnen nur die Transportkosten für den Sicherheitsdienst auferlegt“. Jetzt sollten bereits die Alarmglocken läuten, warnt Polizeisprecherin Andrea Kopp. Eine typische Masche sei es, für einen Gewinn Gebühren zu verlangen. „Zu einer Gewinnauszahlung kommt es natürlich nie.“

Wer im Geldfieber nicht gleich misstrauisch geworden ist, den weiß der angebliche Herr Speck weiter in Sicherheit zu wiegen. „Den Sicherheitsdienst müssen sie erst bei der Übergabe bezahlen.“ Zudem könne man den Ort selbst aussuchen – also auch direkt in einer Bankfiliale. Speck erklärt detailliert wie die Übergabe ablaufen könnte. An diesem Punkt könnte man denken, man ist sicher, weil man ja erst nach Zählen und gar Einzahlen des Gewinns in der Bank die Gebühr entrichten müsse. In der nächsten Stufe, so kündigt Speck, an wird sich die Transportfirma direkt melden.
Am Apparat ist dann Daniel Petrov von einer Berliner Firma für Sicherheitstransporte namens Cash Security. Der Clou: Tatsächlich ist im Internet eine Berliner Firma namens Cash-Security-Tec zu finden. Der Betrüger täuscht Seriosität vor. Cash-Security-Tec stellt in Wahrheit jedoch nur Sicherheitsbehälter her. Dort weiß man auch, dass Betrüger den Namen der Firma missbrauchen und rät Leuten, die angerufen wurden, zur Polizei zu gehen.

Wer nicht tiefer nachforscht, den lockt Petrov tiefer in sein Netz. Der Ablauf wird nochmals genau beschrieben, gesagt, dass ein Notar anwesend sei, dass man seinen Personalausweis mitbringen müsse. Und bei der Übergabe in der Bank, das bekräftigt Petrov, „können Sie das Geld ja direkt prüfen, deponieren und so weiter“. Schließlich bittet er, dass man Prepaid-Karten für die Gebühr von 900 Euro an der Tankstelle oder im Supermarkt besorgt.

Bargeld dürfe der Sicherheitsdienst nicht annehmen. Angeblich aus Bestechungsgründen und wegen Gesetzen gegen Geldwäsche. Nachdem man 900 Euro in Prepaid-Karten umgewandelt hat, ruft Petrov erneut an. Nun braucht er die unter den Rubbelflächen der Karten befindlichen Codes. „Bei der Deutschen Bundesbank wird überprüft, dass sie gültig sind“, behauptet Petrov. Wer nicht weiß, wie Prepaid-Karten funktionieren, befindet sich nun in Gefahr. Denn der Wert des umgewandelten Geldes liegt nicht in der handfesten Karte, sondern allein im Code.

Selbst als der Betrüger auffliegt, bröckelt die Fassade nicht. Petrov spielt vor, entrüstet über die Anschuldigung zu sein. Man könne ja im Internet seine Firma nachsehen. Er versucht, sich als Opfer einer grundlosen Anschuldigung darzustellen. Dann droht der angebliche Sicherheitsdienstleister mit der Stornierung der Lieferung, „und dann könnte es Monate dauern, bis Ihnen eine andere Firma den Gewinn überbringt“. Schließlich legt er einfach auf.