Christa Kenner hat mehr als 600 Zigarrenbinden gesammelt. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Andere sammeln Briefmarken, Christa Kenner hingegen bewahrt Zigarrenbinden aus den 60er Jahren in ihrem Sammelalbum auf. Dabei hat sie nie eine einzige Zigarre geraucht.

Ostfildern Christa Kenner hat ihr Sammelalbum schon lange nicht mehr aus dem Schrank geholt. Als sie von der EZ-Sammlerserie erfuhr, kramte sie es dann wieder heraus. Wer darin aber Fotos oder gar Briefmarken vermutet, der hat sich geirrt. Hinter dem milchigen Papier in dem Album verstecken sich Zigarrenbinden. Das sind die kleinen bunten Papierverzierungen, die um Zigarren gebunden wurden. Und davon hat Kenner viele: einige mit Länderwappen darauf, andere mit berühmten Persönlichkeiten wie Otto von Bismarck, viele zeigen nur die Zigarrenmarke, einige sind mit einem eleganten Goldrand verziert. Im Jahr 1960 fing Kenner an, Zigarrenbinden zusammenzutragen.

Fünf Jahre lang sammelte die damals 22-Jährige, bis sie von Mannheim nach Esslingen umzog und sich dann um das Haus, die Arbeit und ihre Familie kümmerte. Da blieb die Sammelleidenschaft auf der Strecke. Trotzdem hat die heute 77-Jährige in der kurzen Zeit ein beachtliches Sammelsurium an Zigarrenbinden zusammen bekommen: Mindestens 600 Stück besitzt sie – darunter 250 verschiedene Sorten.

„In den 60er Jahren hatte man noch viel häufiger Zigarre geraucht als heute, da war das Rauchen auch noch nicht so verpönt“, erinnert sich Christa Kenner. Sie selbst hat in ihrem Leben keine einzige Zigarre geraucht. Wie kam sie dann auf die Idee, deren Binden zu sammeln? Anstoß war ein durchsichtiger Geschirruntersetzer, der mit zahlreichen Zigarrenbinden verziert war. „Mich haben die Bilder und die Farben so fasziniert. Manche Binden hatten auch noch einen Goldrand.“ Davon hat sie heute noch einige. Auf einigen ist Winston Churchill abgebildet, auf anderen Otto von Bismarck mit seinem markanten Bart.

Damals war Kenner nicht die einzige, die Zigarrenbanderolen sammelte. Doch klassische Tauschbörsen habe es keine gegeben, sagt sie. „Man hat sich aber mit den anderen ausgetauscht, woher sie ihre Binden haben.“ Christa Kenner hielt in Cafés Ausschau nach neuen Exemplaren. Doch sie bekam auch sehr viel Hilfe: Ihr Vater arbeitete damals wie sie bei Daimler Benz in Mannheim. Er kannte viele Leute, die Zigarre pafften. Und er hatte Kontakt zum dortigen Portier, der im Foyer des Konzerns Herren empfing, die ebenfalls rauchten. Dass sie Zigarrenbinden sammelte, sprach sich schnell herum: Kenner bekam ihre eleganten Papierchen dann tütchenweise, bis sie so viele davon hatte, dass sie sich ein spezielles Sammelalbum für die schmucken Verzierungen kaufte, um sie besser betrachten zu können.

Mit ihrer Sammlung hatte die junge Frau noch viel mehr vorgehabt. Ihr Vater war gelernter Schreiner und wollte einen kleinen runden Rauchertisch mit Glasplatte bauen. Darunter hätte sie dann ihre schönsten Zigarrenbinden drapiert. Doch seit dem Umzug nach Esslingen kam Kenner nicht mehr dazu, weiter zu sammeln, und aus dem Tisch ist auch nichts mehr geworden. In den darauffolgenden Jahren wurde zudem immer weniger Zigarre geraucht, sagt die 77-Jährige. Dennoch ist sie noch heute von ihrer Sammlung fasziniert. „Ich hab nie gedacht, dass ich das Album wieder heraushole. Doch dann hab ich mir Zeit genommen und meine Sammlung mit der Lupe angeschaut. Es ist wie ein Fotoalbum, das man sich gern ansieht.“