Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Saufspiele sieht der Rathauschef nicht als ortsspezifisches Problem in Baltmannsweiler. Bei der Jugendarbeit will er „nachjustieren“.

BaltmannsweilerDass keine Apotheke mehr im Ort ist, halten viele Bewohner der Schurwaldgemeinde Baltmannsweiler für ein großes Manko. Diese Lücke werde aber in absehbarer Zeit wieder geschlossen, sagt Bürgermeister Simon Schmid. Im EZ- Sommerinterview äußert sich der 40-Jährige auch dazu, wie er das Problem mit den Promillespielen auf dem Festplatzgelände angehen will.

Der Gemeinderat ist in die Sommerpause gegangen. Auch für den Bürgermeister Zeit, etwas durchzuschnaufen?
Ja, selbstverständlich. Die freie Zeit ein bisschen genießen zu können, gilt auch für den Bürgermeister. Das heißt nicht, dass wir im Rathaus gar nichts machen. Aber ein wenig Urlaub muss jetzt im August sein.

Mit welchen großen Themen geht es im Herbst weiter?
Wir haben im vergangenen Jahr viele Grundsatzbeschlüsse für diverse Großprojekte gefasst, zum Beispiel zum Bau des Feuerwehrzentrums und zur Sanierung der Sporthalle. Mit solchen Wegmarken sind auch immer Wünsche und Hoffnungen verbunden. Da es wegweisende Beschlüsse sind, folgt daraus nun viel Arbeit. Diese Phase der Umsetzung müssen wir nach der Sommerpause aktiv angehen. Wir dürfen uns da nicht verzetteln, sondern müssen die Dinge Schritt für Schritt umsetzen. Dann es darf natürlich nicht passieren, dass nach solchen Beschlüssen nichts vorwärts geht.

Wie sieht das beispielsweise beim Feuerwehrzentrum aus?
Zunächst müssen wir einen Architekten auswählen, dann werden wir uns bei einer Rundfahrt einige Objekte anschauen, damit der Gemeinderat und alle künftigen Nutzer eine Vorstellung vom neuen Magazin bekommen können.

Viele Bürger warten sehnsüchtig, dass die Apotheke in Hohengehren wieder aufmacht. Gibt es da schon eine Erfolgsmeldung?
Gemeinderat und Verwaltung haben aktive Wirtschaftspolitik betrieben. Wir können freuen uns, dass wir einen Interessenten gefunden haben. Vor der Sommerpause wurde eine baurechtliche Nutzungsänderung eingereicht. Das heißt, wenn in den vorgesehenen Räumlichkeiten des ehemaligen Reisebüros in Hohengehren eine neue Apotheke eröffnet werden soll, muss eine Nutzungsänderung vom Landratsamt genehmigt werden. Aber der offizielle Antrag ist schon mal ein klares Signal. Jetzt müssen wir uns einfach gedulden und die Beteiligten ihre Arbeit machen lassen. Dann bin ich zuversichtlich, dass zeitnah finale Informationen vermeldet werden können.

Sie sind mit einem guten Ergebnis nun auch in den Kreistag gewählt worden. Wie kann Ihre Gemeinde davon profitieren?
Zunächst mal bin ich als Kreisrat den Belangen des Landkreises verpflichtet. Aber mein Horizont als Bürgermeister wird in verschiedenen Themen noch mal erweitert. Davon wird indirekt natürlich auch meine Gemeinde profitieren. Genau aus diesem Grund hatte ich mich für das Amt beworben. Dass ich so gut abgeschnitten habe, freut mich natürlich sehr.

Thema Kooperation. Wie steht es um das Zusammenwirken mit den anderen Kommunen, zum Beispiel auf dem Schurwald? Oder macht jede Kommune vor allem ihr Ding?
Es gibt sehr vielfältige interkommunale Kooperationen, die aber nicht auf den Schurwald beschränkt sind. Wir sind auf der einen Seite Mitglied des Gemeindeverwaltungsverbandes, zusammen mit Reichenbach und Hochdorf. Auf dieser Ebene arbeiten wir vor allem bei Themen zum Flächennutzungsplan zusammen. Mit Aichwald gibt es eine enge Kooperation bei der Diakonie- und Sozialstation. Für Flüchtlingsfragen haben wir zusammen mit Plochingen einen gemeinsamen Ehrenamtskoordinator engagiert, der eine ganz wichtige Arbeit leistet. Wir sind da schon auf einem guten Weg. Auch in Zukunft wird es wichtig sein, interkommunal zu agieren. Natürlich muss jede Kommune ihre Kernaufgaben selbst wahrnehmen, allein schon im Sinne der Identität, aber gerade bei Personalstellen, die auf übergreifendes Agieren ausgerichtet sind, ist eine interkommunale Zusammenarbeit unabdingbar.

Promillespiele auf dem Festplatzgelände haben in den vergangenen Wochen zu Negativschlagzeilen geführt. Wie wollen Sie dem Problem Herr werden?
Diese Herausforderung ist ja nicht vom Himmel gefallen. Das Problem ist bekannt und beschäftigt uns schon eine Weile. Zunächst ist festzustellen: Bei uns im Ort wird eine hervorragende Jugendarbeit geleistet. Zum einen gibt es die Jugendarbeit der Vereine, zum anderen sind da die Kirchen aktiv. Wir haben mittwochs im Jugendhaus Rüssel Angebote für junge Erwachsene, die gut nachgefragt werden. Aber wir mussten erkennen, dass es ein Delta bei heranwachsenden Jugendlichen gibt. 95 Prozent der Kommunen im Landkreis haben eine organisierte offene Jugendarbeit. Wir gehören da noch nicht dazu. Aus meiner Sicht ist es wichtig, in diesem Bereich nachzujustieren. Konkret geht es um eine halbe Stelle. Damit darf sich der Gemeinderat im Herbst beschäftigen, um auch einen Zugang zu den Jugendlichen zu finden, die nicht in der organisierten Jugendarbeit sind.

Und was ist mit den von der CDU geforderten Kontrollen?
Das Thema werden wir genauso aktiv angehen und für öffentliche Plätze das Einhalten von Regeln einfordern und kontrollieren. Nur mit diesen beiden Schritten kann Jugendarbeit funktionieren. Ich denke, da werden wir einen großen Schritt vorankommen – ohne den Anspruch zu haben, dass wir das Problem komplett lösen können. Erziehungsarbeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und geht uns alle an.

Ihr Vater Gerhard Schmid war 24 Jahre lang Bürgermeister in Deizisau und kann damit auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Wie läuft es bei Ihnen in der Familie? Holen Sie sich zuweilen von ihm einen Ratschlag?
Zunächst ist mein Vater als Vater ein wichtiger Ansprechpartner für mich. Das gilt übrigens auch für meine Mutter. Aber klar tausche ich mich ab und an auch mit meinem Vater über Kommunalpolitik aus. Schließlich hat er einen reichhaltigen Erfahrungsschatz vorzuweisen, wie Sie zu Recht anmerken. Aber bei Familienzusammenkünften steht Kommunalpolitik nicht an erster Stelle.

Sie sind vor Kurzem ins Schwabenalter gekommen. Wie geht es Ihnen damit?
Es tut nicht weh. Natürlich war es für mich ein Einschnitt, jetzt die vier davor zu haben. Ich fühle mich sehr gut, denn ich habe eine spannende Aufgabe. Und ich gehe optimistisch ins nächste Jahrzehnt.

Das Interview führte Harald Flößer.

Zur Person

Simon Schmid, Jahrgang 1979, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nach dem Studium zum Verwaltungswirt war der parteilose Sohn des früheren Deizisauer Bürgermeisters Gerhard Schmid im Esslinger Landratsamt beschäftigt, bevor er Referent der Nürtinger Kulturbürgermeisterin Claudia Grau wurde. 2014 kandidierte er für das Amt des Bürgermeisters in Köngen, verlor aber gegen Otto Ruppaner. Ein Jahr darauf trat er bei der Bürgermeisterwahl in Baltmannsweiler an und setzte sich gleich im ersten Wahlgang gegen drei Mitbewerber mit 57,9 Prozent der Stimmen durch.