Das Bürgerbegehren für ein Hallenbad in Plochingen – hier das geschlossene Stadtbad – ist gescheitert. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Einen Bürgerentscheid zum Plochinger Hallenbad wird es erst nach dem Architektenwettbewerb geben. Damit ist das Bürgerbegehren gescheitert.

PlochingenDie Stadt Plochingen veröffentlichte auf ihrer Internetseite bereits vor Tagen das Ergebnis des von ihr in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens zum Bau eines öffentlichen Hallenbads. Nun stand die Anhörung der Vertrauenspersonen, die Abstimmung über die Zulässigkeit sowie das weitere Vorgehen auf der Tagesordnung des Gemeinderats. In der Plochinger Stadthalle verfolgten gut 50 Zuhörer mit Spannung die Sitzung.

Laut den Anwälten Maria Marquard und Moritz Lange von der Sozietät Dolde Mayen & Partner ist der Finanzierungsvorschlag vonseiten des Bürgerbegehrens „unvollständig und nur teilweise durchführbar“, weshalb sie der Stadtverwaltung empfahlen, die Durchführung eines Bürgerentscheids abzulehnen. Unter anderem sah der Vorschlag zur Kostendeckung des mit rund elf Millionen Euro veranschlagten Bads, neben dem Verkauf der Alten Spinnerei und des Gebäudes Am Markt 8 die Kündigung eines städtischen Darlehens vor, das die Stadt an den Eigenbetrieb Abwasserversorgung vergab. Die Höhe des Trägerdarlehens beläuft sich allerdings nicht auf etwa 7,5 Millionen Euro, sondern die Verwaltung bezifferte das Darlehen im September vergangenen Jahres auf nur 6,45 Millionen Euro.

Um die Liquidität ihres Kernhaushalts aufgrund der Sanierungsvorhaben zu erhöhen, forderte das Landratsamt Esslingen die Stadt bereits Mitte 2019 dazu auf, das Darlehen wieder zurückzuführen, was im September auch passierte – womit der größte Finanzierungsbestandteil im Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens für das Bad nicht mehr zur Verfügung stand. Und zu diesem Zeitpunkt waren die Unterschriften noch immer nicht abgegeben, was erst am 3. Dezember 2019 geschah. Doch selbst mit dem Darlehen und allen anderen Vorschlägen bestünde laut den Anwälten eine Finanzierungslücke. Ob das Bürgerbegehren in dieser Form zulässig sei, sei eine Rechtsfrage und keine politische Frage. Und es genüge den rechtlichen Voraussetzungen nicht, weil die Kostendeckung nicht gewährleistet sei, so das Fazit des Anwalts Lange. Insgesamt sei es daher unzulässig.

Bei der Anhörung der Vertrauenspersonen bezeichnete Harald Schmidt diese Lücke als minimal im Vergleich zum Gesamtvolumen, das hoch angesetzt gewesen sei. Ein Kostendeckungsvorschlag mache zudem wenig Sinn, in manchen Bundesländern sei er für ein Bürgerbegehren abgeschafft. „Für eine Stadt, die wachsen will, gehört ein Hallenbad dazu“, meinte Andreas Ortz. Die DLRG bezeichne 60 Prozent der Kinder als keine guten Schwimmer und man habe eine „gewisse Fürsorgepflicht“. Wie Klaus Hink darlegte, habe er den Kostendeckungsvorschlag im Frühjahr ausgearbeitet, im September sei das Darlehen an den Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung gekündigt worden. Durch diesen „Schachzug“ sei es Bürgermeister Frank Buß gelungen, „dem Kostendeckungsvorschlag den Boden unter den Füßen wegzuziehen“.

Auf die Frage von Bettina Straub (CDU), warum er die Unterschriften ein halbes Jahr unter Verschluss gehalten habe, antwortete Harald Schmidt: „Wir wollten der Verwaltung die Arbeit erleichtern“, deshalb habe man die Namen am Computer in Tabellen eingetragen. Außerdem hätte man abwarten wollen, bis die Gewerbesteuerumlage reduziert werde und die Aufbauhilfe Ost wegfalle, um weitere Einnahmequellen zur Finanzierung generieren zu können. Dabei bat Hink seinen Mitstreiter, nicht von „wir“, sondern von „ich“ zu sprechen – wohl wissend, dass der Übergabezeitpunkt durch den Wegfall des größten Bestandteils der Kostendeckung zu spät kam. Gefragt danach, wie er dann vom Termin der Unterschriftenübergabe im Dezember erfahren habe, meinte Hink: „Ich wusste von nichts.“

Peter Blitz (OLG) fragte Hink, wie er die Unterstützung der Stadtverwaltung erlebt habe, worauf dieser meinte, er habe den Eindruck gehabt, die Schreiben des Bürgermeisters seien vorher durch die Hand eines Rechtskundigen gegangen. „Die Stadtverwaltung und ich haben eine Doppelrolle in dem Verfahren“, ist sich Bürgermeister Frank Buß bewusst. Doch die meisten Fragen, die auch die Verwaltung beschäftigten, seien mehr als nur formal beantwortet worden. Dabei würden kommunalpolitische Entscheidungen und das Anliegen des Bürgerbegehrens „eng beisammen“ liegen, erklärte Buß.

So habe es stets den Wunsch gegeben, Schwimmen in Plochingen wieder anbieten zu können. Ein erster Schritt hierzu sei mit dem Beschluss des städtebaulichen Wettbewerbs gemacht worden. Der sehe vor, auf dem Schulcamps ein Hallenbad zu integrieren. Transparent und im Wissen um die daraus resultierenden Belastungen sollen dazu die Entscheidungen gefällt werden, so Buß. Die Anzahl der Projekte, die Frage nach den Prioritäten und der Bezahlung seien entscheidend.

Reiner Nußbaum (CDU) kritisierte die Vorgehensweise der Vertrauensleute zum Bürgerbegehren aufs Schärfste und bezeichnete sie als „unseriös“. Über den Kostendeckungsvorschlag seien Bürger nicht informiert und mit den Unterschriften sei würdelos umgegangen worden. Nußbaum: „Das Thema eines Hallenbads wurde nur für Wahlkampfzwecke eingesetzt.“ Die mächtigsten Instrumente der Kommunalpolitik seien von den Initiatoren zur Durchsetzung eigener Interessen mit Füßen getreten worden. Erst nach dem städtebaulichen Wettbewerb müsse bewertet werden. Dann sei klar, was es koste, und dazu „halten wir einen Bürgerentscheid für unabdingbar“.

Dem pflichtete Joachim Hahn (SPD) bei und plädierte dafür, parallel das Gespräch mit den Nachbarkommunen zu suchen, „um ein klares Konzept für die künftige Gestaltung der Bäderlandschaft Neckar-Fils zu entwerfen“.

Während Harald Schmidt und Andreas Ortz das Bürgerbegehren zurückziehen wollten, sofern der Gemeinderat beschließt, ein Hallenbadbau in den städtebaulichen Wettbewerb zu integrieren, folgte Hink dieser Absicht nicht, weil er aufgrund des inzwischen hinfälligen Kostendeckungsvorschlags zur Einschätzung gelangte, dass das Bürgerbegehren aus formalen Gründen nicht zulässig sei. Er beschwerte sich, dass ihm der Zugriff auf die Unterschriftenliste konsequent verweigert wurde. So fragte er bei Schmidt an, ob dieser die Listen als sein Privateigentum betrachte und forderte ihn auf, sie noch rechtzeitig abzugeben, was dieser nicht tat. Hink: „Damit war das Bürgerbegehren gestorben.“ Schmidts Verhalten hält Hink als Gemeinderat „für einen Vertrauensbruch gegenüber allen, die Unterschriften geleistet und gesammelt haben und gegenüber den beiden anderen Vertrauenspersonen“.

Einstimmig beschlossen die Gemeinderäte schlussendlich, einen Hallenbadneubau in den städtebaulichen Wettbewerb „Unteres Schulzentrum mit Burgplatz“ zu integrieren und nach Abschluss des Architektenwettbewerbs einen Bürgerentscheid über den Neubau eines Hallenbads durchzuführen.

Bei einer Nein-Stimme und drei Enthaltungen wurde der Antrag des eingebrachten Bürgerbegehrens auf Durchführung eines Bürgerentscheids zurückgewiesen und das Bürgerbegehren für unzulässig erklärt.