Almut Glinin präsentiert die Kaffeehaus-Zeitschrift, die die fünf Künstlerinnen als Gemeinschaftswerk erstellt haben. Foto: Ait Atmane - Ait Atmane

Fünf Künstlerinnen, zwei Orte und Musik vereinen sich zu einem besonderen Ausstellungskonzept.

PlochingenEin Kunsttermin – das könnte eine Vernissage sein, der Besuch einer Ausstellung, oder ein Treffen von Kunstschaffenden. Der „Kunsttermin mit Brückenschlag“ in Plochingen enthält all diese Aspekte. Es ist ein ungewöhnliches Ausstellungskonzept, das auf „Frauenpower hoch fünf“ basiert, wie Anu Paflitschek von der Initiative Mahlwerk bei der Vernissage in der Galerie der Stadt sagte.

Privat hätten die fünf Künstlerinnen, die in diesem Projekt zusammengefunden haben, „überhaupt nichts miteinander zu tun“, erzählte Almut Glinin. Sie hat vor zehn Jahren, damals Dozentin an der Freien Kunstakademie Nürtingen, den Impuls für „Kunsttermin“ gegeben. Dessen vier andere Teilnehmerinnen kannten sich vom Kunststudium, haben aber ansonsten ganz unterschiedliche berufliche Hintergründe. Gitta Georger ist Zahnarzthelferin, Gabriele Lauck-Bungert Architektin, Regine Gienger im kunsttherapeutischen Bereich tätig und Gabriele Gottwald in der Versicherungsbranche. Privat waren alle mehr oder weniger stark mit Kindern und Familie beschäftigt.

Bei alledem „den Faden nicht abreißen zu lassen“ und sich weiterhin intensiv mit Kunst und Kunstprozessen zu beschäftigen, war das Ziel. Dafür kommen die Frauen immer wieder im kleinen Kreis zum Nachdenken über Kunst zusammen. „Wir können stundenlang über eine kleine Skizze diskutieren“, sagte Gabriele Lauck-Bungert. „Es ist für uns alle eine große Bereicherung.“ Genau hinschauen, achtsam wahrnehmen, sich austauschen – das waren Stichworte, die die Plochingerin Regine Gienger in ihrer Einführung nannte. Orientierung finden, aber auch im Gegenteil „die Orientierung verlieren“, wie es auf einem Werk von Almut Glinin steht. Denn es gehe auch darum, vorgegebene Pfade zu verlassen und „eine Bewegung ins Offene“ zu suchen, erklärte Gienger.

Begehung wird zum Brückenschlag

Jede der Frauen hat über zehn Jahre an ihren Projekten gearbeitet und sie mit dem Echo der anderen weiterentwickelt. Ein Ausschnitt aus diesem Schaffen ist in der Galerie der Stadt Plochingen zu sehen, was aber nur einen Teil von „Kunsttermin mit Brückenschlag“ darstellt. Einen anderen Teil kann man bei Steiner am Fluss anschauen: Skizzen und Bilder, zusammengefasst als „Kaffeehaus-Zeitschrift“. Entstanden ist dieses Gemeinschaftswerk aus der Inspiration dieses Ortes, an dem die Künstlerinnen sich im Vorfeld trafen.

Die dritte Komponente des „Kunsttermins“ besteht in „akustischen Wegbegehungen“ zwischen den Ausstellungsorten: mal von Steiner zur Galerie, mal umgekehrt. Dass man dabei auf dem Otto-Steg den Neckar quert, ist eine schöne Umsetzung des „Brückenschlags“. Begleitet werden diese Begehungen von Katja Müller (Stimme) und Kurt App (Bassklarinette). Sie werden improvisieren und wollen damit das Prozesshafte, den Gesprächsfaden zwischen den Künstlerinnen aufnehmen und abbilden, sagte App.

Die Ausstellung in der Galerie macht greifbarer, was über Reflexion, künstlerische Strategien, Prozesse und Perspektivenwechsel gesagt wurde. „Wir stellen natürlich für uns alle eigene Arbeiten aus“, sagte Gienger, „aber das Entscheidende sind die Beziehungen“. So „verschränkten“ sich die Arbeiten der Frauen, erklärte Almut Glinin, ohne dass man ein Thema festgelegt habe. Die räumlichen, architekturhaft scheinenden Skizzen, Fotokopien und Entwürfe in einer Ecke stammen nicht etwa von Gabriele Lauck-Bungert, sondern von Gitta Georger und Regine Gienger. Letztere hat auf einer Sequenz Schlaglichter auf ein Fahrrad eingefangen, die Bewegung und Blickwechsel verkörpern. Gabriele Gottwald setzt sich mit geologischen und chemischen Materialveränderungen auseinander – kaum zu glauben, dass die dünne, zerfallende und rostende Eisenplatte aus Gipskarton besteht. Gabriele Lauck-Bungert arbeitet gern mit Alabasterobjekten und mit Schellack, der sich als Farbfilter über Fotomotive legt und Folien einfärbt. Auf einem Bildschirm schließlich sind in einer Foto-Videomontage von Almut Glinin Impressionen aus den Zusammenkünften der zehn Jahre zu sehen.

Die akustischen Wegbegehungen finden am Sonntag, 23. September (Start bei Steiner am Fluss) und am Sonntag, 14. Oktober (Start an der Galerie) jeweils von 11 bis 12 Uhr statt. Die Galerie der Stadt Plochingen hat am Montag, Mittwoch und Samstag von 10 bis 13 Uhr geöffnet, am Dienstag und Donnerstag von 10 bis 17 Uhr und am Freitag von 9 bis 16 Uhr.