Bürgermeister Ferdinand Rentschler (links) wird von EZ-Ressortleiter Harald Flößer beim EZ-Forum befragt. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Ferdinand Rentschler ist der einzige Kandidat bei der Bürgermeisterwahl in Lichtenwald. Auf dem EZ-Forum präsentierte er sich als besonnener Planer. Das war manchen Bürgern zu wenig.

Lichtenwald Ferdinand Rentschler sitzt in Lichtenwald fest im Sattel. Das hat man dem Amtsinhaber auf dem EZ-Forum im Bürgerzentrum Hegenlohe angesehen. Der 34-jährige Bürgermeister antwortete auf jede Frage blitzschnell und mit Detailkenntnis, egal ob es um Baugebiete, Grundschule, Kinderbetreuung oder Kultur ging. Gelegentlich lehnte er sich selbstsicher in den Podiumssessel hinein und hakte eine der Fragen ab, die ihm Harald Flößer, Leiter der EZ-Kreisredaktion stellte. Dass es dem einzigen Bewerber für die Wahl am 10. Februar nicht zu bequem wurde, dafür sorgten im zweiten Teil des Abends einige sehr kritische Bürger. Da trat der Streit aus dem Gemeinderat über die Grundschule zutage, da vermisste man Visionen des Amtsinhabers. Der blieb fest auf dem Boden der finanziellen Tatsachen: Die Gemeinde dürfe ihre Rücklagen nicht verpulvern. Für ihn sind auch die Sanierung von Schule, Sportplatz und Straßen große Projekte. In die Zukunft gerichtet ist sein „Herzenswunsch“, die digitale Infrastruktur der Gemeinde auf höchsten Standard zu bringen.

Finanzlage

Lichtenwald steht in der Steuerkraftsumme auf der drittletzten Position im Landkreis. Die Geldquelle neue Bauflächen ist versiegt. Schwebt über dem 2700-Einwohner-Ort weiterhin das Damoklesschwert der Eingemeindung, wollte Moderator Flößer wissen. „Wir dürfen die 1,2 Millionen Euro Rücklage nicht komplett ausgeben, wir brauchen einen Puffer, falls ein, zwei oder drei schlechte Jahre kommen“, antwortete Rentschler. „Lichtenwald soll selbstständig und kraftvoll bleiben.“ Immerhin habe die Gemeinde auch ohne neue Bauplätze respektable Einnahmen: Durch Grund-, Einkommens- und Gewerbesteuer erwirtschafte man eine ordentliche Investitionsrate von zuletzt 700 000 Euro. Rentschler: „Wir arbeiten nicht mit Verlust im laufenden Haushalt.“

Betrugsfall

Wie konnte das passieren? Diese Frage ist in Lichtenwald seit Juli 2017 oft gestellt worden. Wie konnte der Kämmerer dieser kleinen Gemeinde 320 000 Euro veruntreuen? Er habe Rechnungen „sehr gut gefälscht“, erklärte Rentschler und den Betrug auf einem Sonderkonto für ein Baugebiet so gut vorbereitet, dass Ist und Soll übereingestimmt hätten. Die Gemeinde hat den größten Teil über die Versicherung zurückbekommen. Ungeklärt ist noch immer, wie hoch der Schaden beim ebenfalls betrogenen Krankenpflegeverein sein wird. Die Gemeinde könne dem Verein keinen Ausgleich bezahlen, betonte Rentschler auf Nachfrage.

Grundschule

Ist bei der Sanierung der Grundschule bislang aus einem Sparzwang heraus nur „Flickwerk“ herausgekommen, wie ein EZ-Leser glaubt. Er forderte eine „zukunftsorientierte Lösung“. Dieses Thema hatte schon im Gemeinderat für Zündstoff gesorgt. Eltern und Schulleitung seien in den Entscheidungsprozess eingebunden gewesen, verteidigte Rentschler seinen Kurs und verwies auf weitere Aufgaben, die die Gemeinde zu bewältigen hat. Damit gab sich der Kritiker nicht zufrieden: Beim Bürgermeister gelte wohl die Maxime „Es darf nix kosten“. Rentschler konterte: „Wir haben in kein Gebäude mehr investiert als in die Grundschule. Mit den Investitionen in 2019 werden es eine halbe Million Euro sein.“

Bauland

Dank der Baugebiete Hohenrain/Gassenäcker, Forsthaus, des Gewerbegebiets Thomashardt-Ost und Pfandäcker konnte die Gemeinde ihre Finanzen konsolidieren. Vielleicht könnten noch 15 Grundstücke am Kirchweg und 20 Plätze am Gänswasen bebaut werden, aber dazu müsste der Flächennutzungsplan erweitert werden, was nicht einfach sein dürfte. „Ich sehe nicht, dass wir mittelfristig neue Baugebiete bekommen“, erklärte Rentschler. Innenentwicklung fänden alle gut, aber „wenn die Eigentümer nicht verkaufen wollen oder Erbengemeinschaften sich nicht einig sind, haben wir keine Chance.“ Heftig wurde es kurzzeitig, als ein Besucher den Vorwurf erhob, die Bauplätze in den Brandäckern seien bevorzugt an Gemeinderäte vergeben worden. Rentschler widersprach entschieden und Gemeinderat Werner Kiepfer stand auf: Das sei wohl gegen ihn gerichtet, weil seine Tochter einen Platz bekommen habe. Das sei aber ohne sein Wissen geschehen. Gegen Verleumdung werde er sich rechtlich wehren.

Pflegeheim

Wie seniorenfreundlich ist Lichtenwald? Mit dem Pflegeheim auf dem Forsthaus-Areal erhält die Gemeinde mehr, als Rentschler erhofft hatte. Im November seien die Verträge mit dem Bauträger WfS und dem Betreiber „Dienste für Menschen“ unterzeichnet worden, berichtete der Bürgermeister. Außer den 30 Pflegeplätzen soll es in drei weiteren Häusern 13 barrierefreie Wohnungen geben. Baubeginn sei noch in diesem Jahr. Auf Flößers Nachfrage nach kleinen Alltagshilfen für Ältere, sagte Rentschler, die dörfliche Gemeinschaft funktioniere noch. Die Gemeinde selbst veranstalte Seniorennachmittage und Ausflüge. Klar sei aber auch: „Wir müssen das Thema in Zukunft stärker bearbeiten.“

Gemeindepartnerschaft

„Ich bin ein überzeugter Europäer und unsere gemeinsame Zukunft heißt Europa. Das ist unser Garant für Frieden und Freiheit“, betonte Rentschler und ist froh, dass die Partnerschaft mit Fleurieu-sur-Saône aufgebaut wurde. Allerdings müsse man den deutsch-französischen Austausch „von unserer Seite aus intensivieren.“ Einer der Zuhörer forderte mehr Engagement von oben: „Wenn wir da mit sechs Leuten hinkommen, werden wir von 25 Franzosen empfangen. Umgekehrt kämpfen wir hier um die Unterbringung der Gäste. Das ist peinlich.“ Rentschler entgegnete: „Ich habe sechs Gäste in meinem Haus bewirtschaftet.“ Das Ganze müsse aus der Bürgerschaft in Ruhe wachsen und könne nicht erzwungen werden.

Tempo 30

Warum gilt Tempo 30 nicht an der gesamten Ortsdurchfahrt? Das liege nicht an ihm, erklärte Rentschler, sondern daran, dass dort Grenzwerte nicht überschritten seien. Er hoffe, dass bei der Sanierung der Landesstraße lärmmindernder Belag verwendet werde.

Visionen

Sehr lebendig wurde der Abend, nachdem Besucher Michael Haueis kritisierte: „2011 war Ihr Programm ambitionierter, jetzt gibt es nur noch Sanierungen. Ich vermisse neue Ideen.“ Sanierungen hörten sich banal an, seien aber wichtig, sagte der Amtsinhaber. Er hätte gern eine strukturierte Bürgerbeteiligung gehabt, um Zukunftsthemen festzulegen, doch das habe der Gemeinderat aus Kostengrünen abgelehnt. Das rief Gemeinderätin Constanze Pfaff auf den Plan: Es gebe eine Liste mit Themen, doch Rentschler habe den Zukunftsausschuss seit einem halben Jahr nicht mehr eingeladen. Oberwasser gewann Rentschler dann wieder, als er die Kritik an der „veralteten“ Homepage widerlegte: Erst 2018 überarbeitet, mit responsive Design und Bebauungsplan-Tool. Mit dem Fazit „Nun wissen Sie, wie Ihr Bürgermeister tickt“, verabschiedete Harald Flößer die Besucher.