Seit dem Jahr 2006 organisiert Christine Gessert den Besen im alten Wengerterhaus in Plochingen. Fotos: Dietrich Quelle: Unbekannt

Schon die gediegen-fröhlichen Geräusche, die nach draußen dringen, lassen vermuten, wie es drinnen im alten Wengerterhaus von 1799 zugeht. Die Erwartungen werden nicht enttäuscht, beim Besuch im Plochinger Besen im Gablenberg 12 ist es rappelvoll und urig.

Von Peter Dietrich

Wie viele Gäste passen denn da rein? „Offiziell 40“, sagt die Chefin Christine Gessert. „Wenn sie zusammenrücken, auch mal 50.“ Dann haben Christine Gessert, ihre Tochter Charlotte und eine Freundin allerhand zu tun. Für die Chefin bedeutet die sechswöchige Saison, davon gibt es zwei pro Jahr, ohnehin einen 15- bis 16-Stunden-Tag. Die Gäste kommen bis aus Ulm, denn der Besen ist vom Plochinger Bahnhof sehr gut zu Fuß zu erreichen. Und der Zug passe nach dem Besen oft besser als das Auto, findet die Chefin. Sie macht auch bei der VVS-Besentour mit, bei der die Besucher drei Stempel fürs Gratisviertele sammeln.

Das alte Wengerterhaus gehört der Stadt Plochingen. Bis 2005 waren in ihm Vereine und Gemeinderatsfraktionen untergebracht. Als diese auszogen, wurde Christine Gessert beim Bürgermeister vorstellig. Sie kannte das Haus, denn erstens wohnt sie direkt nebenan und zweitens hatte sie schon vorab mit dem Weinbauverein an Wochenenden immer wieder ehrenamtlich einen Besen organisiert. Nun ergriff sie die Chance und machte ihre beiden Hobbys, Wein und Kochen, zum Beruf. Sie pachtete in Stuttgarter-Rohracker einen Weinberg, baut dort seitdem einen Trollinger und Riesling an, einen Rosé hat sie auch im Angebot. „Ich habe Unterstützung und Beratung, ich habe das ja nicht gelernt.“ Den Wein gibt es exklusiv nur im Plochinger Besen. Für eine Flaschenabfüllung ist die Menge zu klein, aber sie ist groß genug, dass der Wein im Besen nie ausgeht. Anders als der Kartoffelsalat, der beim Besuch gerade alle war. Er wird jeden Tag von Grund auf in Handarbeit frisch gemacht.

Kochen nach Intuition

Seit 2006 organisiert Christine Gessert nun den Besen, im nächsten Jahr will sie ihn an ihre Tochter übergeben. Aber noch steht sie alleine in der Küche - die anderen beiden bedienen - und bereitet dort schwäbische Spezialitäten wie ihre Plochinger Käsloible zu. Sie gibt es warm mit Birne und Marmelade, aber auch kalt. Noch exklusiver sind die „Plochinger Göschle“, ein Salat von Schweinebäckchen. „Das ist wie Ochsenmaulsalat, nur eine viel bessere Qualität.“ Jeden zweiten Sonntag gibt es Krustenbraten, der dreieinhalb Stunden im Ofen war, zweimal pro Woche werden selbst Maultaschen gemacht. Eben verlässt ein XXL-Teller die Küche, mit Maultasche, Leberwurst, Griebenwurst, Bauernbratwurst und Kraut. Es kommt öfters vor, dass die Chefin nach Rezepten gefragt wird, und sie rückt diese auch heraus. Allerdings müssen sich die Empfänger teils mit Angaben wie „ein bisschen“ begnügen, denn die Goldwaage ist in der Besenküche durch Intuition ersetzt. Es ist die schwäbische Küche, die Christine Gessert erhalten will: „Damit au no oiner saure Kardoffelrädla macht!“

Fünf Tische gibt es im Plochinger Besen. „Da sitzt niemand allein“, sagt Christine Gessert. Oft ist es ein Mehrschichtbetrieb: Wenn um 15 Uhr geöffnet wird, kommen die Ruheständler. Wenn diese gegen 18 oder 19 Uhr wieder gehen, kommen die Berufstätigen. Die meisten Gäste steigen ohne Reservierung die alten Stufen hinauf. Gerade ist aber eine große und fröhliche Gruppe vom Schieß- und Sportverein Hausen/Fils zu Gast. Sie hat sich angemeldet und feiert den Geburtstag der Gymnastiklehrerin. Die Gruppe kommt in jeder Saison einmal vorbei.

Woher kommt das ganze Interieur? Vieles bekommt die Chefin von Gästen angeboten: „Ich habe da eine schöne Lampe.“ Anderes kommt aus Nachlässen. Eine ganz besondere Geschichte hat der größte der fünf Tische: „An diesem Tisch hat schon Helmut Kohl gesessen!“ Der Tisch stand einst in Bad Soden am Taunus im Haus von Horst Engel, Geschäftsführer bei der Frankfurter Rundschau, zu dessen Gästen auch der Kanzler zählte. Christine Gessert hat den Tisch für 22,50 Euro in Ebay ersteigert und mit einem Sprinter in Baden Soden abgeholt. Noch heute heißt er im Plochinger Besen der „Kohl-Tisch“.

Kleiner Besen-Kalender

Die Plochinger Besenwirtschaft im Gablenberg 12 hat bis 3. Dezember dienstags bis samstags von 15 bis 23 Uhr und sonntags von 12 bis 21 Uhr geöffnet. Die nächste Saison startet voraussichtlich am 26. Januar. Für Gruppen gibt es auch Öffnungen außerhalb der Saison. www.besen-plochingen.de

Der Krummhardter Besa hat noch bis 1. November geöffnet. Täglich 15 bis 23, sonn- und feiertags 11 bis 23 Uhr. www.krummhardter-besa.de

Zieglers Wein- und Brennstub in Baltmannsweiler öffnet vom 8. bis 18. November mittwochs bis samstags ab 16 Uhr.