Für die Dachsanierung muss die Alte Spinnerei eingerüstet werden. Das Gerüst will man nutzen, um auch kleine Schäden an der Fassade auszubessern und die Fensterrahmen zu streichen. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Eine umfangreiche Dachsanierung wird es an der Alten Spinnerei geben. Das entschieden die Stadträte bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung. Die Arbeiten sollen im Frühjahr beginnen.

Plochingen

Schon seit mehreren Jahren steht die Dachsanierung der Alten Spinnerei an. Vor der Landesgartenschau 1998 wurde das Dach erneuert, indem über der zentralen Halle ein Glasdach aufgesetzt wurde. Darunter befindet sich eine Trapezblechkonstruktion mit einem Foliendach. Da die Dichtungsgummis spröde geworden sind, ist ein Teil der Glasscheiben nach unten abgerutscht. Das Foliendach ist ebenfalls spröde und teils beschädigt. Außerdem verfügen die Dachflächen über keinen Regenwassernotablauf und das Blech über der Attika weist Risse auf. Die Dachsanierung wurde zunächst aufgeschoben, weil erst die Verbindungsstege im Innenhof der Spinnerei, die teilweise bereits durchgebogen waren, saniert und statisch ertüchtig werden mussten, erklärt der Leiter des Verbandsbauamts Wolfgang Kissling. Diese habe man vermutlich vor der Landesgartenschau zu schnell aufgeschalt, bevor der Beton fest war. Die Sanierung der Verbindungsstege habe Priorität vor dem Dach gehabt.

Wasserspeier an der Attika

Nach einer Begutachtung durch das Sindelfinger Ingenieurbüro Zimbelmann stellte sich heraus, dass die Glasscheiben gereinigt und wieder verwendet werden können. Das Foliendach könne durch eine Abdichtung mit Kiesauflage ersetzt werden. Die Attikableche müssen erneuert werden. Als Notüberlauf sind Bohrungen durch die Attika und das Anbringen von Wasserspeiern vorgesehen. Für diese Arbeiten muss das Gebäude eingerüstet werden. Die Einrüstung wolle man gleichzeitig nutzen, um eventuelle Schäden an der Klinkerfassade zu reparieren und Nachverfugungen vorzunehmen, erklärte Wolfgang Kissling im Gemeinderat. Zudem sollen die etwa 160 Holzfenster gestrichen und rund 60 Sonnenschutzbehänge erneuert werden. Das Büro Zimbelmann veranschlagt die Kosten für Dachsanierung und Fassadenarbeiten auf fast 1 Million Euro. Mit dem Fensteranstrich, Sonnenschutz und Schlosserarbeiten beläuft sich die Sanierung auf rund 1,14 Millionen Euro. Im Frühjahr nächsten Jahres soll die Sanierung beginnen „und in einem Rutsch erledigt werden“, so Kissling.

Für die CDU-Fraktion bekannte sich Reiner Nußbaum zum „stadtbildprägenden Industriegebäude“ mit seinen rund 60 Wohnungen. Die Dachkonstruktion sei in die Jahre gekommen, Sanierungen seien nach dieser Zeit nicht ungewöhnlich. Und die gebe es „nicht zum Null-Tarif“. Joachim Hahn (SPD) bedankte sich für das „tragfähige Sanierungskonzept“. Er lobte die „leichte Entwässerungslösung“ durch die Speier. Eigentum verpflichte, auch in diesem Sinne stimme die SPD-Fraktion den Sanierungsarbeiten zu. Was anstehe, sei „nicht erfreulich, aber nachvollziehbar“, meinte Peter Blitz (OGL). „Wir stehen zu dem Gebäude“, betonte auch er. Anders sah dies Harald Schmidt (ULP), der die Statik des Gebäudes als „angegriffen“ bezeichnete. Im Kellerbereich gebe es, so Schmidt, „schon Sicherheitsmängel“. Er forderte, das gesamte Gebäude statisch untersuchen zu lassen, um „keine Menschenleben zu gefährden“. Dem sei keineswegs so, empörte sich Thomas Fischle (SPD). „Sie wollten das Gebäude erst für ein Hallenbad veräußern, jetzt sagen Sie, Menschen werden gefährdet. Das passt nicht zusammen.“ Laut Klaus Hink (ULP) seien bei der Planung und Bauüberwachung „Fehler gemacht worden, für die wir jetzt zahlen müssen“. Er legte einen umfassenden Fragenkatalog zur Statik des Gebäudes vor.

„Lege meine Hand ins Feuer“

Bürgermeister Frank Buß mahnte zu „vernünftigem Ressourceneinsatz“. Solle der Fragenkatalog beantwortet werden, „ist ein Mitarbeiter eine Woche lang nur im Archiv beschäftigt.“ Das Dach habe deutlich länger gehalten, als gedacht. Im Übrigen sei ein Foliendach nicht der Weisheit letzter Schluss. Kissling ist sich sicher, dass beispielsweise der Einbau von Zwischenwohnungen eine Überprüfung der Statik erfordert hatte. Er sieht „keinerlei Anlass, an der Standsicherheit des Gebäudes zu zweifeln“. Für Kellerräume außerhalb des Gebäudes, die keine tragende Funktion haben, sei dies nicht so klar. Aber für das Gebäude „lege ich meine Hand ins Feuer“, bescheinigte Kissling. Wenn es eine Gefahr geben würde, „hätte die Stadt etwas unternommen“. Auch Frank Buß ist überzeugt, dass beim Umbau der Alten Spinnerei „mit Sicherheit eine Prüfstatik gemacht wurde. Sonst hätte es vermutlich keine Genehmigung gegeben.“

Mit drei Gegenstimmen und einer Enthaltung seitens der ULP stimmten die Stadträte der Sanierung im kommenden Frühjahr sowie der Finanzierung zu. Wenn die bereits zurückgestellten Mittel in Höhe von 728 000 Euro nicht ausreichen, soll weiteres Geld im Wirtschaftsplan für 2020 eingestellt werden.

In den kommenden Jahren werden aller Voraussicht nach weitere Sanierungen am Gebäude nötig sein. So müssen etwa der Brandschutz zwischen den Wohnungen im obersten Geschoss verbessert, die Außentreppe abgedichtet und eventuell überdacht sowie die Kellerdecke saniert werden.