Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger - Ulrike Rapp-Hirrlinger

Die Gemeinde Denkendorf will am Ortsrand im Gewann „Wasserreute“ ein neues Baugebiet erschließen – mit einem Mix aus Häusern und Mietwohnungen.

DenkendorfDie Wohnungsknappheit macht auch vor Denkendorf nicht Halt“, betonte Bürgermeister Ralf Barth im Gemeinderat. Deshalb habe die Gemeinde für eine „behutsame Entwicklung“ das Gebiet „Wasserreute“ nördlich des Wohngebiets Lange Äcker ins Auge gefasst. Auf kleiner Fläche – das Areal umfasst insgesamt knapp 2,2 Hektar – sollen möglichst viele Wohnformen und insgesamt rund 160 Wohnungen realisiert werden. Dazu muss ein Bebauungsplan erstellt werden.

Bisher hat Denkendorf auf die innerörtliche Verdichtung gesetzt. So seien in den letzten 20 Jahren keinerlei Flächen im Außenbereich neu versiegelt und erschlossen worden, betonte Barth. Doch innerhalb der Bebauung gibt es kaum mehr Grundstücke, um neuen Wohnraum zu schaffen, erklärte Stadtplaner Christoph Paulitschek. Auch klassische Baulücken gebe es nur noch wenige. Dem stehe ein ungebremster Bedarf an Wohnungen gegenüber.

Wohnbedarf gegen Landwirtschaft

Im Gebiet „Wasserreute“ soll ein Mix aus Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern, aber auch Geschosswohnungsbau mit erschwinglichen Mietwohnungen entstehen. Vorrangig sollen Interessenten aus Denkendorf berücksichtigt werden, so Paulitschek. Damit wolle man ausreichend Wohnraum für die eigene nachwachsende Bevölkerung sicherstellen. Für die Grundstücke, die sich im Eigentum der Kommune befinden, will man Lösungen für geförderten oder sozialen Wohnungsbau entwickeln. Das Gebiet ist zweigeteilt. Ein Areal von gut 1,5 Hektar liegt im westlichen Bereich zwischen der Uhlandstraße und der Straße Lange Äcker. Dort sollen insgesamt 110 Wohneinheiten entstehen – bis zu 35 in Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern sowie etwa 80 Geschosswohnungen. Nach Osten am Rand des Wohngebietes Lange Äcker schließt sich ein Grünstreifen an, in dessen Fortsetzung auf einem rund 0,6 Hektar großen Gebiet etwa 50 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf dem Grund der Gemeinde angedacht sind. Das ganze Areal soll von Grünbereichen umgeben sein. Zudem sind laut Paulitschek Maßnahmen für den Hochwasserschutz vorgesehen.

Zwar wisse man nicht genau, wie groß der Bedarf an neuen Wohnungen sei, betonte FWV-Fraktionschef Frank Obergöker. „Doch wir sind der Überzeugung, dass wir etwas anbieten müssen. Denkendorfer sollen in Denkendorf wohnen bleiben können.“ Auf weniger Gegenliebe stieß die Planung bei Christa Brockhaus-Henzler (SPD). Die Öko-Landwirtin verwies darauf, dass wertvolle landwirtschaftliche Flächen verloren gingen. „Wir versiegeln fruchtbaren Boden im Eiltempo und graben damit den wenigen verbliebenen Vollerwerbslandwirten das Wasser ab.“ Diese würden in ihrer Existenz bedroht. Sie ist überzeugt, dass sich am Ortsrand andere Flächen finden ließen. Zudem zähle das Argument Wohnraum nur, wenn dieser bezahlbar sei. Daran zweifle sie im Gebiet „Wasserreute“. „Denkendorf hat es in der Hand, welcher Bauträger die Grundstücke bekommt“, entgegnete Barth. Er sieht zudem kaum alternative Wohnbauflächen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Wilhelm Brandner geht noch weiter: Wohnungen vorrangig an Denkendorfer Bürger zu vergeben, reiche nicht mehr aus. „Wohnungsbaupolitik darf sich nicht länger nur auf sich selbst richten. Denkendorf ist eingebettet in die Region und zieht auch Menschen von außerhalb an.“ Dennoch müsse die Gemeinde vor allem dafür sorgen, dass ihre Bürger möglichst bezahlbaren Wohnraum finden. Brandner schlug vor, auch Erbpacht anzubieten. Wenn schon wertvoller Ackerboden verbraucht werde, müssten die Flächen möglichst effizient genutzt werden. Zugleich relativierte er: Wenn von knapp 520 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche in Denkendorf 2,2 Hektar wegfielen, sei man weit weg vom Ausverkauf. Deshalb befürworte er das Konzept. CDU-Fraktionschef Peter Nester hält es für eine kommunale Pflichtaufgabe, Wohnungen zu schaffen. Eine Enteignung von nicht bebautem Bauland wie etwa in Tübingen lehnt er ab. Am Ende stimmte der Gemeinderat bei vier Enthaltungen für das Vorhaben.

CDU will Aufklärung zu Leerstand

Die CDU-Fraktion hatte den Antrag gestellt, unter anderem zu klären, wie viel leer stehenden Wohnraum es in Denkendorf gibt. Eine aktuelle Zahl sei nicht bekannt, so die Verwaltung. Statistisch gehe man von 204 Wohnungen aus, was knapp 4,2 Prozent entspreche. Und auf die Frage, welche innerörtlichen Flächen problemlos für den Wohnungsbau umgewidmet werden könnten, war die Auskunft, dass hierfür vor allem die ehemalige Handschuhfabrik in der Mühlhaldenstraße in Frage komme. Allerdings liege es in der Entscheidung der Eigentümer, wann diese Umwandlung tatsächlich stattfinde.