Nach dem Mittagessen gibt es noch einen Eiskaffee mit Sahne. Foto: Tom Weller - Tom Weller

Fünf Wohncafés gibt es in Esslingen. Eingerichtet wurden sie, damit sich Jung und Alt in den Quartieren besser kennenlernen. Besonders, aber auch etwas versteckt gelegen ist das Wohncafé im Alten Bahnhof Mettingen.

EsslingenEs ist die Atmosphäre, die den Alten Bahnhof in Mettingen zum Juwel unten den Wohncafés in den Stadtteilen von Esslingen macht. Alte Bäume spenden an diesem Sommertag in dem liebevoll von Ehrenamtlichen gestalteten Garten wohltuenden Schatten, und die Gäste lassen sich auf der Terrasse des sanierten Gebäudes von 1904 das frisch zubereitete Mittagessen schmecken. Anschließend gibt es noch einen Eiskaffee bevor die Kleinen des angrenzenden Kindergartens „Sinnesentdecker“, das auf der Wiese aufgebaute Planschbecken erobern. „Von Menschen für Menschen“, lautet die Idee, die hinter der Nachbarschaftshilfe der besonderen Art steckt. Die Esslinger Wohnungsbau GmbH, die Baugenossenschaft Esslingen sowie die Genossenschaft Flüwo haben zusammen mit dem Verein „Integrative Wohnformen“ inzwischen fünf Wohncafés ins Leben gerufen. Das im Alten Bahnhof Mettingen war das zweite und wurde im Oktober 2016 feierlich eröffnet.

„Wir wollen, dass sich Jung und Alt im Quartier kennenlernen und zusammenfinden und damit der Entfremdung begegnen“, erzählt Werner Rienesl, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Baugenossenschaft Esslingen. Dabei wird den einzelnen Einrichtungen, die von sogenannten Quartiermanagern wie die Johanniter-Unfall-Hilfe geleitet werden, keine Blaupause für die einzelnen Angebote vorgegeben. „Die Anwohner bestimmen das Programm und so ist dieses von Stadtteil zu Stadtteil unterschiedlich“, sagt Nicole Fatnassi von den Johannitern. Neben Bewegungsangeboten wie die „Fünf Esslinger“ und „Seniorengymnastik ab 70“ finden im Alten Bahnhof noch eine Klangschalen-Therapie sowie ein Spielenachmittag statt. Außerdem treffen sich die „Strickerdamen“ regelmäßig hier und das internationale Frauenfrühstück soll wieder belebt werden. Regen Zuspruch erfährt vor allem das Mittagessen. „Wir kaufen morgens ein und bereiten alles frisch zu“, betont Quartiermanager Michael Vetter. Und seit diesem Jahr können sich der gelernte Koch sowie die Ehrenamtlichen auch an den im Garten gepflanzten Kräutern wie Petersilie, Schnittlauch, Sauerampfer, Basilikum, Rosmarin sowie Maggikraut und Melisse bedienen. An die 20, meist ältere Gäste finden sich täglich ein und helfen soweit möglich mit. Das Mittagessen kostete übrigens 4,50 Euro. Aber eins liegt Werner Rienesl am Herzen: „Wir sind keine öffentliche Gaststätte“, stellt der Diplom-Pädagoge klar. Jeder müsse sich mindestens einen Tag vorher anmelden. Der wöchentliche Speiseplan wird übrigens auch gemeinsam mit den Ehrenamtlichen aufgestellt. „Wenn es Schweinebäckle gibt, sind wir jedes Mal ausgebucht“, freut sich Gerda Sohn, die von Anfang an mit an Bord ist. Regelmäßig holt sie engagierte Senioren, die nicht mehr gut zu Fuß sind ab und fährt diese auch wieder heim.

So wie die 85-jährige Dame, die sich heuer das Gulasch mit Spätzle und Salat munden lässt. „Hier bin ich nicht so allein“, meint die Witwe. Sohn macht die Begegnung mit den Menschen Spaß und plaudert aus dem Nähkästchen: Eine über 90-jährige Besucherin blieb regelmäßig zum anschließenden Spielenachmittag und habe einmal zu den Mitspielerinnen bemerkt: „Ich bin zwar inzwischen langsam, bekomme jedoch noch alles mit, vor allem wenn geschummelt wird“. Auf der Terrasse macht es sich immer wieder eine fröhliche Runde, die sich hier im Wohncafé gefunden hat, bequem: „Wir lieben die Geselligkeit, machen ab und zu mal auch ein Späßle und sind von der Atmosphäre begeistert“. Der Alte Bahnhof sei wirklich ein Juwel unter den Einrichtungen, bemerkt Rienesl. Der Garten ist wahrlich neben dem historischen, liebevoll sanierten Gebäude eine Augenweide. Helga Schweizer hat nämlich einen grünen Daumen und dekoriert gerne. Und Michael Vetter steht der Ehrenamtlichen nichts nach. Ausrangierte Fensterläden dienen als Halt für Pflanzkübel, 80 Jahre alte Küchengeräte- in einem Sieb tummelt sich ein Frosch, als Dekoration.

Überall sind farbenfrohe Schmetterlinge zu sehen, aber auch ein Tausendfüßler, in Beton gegossen. Schweizer werkelt gerne mit diesem Material: Ein alter Putzlappen gefaltet und versteift dient nun als Übertopf für Blumen. Alte Paletten sollen als neustes Projekt ebenfalls bepflanzt werden. Doch zunächst jätet Schweizer Unkraut rund um den dieses Jahr frisch gepflanzten Kirsch- sowie Pfirsichbaum. „An dem Garten liegt mein Herzblut“, sagt Schweizer, die alleinstehend ist und daher regelmäßig zum Mittagstisch kommt. Es werden übrigens dringend Ehrenamtliche gesucht, die kochen wollen. Montags gibt es nur abends ein Essen und ein Mal im Monat findet ein Sonntagscafé statt. „Viele Leute rufen an und fragen wann es denn endlich wieder so weit ist“, erzählt Sohn. Da der Alte Bahnhof etwas versteckt liegt, würde sich die Ehrenamtliche über noch mehr Resonanz freuen.

Wohncafé Alter Bahnhof, Burgunder Straße 6a, Telefon 0711/937878 - 42,
woca.alterbahnhof.esslingen@johanniter.de