Zufahrt in die Weinberge von der Kelter auf der Neckarhalde. Der Weg ist schmaler, aber für den Verkehr in eine Richtung ausreichend breit. Quelle: Unbekannt

Die Strecke durch die Weinberge zwischen Mettingen und Neckarhalde als Entlastung für die Menschen in RSKN, wenn die Geiselbachstraße nächstes Jahr voll gesperrt wird? Die Stadt winkt mit Hinweis, das sei zu gefährlich, ab. Die EZ hat sich auf Testfahrt begeben.

Esslingen Ungewöhnliche Ereignisse erfordern gelegentlich ungewöhnliche Reaktionen. Dass die Hauptverkehrsader in die nördlichen Esslinger Stadtteile nächstes Jahr im Sommer für etwa 15 Monate gekappt werden soll, wenn die Geiselbachstraße saniert wird, dürfte durchaus als ungewöhnliches Ereignis durchgehen. Und dass bei den Überlegungen, wie man den Menschen in Rüdern, Sulzgries, Krummenacker und auf der Neckarhalde das Leben etwas erträglicher gestalten kann, immer wieder die Weinberge zwischen Neckarhalde und Mettingen ins Spiel kommen, ist zumindest nicht verwunderlich. Denn schließlich nutzen täglich viele Autofahrer diese Verbindung, auch wenn sie dem landwirtschaftlichen Verkehr vorbehalten ist und der normale Verkehr dort nichts zu suchen hat. Die Stadtverwaltung hat schnell deutlich gemacht, dass sie von dem Weg durch die Weinberge als Entlastung während der Vollsperrung der Geiselbachstraße nichts hält. Zu gefährlich, zu eng, sagt sie, und stößt mit dieser Meinung nicht nur bei Armin Wager auf Unverständnis. Der hat im Rahmen der EZ-Sommerredaktion den Standpunkt vertreten, jeder Alpenpass sei gefährlicher als die Weinbergwege über den Lerchenberg. So hat die EZ beschlossen, die Situation einmal an Ort und Stelle zu testen und sowohl nach dem Machbaren als auch nach den Schwachstellen zu forschen.

Rücksichten abwägen

Natürlich sind die Weinbergwege nicht ohne Grund auf den landwirtschaftlichen Verkehr beschränkt. Denn dort ist der Arbeitsplatz der Esslinger Wengerter, die freilich nicht das ganze Jahr über mit der Intensität am Werk sind, wie das jetzt während der Weinlese der Fall ist. Auf ihre Belange ist Rücksicht zu nehmen, wie auch auf die von Schülerinnen und Schülern, die unterhalb der Kelter in der Lerchenbergstraße zur Grund- und Hauptschule Mettingen gehen. Und auch die Anwohner in Mettingen, die mangels Alternativen ihre Autos auf den meist engen Straßen im älteren Teil des Stadtteils abstellen, wollen ihre Interessen berücksichtigt sehen.

Aber weil im Falle ungewöhnlicher Lösungen immer Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden müssen, sind auch im vorliegenden Fall Kompromisse gefragt. Einer davon könnte aus Sicht von Armin Wager sein, dass man die Weinbergwege nicht den ganzen Tag über als Ausweichstrecke nutzt, sondern nur während der Hauptverkehrszeiten. Morgens könnte es für eine begrenzte Zeit von der Neckarhalde in einer Fahrtrichtung bergab und abends ebenfalls zeitlich begrenzt von Mettingen aus bergauf gehen.

Nehmen wir die Strecke unter die Räder und biegen von der Obertürkheimer Straße in Mettingen in die Rieslingstraße in Richtung Kelter ab. In der Rieslingstraße wird auf beiden Seiten geparkt, doch für den Verkehr in eine Richtung ist genügend Platz, da kommen auch Kleinlaster und sogar größere Fahrzeuge durch – schließlich spielt sich dort auch der Wirtschaftsverkehr für die Kelter ab. Nach rechts geht es in die Rosenstraße, in der ebenfalls auf beiden Seiten geparkt wird, die aber genügend Platz für durchfahrende Autos lässt, selbst bei Gegenverkehr. Die weitere Strecke führt nach links in die obere Schlüßhaldenstraße/Lerchenbergstraße, vorbei an der Grund- und Hauptschule Mettingen, zur Kelter. Die Frage ist, was für die Schülerinnen und Schüler getan werden muss, wenn in den umliegenden Straßen zumindest zeitweilig mehr Autos unterwegs sind. Eine klare Ausschilderung des Schulwegs, zumindest morgens Schritttempo im Schulbereich, und eventuell der gute alte Schülerlotse könnten helfen. Es gäbe also Lösungen, wenn man dies will.

Viel Schleichverkehr

An der Kelter vorbei, an der gerade kräftig gebaut wird, geht es hoch in die Weinberge. Das Auto rollt auf Asphalt oder Betonplatten, die Fahrbahn ist breit, da kommen auch zwei Fahrzeuge leicht aneinander vorbei. Für Autos, zumal wenn es nur in eine Richtung geht, gibt es also keinerlei Probleme und auch Kleinlaster sollten die Strecke mühelos bewältigen. Der Beweis wird sogleich angetreten, weil sich ein Mercedes-Bus in durchaus flotter Gangart durch die Weinberge bewegt. Ein Handwerker, wie der Aufschrift auf dem Wagen zu entnehmen ist – vermutlich repariert er landwirtschaftliches Gerät.

Innerhalb von etwa eineinhalb Stunden dürften es gut und gern 20 Fahrzeuge sein, die auf den Weinbergwegen zwischen Mettingen und Neckarhalde oder umgekehrt unterwegs sind – keines von ihnen in landwirtschaftlicher Mission. Die Strecke ist gelegentlich etwas holprig, doch da ist man in Esslingen ja Kummer gewohnt.

Im oberen Bereich kurz vor der Neckarhalde verengt sich der Straßenverlauf, lässt aber noch genügend Platz für Autos und Kleinlaster in einer Fahrtrichtung. Normalerweise ist der Weg in beide Richtungen befahrbar – Ausweichstellen sorgen dafür, das man aneinander vorbei kommt. Nun ist man an der Kelter auf der Neckarhalde und hat von dort aus Anschluss an die anderen nördlichen Esslinger Stadtteile.

Durchfahrt ist möglich

Jetzt das Ganze in umgekehrter Richtung, wobei die Weinbergwege auch über die Straße Hinterer Holzweg erreicht werden können. Diese Verbindung führt allerdings auf relativ langer Strecke durch ein Wohngebiet mit Tempo-30-Beschränkung. Auf beiden Seiten der Straße wird geparkt und in der Mitte bleibt nicht viel Platz. Der Weg ins Tal ist bekannt und weicht erst unterhalb der Lechenbergstraße von der Bergauf-Variante ab. Um auf die Cannstatter Straße in Mettingen zu gelangen, führt der Weg durch die relativ enge Schlüßhaldenstraße. In dieser Einbahnstraße ist Parken nur auf einer Seite erlaubt und am unteren Ende darf nur nach rechts abgebogen werden. Aber ein Auto oder ein Kleinlaster kommen auf jeden Fall durch. Weitere Verbindungen zur Cannstatter Straße sind auch über die umliegenden Straßen zumindest möglich.

Hilfe in einer Notsituation

Zugegeben: Eine ideale Verbindung zwischen Mettingen und der Neckarhalde sieht natürlich anders aus. Aber eine machbare Notlösung ist sie allemal. Wenn die Geiselbachstraße und der darunter liegende Kanal saniert und die übliche Verbindung nach RSKN gekappt wird, dann bleibt für die Menschen in den nördlichen Stadtteilen nur noch der Umweg über die Mülberger-, Rotenacker-, Kirchenacker- und Barbarossastraße und den Alexanderbuckel. Durchaus eine Notsituation – nicht nur für die Einwohner und Gewerbetreibenden in RSKN, sondern auch für die Anwohner entlang der Umleitungsstrecke.