Damit der Passat bis nach Jordanien durchhält, prüfen die Mitglieder des Rallye-Stalls das betagte Gefährt. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Wenn am 11. Mai der Startschuss zur nächsten Europa-Orient-Rallye fällt, wird auch ein Team der Hochschule Esslingen dabei sein. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.

EsslingenModerne Autos sind vollgestopft mit Elektronik. „Ohne Softwareprogramme kann man da nicht mehr allzu viel dran selber machen“, weiß Johannes Kück, der an der Hochschule Esslingen Fahrzeugtechnik studiert. Den blauen VW Passat 35i, den er an diesem Nachmittag im Labor der Fahrzeug techniker gemeinsam mit Julia Benkowitsch, Simon Hägele, Kevin Künzel, Pham Hoang-Nam und anderen Kommilitonen unter die Lupe nimmt, können versierte Schrauber aber noch ohne Computerunterstützung reparieren. Das qualifiziert das betagte Gefährt für die rund 8000 Kilometer lange Tour, zu der die angehenden Ingenieurinnen und Ingenieure im kommenden Frühjahr aufbrechen wollen. Wenn am 11. Mai 2019 der Startschuss zur nächsten Europa-Orient-Rallye (siehe Anhang) fällt, wird auch der Rallye-Stall der Hochschule Esslingen dabei sein.

Im Sommersemester 2017 haben fünf Studenten gemeinsam mit Hermann Lücken, Professor an der Fakultät Fahrzeugtechnik, den Rallye-Stall gegründet. Der lehnt sich vom Konzept her zwar an den Renn-Stall und den E-Stall der Hochschule an. „Uns geht es aber nicht darum, mit High-Performance-Fahrzeugen die Rennstrecken zu erobern“, erklärt der promovierte Ingenieur. „Wir wollen mit Serienfahrzeugen an Orientierungsfahrten teilnehmen.“ Auch wenn der Hauptgewinn – ein vom jordanischen Königshaus gespendetes Kamel – ohne Frage seinen Charme hat, geht es dem Professor und seinen Studierenden nicht zuvörderst darum, den Sieg einzufahren. „Wir wollen vor allem Hilfsprojekte mit Spenden unterstützen und haben uns vorgenommen, das Team mit den meisten Sponsoren zu werden.“ Das passe auch zum Motto der Esslinger Hochschule „nah am Menschen und nah an der Technik“. Wer bei der 21 Tage dauernden Europa-Orient-Rallye mitfahren möchte, muss einige Voraussetzungen erfüllen. So darf keines der drei Autos, in denen sich die Sechserteams auf den Weg machen, mehr als 1111,11 Euro kosten, „oder es muss mindestens 20 Jahre alt sein“, erklärt Simon Hägele. „Und es muss einen gültigen TÜV haben“, fügt Kevin Künzel hinzu. Bevor sich die studentische Projektgruppe, zu der auch Alexander Sauter, Andreas Büttner, Joshua Werner, Lukas Barth und Marco Diez gehören, auf dem Gebrauchtwagenmarkt umgeschaut hat, wurde zunächst analysiert, welche Fahrzeuge überhaupt infrage kommen.

Da die Rallyefahrer für eine Übernachtung pro Person nicht mehr als elf Euro und elf Cent ausgeben dürfen, „muss sich das Auto auch dazu eignen, dass man mal darin übernachten kann“, erklärt Julia Benkowitsch. Wie man am besten eine Zeltkonstruktion aufs Autodach baut, haben die Fahrzeugtechniker schon beim Siegerteam der letzten EOR erkundet, zu dem die gebürtige Oberesslingerin Julia Ruof gehört. „Die haben uns ganz gute Tipps gegeben.“ Die Rallyfahrerinnen und -fahrer brauchen aber nicht nur Stauraum für Schlafsäcke und Campingequipment. „Wir wollen ja vor allem ganz viele Hilfsgüter mitnehmen“, unterstreicht die Studentin. So war schnell klar, dass der Esslinger Rallye-Stall mit Kombis an den Start gehen wird. Der Wiederverkaufswert spielte bei der Fahrzeugwahl ebenfalls eine Rolle. „Die Autos werden in Jordanien zugunsten von Hilfsprojekten verkauft, und da ist es uns wichtig, dass möglichst gute Preise erzielt werden“, erläutert Johannes Kück. Nicht nur deshalb haben sich die Studierenden für Modelle aus dem Hause Volkswagen entschieden. „Der Passat ist dafür bekannt, dass er robust ist und einiges mitmacht“ – ein unbestreitbarer Vorteil auf dem Weg nach Jordanien. Da bei der EOR Autobahnen ebenso tabu sind wie Mautstraßen, müssen sich die Teams über Landstraßen ihren Weg bahnen. „Die Straßen auf dem Balkan sind nicht mit unseren Straßen vergleichbar“, weiß der Leiter des Rallye-Stalls. Und kurz vor dem Ziel geht es auch noch eine Runde durch die Wüste.

An sein erstes Fahrzeug ist der Rallye-Stall günstig drangekommen. Als Johannes Kück mitbekam, dass die Fakultät Fahrzeugtechnik den blauen Passat ausmustern will, der 1995 als Laborfahrzeug nach Esslingen gekommen war, hat er sofort zugeschlagen. „Wir haben das Auto dadurch vor dem Schrott gerettet.“ Dank einer Spende der in Schwäbisch Gmünd beheimateten Firma Schulte, sind auch schon Ersatzteile finanziert. Die hat Rallye-Fahrzeug Nummer zwei ebenfalls nötig. Das haben die Studierenden in Köngen aufgetrieben und, inklusive einem neuen Satz Sommerreifen, für 499 Euro bekommen. Jetzt hofft das Rallye-Team, dass es bei der Suche nach dem dritten Gefährt ebenfalls Glück hat und zudem jede Menge Sach- und Geldspenden einsammeln kann. „Es ist schließlich für einen guten Zweck“, sagt Julia Benkowitsch. „Denn wir sind ja für andere unterwegs“

In der Hochschule kann man den Löffel abgeben

Die Europa-Orient-Rallye, die 2006 zum ersten Mal ausgetragen wurde, hat nicht das Ziel, dass die Teams möglichst schnell unterwegs sind. Auf dem Weg vom Elsass nach Jordanien sollen die Teams Hilfsprojekte unterstützen. Zudem müssen die Rallyefahrerinnen und -fahrer unterwegs verschiedene Aufgaben lösen.

111 Löffel: In diesem Jahr hat der Veranstalter jedem Teilnehmer aufgegeben 111 Löffel mit nach Jordanien zu bringen. „Uri Geller wird daraus zugunsten eines sozialen Projekts ein Kunstwerk machen“, erklärt Johannes Kück. Die Löffel müssen aus Metall und jedes einzelne Exemplar muss vom Spender oder der Spenderin signiert sein. Wer an der Hochschule einen oder gleich mehrere Löffel abgeben möchte, „ist uns jederzeit willkommen“. Löffelspender, aber auch andere Sponsoren können per E-Mail rallye-stall@hs-esslingen.de kontakt zum Esslinger Rallye-Team aufnehmen.