Da die Ausstellung einem Konzept folgt, „kann man nicht ein Bild abhängen und stattdessen ein neues dazwischen hängen“, sagt Traute Scheuffelen. Quelle: Unbekannt

Bis die Besucher des Stadtmuseums die Chance haben, das wertvolle historische Papiertheater zu bewundern, das der Esslinger Geschichts- und Altertumsverein (GAV) kürzlich für das Museum erworben hat, wird es wohl noch eine Weile dauern. Denn dem Ausstellungshaus fehlt es schlichtweg am Platz, wie Traute Scheuffelen beklagt, die seit 2008 Vorsitzende des GAV ist. Im EZ-Interview beschreibt sie, welche Folgen die akute Raumnot für das Ausstellungshaus hat und was aus Sicht des GAV getan werden muss, um das Stadtmuseum für die Zukunft fit zu machen.

Wo könnte das Papiertheater, das der GAV kürzlich fürs Museum gekauft hat, im Gelben Haus ausgestellt werden?

Scheuffelen:Ich wüsste nicht wo. Denn wir haben hier im Haus keinen Platz dafür. Es würde auch nicht helfen, etwas wegzuräumen. Denn das Raum- und Ausstellungskonzept des Hauses kann man ja nicht einfach durchbrechen und in der Dauerausstellung irgendwo etwas reinflicken. Wir hätten zu einigen Zeitabschnitten neue Exponate. Man kann aber zum Beispiel nicht einfach ein Bild abhängen und stattdessen ein neues dazwischen hängen.

Welche Folgen hat der Platzmangel für die Dauerausstellung?

Scheuffelen: Es fehlen wesentliche Teile der Esslinger Stadtgeschichte.

Welche sind das?

Scheuffelen:Die Frühgeschichte, zu der wir einige Exponate haben, fehlt im Augenblick komplett. Wir haben zum Beispiel Mammutzähne, die in Plochingen gefunden wurden, und Funde aus den Gräbern in Sirnau. Die Grabungen wurden damals übrigens vom GAV geleitet. Doch all dies können wir bisher nicht zeigen.

Hätten die Räume des früheren Polizeipostens im Erdgeschoss des Gelben Hauses die Situation entspannt?

Scheuffelen: Auf jeden Fall. Und diese Räume waren uns ja auch versprochen. Schon vor meiner Zeit als GAV-Vorsitzende bestand dieses Versprechen. Doch nach dem Auszug der Polizei hatte die Stadtverwaltung die Nöte mit der Botenmeisterei. Jetzt stehen wir wieder ohne zusätzliche Räume da.

Was kann im Stadtmuseum aus Platzmangel noch alles nicht gezeigt werden?

Scheuffelen: Neben der Frühgeschichte fehlt die Esslinger Industriegeschichte und damit ein ganz wesentlicher Teil der Historie dieser Stadt. Für die Industriegeschichte müsste es eigentlich einen ganzen Raum geben. Denn auch zu diesem wichtigen Zeitabschnitt für Esslingen gibt es viele Exponate.

Die Maschinenfabrik Esslingen darzustellen, dürfte aber doch eher schwierig sein?

Scheuffelen: Natürlich können wir keine Lokomotiven präsentieren. Aber es gibt ungeheuer viele Abbildungen, Zeichnungen, Pläne und Fotos. Allein, wenn man daran denkt, dass die ME ihre Zahnradbahnen in die ganze Welt geliefert hat. Daran könnte man anknüpfen.

Gehen aufgrund des Platzmangels dem GAV und somit dem Museum auch Objekte verloren?

Scheuffelen:Wir sammeln ganz gezielt nur Dinge, die einen direkten Bezug zur Stadt Esslingen haben. Weil wir keinen Platz haben, müssen wir aber inzwischen leider auch immer wieder Objekte ablehnen, die zum Beispiel für die Geschichte der Industrialisierung der Stadt wichtig sind.

Ist die Konzeption des Stadtmuseums noch zeitgemäß?

Scheuffelen: Nein. Das Museum ist 1989 eingerichtet worden. Da entspricht vieles nicht mehr heutigen Sehgewohnheiten. Die Leute sind anspruchsvoller geworden, auch was das Design betrifft. Deshalb brauchen wir eine grundsätzlich neue Konzeption. Man müsste die Dauerausstellung zum Beispiel kinderfreundlicher gestalten und durch ein neues Konzept neue Bevölkerungsschichten erschließen. Die Gesellschaft hat sich verändert, darauf muss das Museum ebenfalls reagieren. Außerdem ist das Gelbe Haus als Gebäude in die Jahre gekommen. Ich wäre schon ungeheuer froh, wenn man das Haus als ersten Schritteinfach mal streichen würde. Das wäre kein großer Wurf, es wäre aber das Mindeste, was die Stadt tun könnte.

Welche Mängel fallen besonders auf?

Scheuffelen: Das Haus ist von außen ziemlich heruntergekommen. Wir haben schon vor Jahren alle Mängel aufgelistet. Die Stadt hat natürlich ganz viele Baustellen, nicht nur die Brücken. Als ganz wichtige Baustelle sehe ich die Stadtbücherei. Es ist ein Muss, dass dort etwas passiert. Deswegen haben wir uns auch lange nicht exponiert. Aber wir müssen die Sache im Museum jetzt auch endlich angehen. Natürlich kostet das Geld. Denn wir sitzen hier in einem denkmalgeschützten Gebäude.

Wie könnte ein neues Konzept für das Esslinger Stadtmuseum aussehen?

Scheuffelen: Es müssten deutlich mehr Wechselausstellungen möglich sein. Denn die halten Museen attraktiv und ziehen viele Leute ins Haus, die sich dann auch die Dauerausstellung anschauen. Außerdem kann man mit Wechselausstellungen, wie die Museumspädagogik das ja jetzt bereits macht, Kinder und Jugendliche in eigens für sie gestalteten Bereichen ansprechen. Wir haben tolle Exponate in den Depots. Aber es ist im Augenblick unmöglich, diese zu zeigen, weil die jetzigen Räume für die Wechselausstellungen viel zu begrenzt sind.

Ist der jetzige Standort des Museums richtig?

Scheuffelen:Für unsere Mitglieder bedeutet das Gelbe Haus ein Stück Heimat. Doch ob das Museum langfristig im Gelben Haus oder in einem Nachbargebäude untergebracht ist, spielt eine nicht so wesentliche Rolle wie der Standort in der östlichen Altstadt, die davon lebt, dass das Museum und die Stadtbücherei genau dort angesiedelt sind. Wenn Esslingen nach außen mit seiner mittelalterlichen Altstadt wirbt, kann man die Besucher nicht in ein Museum am Stadtrand schicken. Eine solch zentrale Institution muss natürlich fußläufig innerhalb des Altstadtrings erreichbar sein.

Die Fragen stellte Dagmar Weinberg.