In den Labors des Centers herrscht eine innovative Stimmung. Doch die Grundidee eines Gründerzentrums bleibt im Hintergrund.Archiv Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Christian Dörmann

Das Life Science Center Esslingen soll in zentralen Bereichen neu aufgestellt werden. Dazu gehört, dass man sich im Gründerzentrum an der Schelztorstraße nicht nur auf die Biotechnologie konzentriert, sondern die Themenpalette zum Beispiel um die Bereiche Technologie und Maschinenbau ergänzt. Die Weichen dafür sind jetzt von den Gesellschaftern des Centers gestellt worden. Beschlossen wurde zudem, den Life Science Fonds aufzulösen, über den einigen Firmen im Center finanziell bessere Startchancen ermöglicht wurden.

Die Unzufriedenheit über die Entwicklung des Life Science Centers (LSC) in der Esslinger Weststadt schwelt im Gemeinderat und in der Verwaltung schon seit geraumer Zeit (die EZ berichtete). Dabei arbeitet das Gründerzentrum durchaus profitabel und hat zwischen 2012 und 2014 einen jährlichen durchschnittlichen Überschuss von 83.000 Euro erwirtschaftet. Aber nachdem das Center zunehmend in die Jahre kommt, steigen die Kosten für Instandhaltung. Die finanzielle Seite ist es aber nicht allein, die jetzt Gesellschafter, Gemeinderat und Verwaltung dazu bewogen hat, die Neuordnung des Gründerzentrums konkret anzugehen. Allen voran die Freien Wähler hatten immer wieder die lange Verweildauer von Unternehmen im Center kritisiert, die eigentlich nach einer subventionierten Startphase den Weg auf den freien Markt antreten sollten. Das ist aber nach Äußerungen aus dem Kreis der Betroffenen häufig leichter gesagt als getan, vor allem wenn es darum geht, in Esslingen zu bleiben. Es fehle an entsprechenden Räumlichkeiten. Helfen soll künftig ein ämterübergreifender Arbeitskreis Flächenmanagement, bestehend aus städtischer Wirtschaftsförderung, Liegenschafts-, Stadtplanungs- und Baurechtsamt. Sie sollen Existenzgründer unterstützen, indem etwa Informationen über freie Büro- oder Laborflächen an Gründungsinteressierte weitergeleitet werden.

Höhere Einnahmen für die Stadt

Mehr Bewegung im Haus ist also gefordert, und offensichtlich spielt in den Köpfen der Verantwortlichen auch die Frage eine Rolle, ob die bisherige Konzentration auf Biotechnologie zukunftsweisend ist. Deshalb soll das Gründerzentrum weiter entwickelt werden und dafür bietet sich mit Blick auf die Struktur der Region der Bereich Technologie und da speziell der Maschinenbau an.

Wenn es ums Geld geht, vor allem unter dem Eindruck der laufenden strategischen Haushaltskonsolidierung, dann schauen Stadträte und Verwaltung auch beim Life Science Center genauer hin. Deshalb müssen sich die derzeit fünf Unternehmen im Gründerzentrum auf höhere Mieten einstellen. Vom Jahr 2020 an rechnet die Stadt mit 38.000 Euro zusätzlichen Mieteinnahmen jährlich.

Firmen zahlen Geld zurück

Beschlossen haben die Gesellschafter des LSC, einen Fonds vorzeitig auslaufen zu lassen, mit dem bisher Firmen während der ersten fünf Jahre nach ihrem Start finanziell geholfen wurde. Wie Rathaussprecher Roland Karpentier auf Anfrage mitteilt, sollen keine neuen Mittel mehr über den Fonds zur Verfügung gestellt werden. Nach den Worten von Karpentier hat sich das Instrument überlebt, „weil es heute viele andere Möglichkeiten gibt, an Risikokapital zu kommen“. Firmen im Life Science Center, die in den Genuss von Mitteln aus dem Fonds gekommen sind, müssen das Geld übrigens zurückbezahlen. So lautet die vertragliche Vereinbarung.

Keine Rolle bei allen Überlegungen spielt das Hengstenberg-Areal. Vom der immer wieder diskuierten Option, mit dem LSC in einen Neubau umzuziehen, ist schon längst keine Rede mehr. Alle Weichenstellungen beziehen sich daher auf den bekannten Standort an der Schelztorstraße in Esslingens Weststadt. Wie es mit dem Life Science Center längerfristig weitergeht, ist im Moment noch nicht abzusehen. „Es gibt keine Vorfestlegung, ob die Stadt das Center verkauft oder behält“, betont Roland Karpentier. Die Entscheidung darüber treffe letztlich der Gemeinderat.

fünf firmen mit potenzial

Life Science Center: Das LSC Esslingen ist einer der Standorte in der BioRegio Stern mit Stuttgart, Tübingen, Reutlingen und Neckar-Alb. Es ist derzeit auf die Zukunftsmärkte Gesundheit, Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Nachhaltigkeit ausgerichtet. Die Biotechnologie ist ein erster Schwerpunkt, der möglicherweise durch weitere Zukunftstechnologien ergänzt werden soll. Das Life Science Center wurde im April 2000 in Betrieb genommen. Es umfasst fast etwa 3.000 Quadratmeter Fläche für Labors und Büroräume.

Fonds: Die Stadt Esslingen hat gemeinsam mit der Wirtschaft, der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, der Volksbank Esslingen sowie privaten Investoren einen eigenen Venture Capital Fonds über 2,5 Millionen Euro gegründet. Damit ist die Stadt in der Lage, nicht nur Labor- und Büroflächen, sondern auch Venture Capital anzubieten und weiteres Kapital zu vermitteln.

Im Live Science Center Esslingen gibt es diese Firmen:

Amedrix GmbH: Das Unternehmen verfolgt mit seinem Projekt „Humaner Gelenkknorpelersatz“ das Ziel, ein körpereigenes System zur Behandlung von großflächigen Knorpeldefekten für alle Großgelenke zu entwickeln, klinisch zu testen und anschließend mit großtechnischer Produktion den Markt zu versorgen.

Anoxymer GmbH: Das Unternehmen forscht, entwickelt und stellt bioaktive Pflanzenextrakte aus Kräutern, Gemüsen, Früchten und Tee-pflanzen für die Lebensmittelindustrie her. Bevorzugt kommen die Rohstoffe aus Südeuropa, Südamerika und Indien, wo sie in der traditionellen Hausmedizin angewendet werden. Zusammen mit Partnern aus der Industrie werden die bioaktiven Extrakte mit positiver Wirkung auf die Gesundheit in Produkten verarbeitet und getestet, und in Probandenstudien wird die Wirksamkeit am Menschen belegt.

biotask AG: Das Unternehmen bietet analytische und beratende Dienstleistungen für die Lebensmittelbranche, Agrar- und Futtermittelwirtschaft und deren Zulieferer an. Der Schwerpunkt der analytischen Tätigkeiten liegt in der Untersuchung auf Rückstände und Verunreinigungen, gentechnisch veränderte Bestandteile, Allergene, Enzyme, Tier- und Pflanzenarten und vieles mehr. Die biotask AG versteht sich auch als Partner bei der Lösung technologischer Fragestellungen und bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Ergänzt wird das Dienstleistungsangebot durch Beratung in den Bereichen Qualitätsmanagement und Lebensmittelrecht.

BioTeSys GmbH: Die Firma wurde bereits im Jahr 1999 gegründet und ist ein zertifizierter Partner bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Konzepte auf den Gebieten der Kosmetik, Ernährung und im Bereich Consumer Health Care. Als Kernkompetenz des Unternehmens gilt die Untersuchung und Beurteilung der Wirkung von biologisch aktiven Inhaltsstoffen. Dabei geht es um die Identifizierung funktionaler Eigenschaften von Inhaltsstoffen oder einer Mischung daraus und um die Untersuchung von Inhaltsstoffen auf deren Wirkung und Wirksamkeit.

micro biolytics GmbH: Mit der AquaSpec-Technologie bietet das Unternehmen im Esslinger Life Science Center eine Methode zur besonders genauen Analyse flüssiger Lösungen. Eingesetzt wird diese Technologie in pharmazeutischen, prozessanalytischen, klinischen und anderen analytischen Bereichen.