Die Bücherei-Mitarbeiterinnen Julia Yazici, Irmgard Hoch, Elke Ebner, Bettina Langenheim und Gudrun Fuchs (von links) wissen ganz genau, mit welchen Büchern die sommerliche Lektüre noch mehr Freude macht. Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Manche sind schon mittendrin im großen Ferienvergnügen, andere müssen sich erst noch ein wenig gedulden, ehe der Urlaub so richtig beginnt. Doch für alle stellt sich stets dieselbe Frage: Wie lässt sich die freie Zeit am besten genießen? Ein gutes Buch ist für viele genau das Richtige, doch da gibt es ein klitzekleines Problem: Die Auswahl ist riesengroß, und im Urlaubsgepäck ist meist nur wenig Platz. Da sollte die Reiselektüre sorgfältig ausgesucht sein. Die Mitarbeiterinnen der Esslinger Stadtbücherei haben auch diesmal die perfekten Ferien-Buchtipps parat.

Mit Maria Theresia auf Du und Du

Biografien können inhaltsschwer, allerdings auch etwas spröde sein. Doch davon kann bei Gudrun Fuchs’ Buchtipp Nummer eins keine Rede sein: Die Bücherei-Leiterin empfiehlt Elisabeth Badinthers Buch „Maria Theresia“ (Zsolnay Verlag, 24 Euro). Viele sehen in der Habsburger Monarchin die faszinierendste Herrscherin der Geschichte. Unerfahren, wie sie mit 23 Jahren war, gelangte sie auf den Thron, sie setzte sich mit sicherem Gespür gegen viele Widerstände durch und hat mit großem strategischem Geschick „dem Thron und ihrem Geschlecht Ehre gemacht“, wie ihr sogar Friedrich II. von Preußen, der ihr in herzlicher Abneigung verbunden war, bescheinigt hatte. „Es ist nicht leicht, die Lebensgeschichte einer so schillernden und facettenreichen Persönlichkeit in einer Biografie darzustellen“, weiß Gudrun Fuchs. „Elisabeth Badinther ist Historikerin und Feministin, und sie hat mit Erfolg versucht, zu zeigen, wie diese außergewöhnliche Frau ihren eigenen Weg in einer männlich dominierten Welt gefunden hat. Dieses Buch ist inhaltsschwer und liest sich trotzdem ausgesprochen leicht.“

Dasselbe kann Gudrun Fuchs auch von ihrem zweiten Buchtipp sagen: Dmitrij Kapitelmans Roman „Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters“ (Hanser Berlin, 20 Euro). Kann ein Buch über eine Vater-Sohn-Beziehung, über eine Identitätssuche, über Entwurzelung, Rassismus und Judentum die richtige Urlaubslektüre sein? Die Bücherei-Leiterin antwortet mit einem klaren Ja. Der Autor, der als Kind aus Kiew nach Deutschland kam, erzählt vom Neubeginn in Leipzig und davon, wie sich sein Vater in der neuen Umgebung zu arrangieren versuchte und sich dabei mehr und mehr selbst verloren hat. Um den Vater seiner Kindheit wiederzufinden, reist er mit ihm nach Israel, wohin die Familie eigentlich auswandern wollte. Und wo noch eine Menge Wertsachen warten sollen, die ein Freund der Familie aus Kiew dorthin mitgenommen hat. Für Vater und Sohn wird es ein Weg der (Selbst-)Erkenntnis. „Der Roman ist auch die Suche nach Heimat“, sagt Gudrun Fuchs. „Ob und wie die beiden sie finden, wird nicht verraten. Meine Empfehlung: Unbedingt lesen!“

Man muss nicht weit fahren, um den Urlaub zu genießen - wer einen eigenen Garten hat, kann auch dort schöne Ferien erleben. Man kann es aber auch clever machen und die Ferien in anderer Leute Gärten erleben. Als Wegweiser empfiehlt Bibliothekarin Irmgard Hoch den großartigen Bildband „Romantische Gartenreisen in Deutschland“ (Callwey-Verlag, 39.95 Euro): Die Autoren empfehlen neun Touren durch Deutschland, auf denen sie in besonders liebevoll gestalteten Gartenparadiesen Station machen: Manche sind privat, andere öffentlich, manche sind bekannt, und andere erweisen sich als Geheimtipps. Dazu gibt es zahlreiche Empfehlungen zu weiteren besuchenswerten Orten und Sehenswürdigkeiten in der Umgebung und natürlich ganz praktische Ratschläge, um die Reise zu planen. „Mit seinen ausführlichen Informationen und seinen vielen stimmungsvollen Bildern ist dieser Prachtband ein Muss für jeden Gartenreisenden“, betont Irmgard Hoch.

Wer Krimis mag, sollte sich Irmgard Hochs zweiten Ferien-Buchtipp etwas genauer anschauen: Maria Dries’ „Der Kommissar und der Tote von Gonneville“ (Aufbau-Verlag, 9.99 Euro). Früher war Philippe Lagarde ein angesehener Kommissar - nun will er den Ruhestand mit seiner Freundin in der Normandie genießen. Doch seine Spürnase kitzelt ihn, als im Wald von Gonneville ein Mord geschieht: Ein Großindustrieller und seine Verlobte wurden auf einem Hochsitz getötet. Weil die örtliche Polizei im Dunkeln tappt, bittet sie Lagarde um Hilfe. „Dieser Roman ist locker-leicht zu lesen und überrascht mit einer unerwarteten Auflösung“, verrät Irmgard Hoch. „Genau die richtige Urlaubslektüre.“

Bedrohliche Zukunftsvisionen

Für Bibliothekarin Elke Ebner darf es im Urlaub gerne gehaltvolle Lektüre sein - wie Jay Tucks Buch „Evolution ohne uns“ (Plassen-Buchverlage, 19.99 Euro), das provokativ fragt: „Wird künstliche Intelligenz uns töten?“ Unmerklich drängt sich intelligente Computersoftware immer tiefer in Aufgaben, die früher den Besten vorbehalten waren. Und man kann sich durchaus fragen, ob uns Bits und Bytes irgendwann den Rang ablaufen, weil wir ihnen sogar folgenschwere Entscheidungen überlassen. So lange, bis der Mensch überflüssig wird? Für Elke Ebner ist das „ein ganz großes Thema, das von vielen unterschätzt wird“. Deshalb empfiehlt sie Jay Tucks Buch, das uns vor Augen führt, worauf wir uns da einlassen: „Beim Lesen sind mir schlimmste Zukunftsvisionen eingefallen, über die man vor einigen Jahren im Kino noch den Kopf geschüttelt hat. Wenn wir nicht aufpassen, werden sie Realität. Denn es ist später, als viele denken“, gibt die Bibliothekarin zu bedenken.