Sie werben gerne für die kommende Kirchenwahl: (von links) Dekanatsreferentin Barbara Strifler, der stellvertretende Dekan Volker Weber, Dekanatsreferentin Simone Jäger, Dekan Paul Magino. Foto: Peter Dietrich - Peter Dietrich

Im Landkreis sind 101.533 Katholiken am 22. März zur Kirchenwahl aufgerufen. Erstmals sollen Neuerungen der Kirchengemeindeordnung zum Tragen kommen.

Kreis EsslingenAm 22. März wählen die Katholiken ab 16 Jahren ihre Kirchengemeinderäte. In den katholisch-muttersprachlichen Gemeinden, im Landkreis Esslingen gibt es davon jeweils vier italienische und kroatische, heißen sie Pastoralräte. Dabei brauchen die Katholiken weder eine Frauen-, noch eine Männerquote: Bei der letzten Wahl im Jahr 2015 wurden im Dekanat 52 Prozent Frauen gewählt, 43 Prozent der gewählten Vorsitzenden sind Frauen. Dafür gibt es aber 2020 erstmals eine Art Jugendquote: Ziel ist, dass in jedem Gremium zwei Vertreter bis zu 27 Jahren sitzen. „Viele junge Erwachsene denken sehr politisch“, sagt die Dekanatsreferentin Simone Jäger. Doch es gebe Rückmeldungen aus den Gemeinden, sie seien als Kandidaten gar nicht so einfach zu finden.

Für diese Wahl gilt erstmals die neue Kirchengemeindeordnung. Aus dem „Zweiten Vorsitzenden“ der Kirchengemeinde ist der „Gewählte Vorsitzende“ geworden, der gemeinsam mit dem Pfarrer, dem Vorsitzenden kraft Amtes, auf Augenhöhe eine Doppelspitze bildet. Das soll nun auch der Name ausdrücken. Auch die Aufgaben des Gremiums wurden neu formuliert, es soll nun auch strategisch denken und sich um die Kirchenentwicklung kümmern. „Er soll nicht nur den Betrieb verwalten“, sagt Dekan Paul Magino. „Er soll auch überlegen, was man Altes lassen und Neues anfangen soll.“ Für Jäger ist die Tendenz klar: „Es geht hinein in den Sozialraum, rein in die Quartiersentwicklung. Es gibt den Trend, in der Stadt zu wirken.“ Damit die neue Ordnung nicht nur auf dem Papier steht, gibt es für alle Gewählten eine Schulung am „Tag der Räte“.

In der Diözese Rottenburg-Stuttgart liegt das Haushaltsrecht der Kirchengemeinde beim Kirchengemeinderat, auf Diözesanebene beim Diözesanrat. „Dieses ‚Rottenburger Modell‘ ist weltweit einmalig“, sagt Magino. Sei einem Kirchengemeinderat die Kirchenmusik sehr wichtig, könne das Gremium, sofern die Finanzen der Gemeinde es erlauben, dafür eine eigene Stelle schaffen. Es könne auch einen Jugendreferenten anstellen. So sei sich der Kirchengemeinderat sicher, dass sein Anliegen oder Projekt nicht an einem anderen Gremium scheitere, dass ihm sage, dafür gebe es kein Geld. Ein weiteres wichtiges Thema der kommenden Jahre sind die Immobilien: Manche schrumpfende Gemeinde hat zu viele und damit teure Räume und muss ihren künftigen Bedarf klären.

Was ebenfalls neu ist: Die Vorsitzenden der Sachausschüsse sind nun ständiges Mitglied im Kirchengemeinderat, wenn auch ohne Stimmrecht. Diese Vorsitzenden müssen nicht zwingend katholisch sein. Wenn wir schon bei den Kriterien sind: Bis zu 40 Prozent der Kirchengemeinderäte dürfen in einer anderen Kirchengemeinde wohnen, auch Wiederverheiratete und Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen dürfen katholische Kirchengemeinderäte werden. Die Untergrenze, wie viele Kandidaten mindestens ins Gremium gewählt werden müssen, wurde gesenkt. „Viele Gemeinden nutzen das aber gar nicht aus und wählen weiterhin mehr Leute, etwa zwölf statt acht“, sagt der stellvertretende Dekan Volker Weber. Das habe einen ganz praktischen Grund, so verteile sich die Arbeit auf mehr Köpfe.

Kandidaten können sich melden

Kandidaten können sich bis 2. Februar im Pfarramt melden. Gibt es bis dahin nicht genügend Kandidaten, gibt es eine Nachfrist. Manche Gemeinden bekommen nur genau die nötigen Kandidaten zusammen, dann gibt es eine reine Bestätigungswahl. Manche schaffen aber auch das nicht: Bei den vergangenen Wahlen war das im Landkreis bei sechs von 32 deutschsprachigen und zwei von acht muttersprachlichen Gemeinden der Fall. Dann wird ein Vertretungsgremium eingesetzt, in der Regel der bisherige Kirchengemeinderat. Die Wahl muss dann innerhalb eines Jahres nachgeholt werden. „Es wurde schon überlegt, die Legislaturperiode von fünf Jahren zu verkürzen“, sagt die Dekanatsreferentin Barbara Strifler. „Aber viele Themen sind komplex, da muss sich jemand zuerst einarbeiten.“

Mit etwa zehn Sitzungen im Jahr muss ein Kandidat rechnen, in kleineren Gemeinden etwas weniger. Wer vom Kirchengemeinderat in den Dekanatsrat und vielleicht sogar von dort weiter in den Diözesanrat entsendet wird, auf den wartet natürlich noch etwas mehr Arbeit. Er werde aber eines erfahren, da sind sich der Dekan, sein Stellvertreter und die beiden Dekanatsreferentinnen völlig einig: Es gebe viel Spielraum. Viel mehr, als manche Leute den Katholiken zutrauen würden.