Franziska Bollinger mimt den barmherzigen Heiligen und führt mit ihrer Haflingerstute den Laternenumzug an. Foto: Krytzner Quelle: Unbekannt

Von Thomas Krytzner

Das Nieselwetter am Martinstag konnte Kinder und Eltern nichts anhaben. Zur Einstimmung auf den Martinsritt versammelten sie sich zunächst im Münster Sankt Paul. Nach dem gemeinsamen „Vater Unser“ konnten die Kinder endlich die Kerzen in den Laternen anzünden respektive einschalten. Denn mittlerweile gibt es fast nur noch LED-Kerzen - nicht zuletzt wegen der Brandgefahr. Die Ministranten führten die Teilnehmer aus der Kirche und dort warteten bereits Ross und Reiter: Franziska Bollinger mimte den Heiligen Martin und ihre dreizehn Jahre alte Haflingerstute trug sie durch die Altstadt.

Es war ein beschauliches Bild, als sich der Tross für den Martiniritt beim Münster in Bewegung setzte. Vorne Martin in seinem langen, roten Samtmantel und hinter ihm hunderte Lichter und Laternen. Viele Kinder hatten eigens für diesen Anlass eine Laterne selber gebastelt.

Die Barmherzigkeit war wiederholt Thema beim Martiniritt. Der Namensgeber ist einer der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche. Eine kleine Geste sorgte vor rund 650 Jahren für einen Wandel im Glauben. Bei einem Ritt durch die Stadt kam Martin ein frierender Bettler entgegen. Martin zeigte sich barmherzig, zerteilte seinen Mantel und gab dem Bettler die eine Hälfte. Damit waren die Weichen der Kirche neu gestellt und die Barmherzigkeit hielt Einzug. Und genau diese Handlung hat sich im Lauf der Jahre zu einer Schlüsselszene in der Martinsgeschichte entwickelt. Sie war auch der Höhepunkt des diesjährigen Martiniritts.

Vom Münster Sankt Paul aus ging es zunächst an den mittelalterlichen Gebäuden entlang des Marktplatzes zum ersten Zwischenstopp. Nach einem von Blasmusik begleiteten, gemeinsamen Lied hörten die Kinder den Hauptteil der Heiligengeschichte, die von Mitgliedern der katholischen Gemeinde nachgespielt wurde. Just in dem Moment, als Martin den halben Mantel an den Bettler übergab, streckten die Kinder ihre Laternen in die Höhe und die Kirchenglocken begannen zu läuten. Das hatte schon fast etwas Weihnachtliches.

Als schließlich die traditionellen Martinsbrezeln an die Mädchen und Jungen verteilt wurden, zeigten die, dass sie gut aufgepasst hatten. Denn sie teilten die Brezeln untereinander auf. „So schmecken sie noch viel besser“, meinten die Kinder.