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Jedes Jahr schlägt der Zünsler von Neuem zu und frisst die Buchsbäume kahl. Jetzt geben sich die Gärtner dem kleinen Falter geschlagen und greifen zu Alternativen. Besonders beliebt ist die Berberitze.

Esslingen Die kleine Raupe Nimmersatt frisst sich durch einen Apfel, zwei Birnen und drei Pflaumen. Dank der Hauptfigur aus Eric Carles gleichnamigem Bilderbuch von 1969 haben Generationen kleiner Kinder nicht nur das Einmaleins und Obstsorten kennen gelernt, sondern das Insekt auch in ihr Herz geschlossen. Genauso gefräßig, aber weniger possierlich als in der Fiktion sind diese Tiere in der Realität. Ein Lied davon singen können die Hobby- und Profigärtner auch in Esslingen. Seit fünf Jahren führen sie Krieg gegen den Buchsbaumzünsler. Jetzt geben sie sich dem ostasiatischen Falter geschlagen und suchen Ersatz für den Buchsbaum, dessen Anbau in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert belegt ist.

Lange Zeit waren Buchsbäume beliebt in Renaissance- und Barock-Gärten, aber auch in modernen Anlagen. Dort dienten sie als niedrige Hecken zur Einfassung von Beeten, als zurechtgestutzte Kugeln und Kegel zur Zier, als Sichtschutz und zur Abgrenzung. Denn die kleinen Sträucher sind immergrün, robust und pflegeleicht. Doch die Blütezeit der Zierpflanze gehört nun der Vergangenheit an. „Mit dem Thema Buchsbaum bin ich durch“, erklärt Christel Schäfer resigniert. Die Vorsitzende des Kreisverbands der Obst- und Gartenbauvereine Esslingen hat im vergangenen Jahr alle 350 Buchse in ihrem Garten gerodet – beziehungsweise das, was nach dem Befall durch den Buchsbaumzünsler davon übrig geblieben war.

Keine Fressfeinde

Dabei schaut der Zünsler eigentlich ganz harmlos aus: ein kleiner Falter mit weiß gefüllten und braun gerahmten Flügeln. Ursprünglich in Ostasien heimisch, wurde er vor einigen Jahren über Pflanzenimporte nach Mitteleuropa eingeschleppt. Von der Rheinebene aus eroberte der Schädling Südwestdeutschland, mittlerweile breitet er sich auch in Bayern, Österreich, der Schweiz, Frankreich und den Niederlanden aus. Seine Eier legt der Schmetterling an den Blättern des Buchsbaums ab. Daraus schlüpfen grasgrüne Raupen mit schwarz-weißen Seiten-Streifen. Eine Raupe frisst pro Tag gut 45 Blätter. Auch vor der Rinde machen die Tiere nicht Halt.

Bis zu vier Generationen entwickeln sich pro Jahr. Es braucht nicht viel Vorstellungskraft, sich den Zustand der Buchse nach solchen Fressattacken auszumalen. „Innerhalb von zwei, drei Tagen ist der Baum kahl gefressen“, beklagt Schäfer. „Das Theater mache ich nicht mehr mit.“ Jetzt schaut sich die Hobbygärtnerin nach Alternativen um.

Die Waffen gestreckt hat auch Florian Pietsch. Der Gärtnermeister vom Grünflächenamt Esslingen erhält Buchsbäume nur noch in historischen Parks und Kübeln an exponierten Stellen am Leben. Dort werden die Pflanzen regelmäßig auf Ungeziefer untersucht, mit Pflanzenschutzmitteln gespritzt und notfalls durch gesunde Bäume ersetzt. Diese Pflege ist derart , dass sie nur noch wenigen Pflanzen zuteil wird. Dauerhaften Erfolg verspricht sie ohnehin nicht, denn dem Zünsler kommen weder Hobby- noch Profigärtner wirklich bei.

Die rasante Verbreitung des eingewanderten Falters wird hierzulande nicht durch natürliche Fressfeinde gebremst, darin besteht das eigentliche Problem. „Vögel trauen sich nicht ran an das Insekt“, erklärt Pietsch. „Denn in seinem Körper lagert es die Giftstoffe des Buchsbaums ein, die es mit der Nahrung aufnimmt.“

Buchsbaum inzwischen unbeliebt

Schützenhilfe erhält Pietsch von Walter Bräuninger. In seiner Baumschule Hofgut Sirnau hat Bräuninger den Buchsbaum vor vier Jahren aus dem Sortiment genommen. Der Grund: Wegen der rasanten Verbreitung des Zünslers sei die Nachfrage nach der Pflanze eingebrochen. Empfehlen könne er den Strauch nicht mehr. „Denn damit handelt sich der Kunde nur Probleme ein“, warnt Bräuninger.

Empfohlen wird gemeinhin, die Larven vom befallenen Buchs abzupflücken. Doch davon hält Bräuninger wenig: Das sei nicht nur aufwendig und ekelig, man erwische auch nicht alle und zerstöre bei der Suche nach den kleinen Übeltätern die Form des Zierbaums. Pflanzenschutzmittel wirken laut Bräuninger auch nur bedingt, denn sie müssen „zur rechten Zeit“ gespritzt werden, wenn die ersten Larven auftauchen. Die sind jedoch leicht zu übersehen, weil sie sich im Innern des Laubs verstecken.

Darum setzt Baumschulinhaber Bräuninger auf Alternativen, ebenso wie die Hobbygärtnerin Schäfer und der Gärtnermeister Pietsch. Die Japanische Stechpalme steht ganz oben auf der Favoritenliste, auch Berberitze, Heckenmyrte, Thuja, Wacholder und Kiefer finden sich dort. Laut Bräuninger kann die neue Experimentierfreude auch für positive Überraschungen sorgen: „Anders als der Buchsbaum verändern sich viele Pflanzen im Jahresverlauf – manche bilden im Frühling bunte Triebe, andere verfärben sich im Herbst.“