Die Überlegungen, die Stadtbücherei eventuell im Gemeindehaus am Blarerplatz unterzubringen, haben in Esslingen für einigen Wirbel gesorgt. Foto: Bulgrin

Von Alexander Maier

Für die Esslinger Stadtbücherei soll es nun ernst werden: Noch vor der Sommerpause möchte der Gemeinderat über den künftigen Standort der Bibliothek entscheiden und damit die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen. Bislang waren das aktuelle Domizil im Bebenhäuser Pfleghof an der Heugasse, ein Neubau zwischen Kies- und Küfer-straße und das Gemeindehaus am Blarerplatz im Rennen. Nun kommt unversehens ein vierter Standort ins Spiel: Grüne, CDU, Freie Wähler, SPD und FDP wollen von der Stadtverwaltung prüfen lassen, ob ein Neubau im Bereich der Küfer-straße 13 und 13/1 überhaupt in Betracht kommen könnte. Noch ist dieser Gedanke mit vielen Fragezeichen versehen, zumal die betreffenden Flächen in Privatbesitz sind. Doch die Antragsteller nehmen für sich in Anspruch, alles dafür zu tun, dass am Ende die bestmögliche Lösung für die Bücherei zum Zuge kommt.

Jahrelang schien es, dass der Bebenhäuser Pfleghof in der Heugasse 9 auf lange Sicht der Sitz der Bibliothek bleiben sollte: Zwar ist der Investitionsstau in dem historischen Gebäude immer weniger zu übersehen, und auch der Platz ist mit den Jahren angesichts stetig wachsender Anforderungen knapp geworden, doch mit dem Nachbarhaus Heugasse 11 ist seit vielen Jahren eine Erweiterungsfläche in städtischem Besitz - diverse Ausbaukonzepte liegen bereits in der Schublade. Doch mittlerweile ist klar, dass sich viele im Rathaus auch mit einem anderen Standort anfreunden könnten. Die Frage, was dann aus dem historischen Bebenhäuser Pfleghof werden soll, blieb bislang unbeantwortet. Und so wird mittlerweile in der Stadt munter spekuliert, dass ein Verkauf des Gebäudes für manchen Kommunalpolitiker kein Tabu wäre.

Immer neue Varianten im Gespräch

Alternative Standorte waren in den vergangenen Jahren immer wieder ins Gespräch gebracht worden - etwa im Bereich des alten Omnibusbahnhofs. Zuletzt hatte die CDU-Ratsfraktion einen Neubau zwischen Kies- und Küferstraße angeregt, doch auch der hat bereits Konkurrenz bekommen: das evangelische Gemeindehaus am Blarerplatz, über dessen Verkauf in Kirchenkreisen nachgedacht wird. Hinter den Kulissen hatte die Stadtverwaltung diese Variante schon ziemlich weit vorangetrieben, doch als die Überlegungen publik wurden, regte sich allenthalben Widerstand - nicht nur in Kirchenkreisen, sondern auch in der Kultur, die um einen unverzichtbaren Veranstaltungsort fürchtet. Bis Ende Juni soll sich die evangelische Gesamtkirchengemeinde erklären, ob sie verkaufen würde. Doch die vielstimmig vorgetragenen Bedenken scheinen Wirkung zu zeigen. Auch wenn die Kommunalpolitik immer für Überraschungen gut ist, gehen Kenner der Szene davon aus, dass die Liste der Bedenken gegen das Gemeindehaus am Blarerplatz als neuem Bücherei-Standort bei genauerer Prüfung eher länger geworden ist.

Auch das soll ein Grund dafür gewesen sein, dass sich die Esslinger Ratsfraktionen auf einen gemeinsamen Antrag verständigt haben, mit der Küferstraße 13 eine weitere Variante zumindest zu prüfen. Ob die Eigentümer überhaupt an einen Verkauf denken würden und ob sich das Gelände tatsächlich für einen Bücherei-Neubau eignen würde, steht derzeit noch in den Sternen. Zu klären ist auch, ob ein Neubau an der Küferstraße tatsächlich günstiger und schneller zu realisieren wäre als eine Sanierung des Bebenhäuser Pfleghofs. Immerhin wäre auch die neue Variante ein Beitrag zur Aufwertung der östlichen Altstadt, eine Baulücke ließe sich schließen, und durch die Nähe der Bibliothek zur städtischen Musikschule wären interessante Synergien denkbar.

Nun ist es an der Stadtverwaltung, alle Aspekte zu prüfen. Rathaus-Sprecher Roland Karpentier mag sich zu diesem Gedanken nicht äußern. Auf Nachfrage erklärt er immerhin: „Wenn wir vom Gemeinderat einen Prüfauftrag erhalten, kommen wir dem selbstverständlich nach. Unsere Fachleute haben bereits mit der Prüfung begonnen. Wir wollen dem Gemeinderat so schnell wie möglich alle Daten und Fakten zu den verschiedenen Standort-Optionen vorlegen.“ In der Kulturausschuss-Sitzung am 21. Juni wird die Standort-Entscheidung zur Bücherei nicht auf der Tagesordnung stehen, doch bereits am 26. Juni tagt der Betriebsausschuss der Städtischen Gebäude Esslingen (SGE), am 28. Juni folgt der Ausschuss für Technik und Umwelt, Anfang Juli könnte dann der Gemeinderat am Zug sein. Roland Karpentier mag nicht ausschließen, dass die Grundsatzentscheidung über den künftigen Standort der Esslinger Stadtbücherei trotz der neu hinzugekommenen Variante noch vor der Sommerpause fällt. Doch auch da hält er den Ball flach: „Wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, werden wir den weiteren Fahrplan mit dem Gemeinderat abstimmen.“