Geschäftsführerin Nathalie Paule freut sich auf Esslingen Foto: Bulgrin - Bulgrin

Gegen den Willen der Verwaltung hat der Gemeinderat dem Logistikdienstleister Paule grünes Licht für einen Umzug nach Esslingen gegeben.

EsslingenAuf dem Delmag-Areal an der Max-Planck-Straße tut sich etwas. In den vergangenen Wochen ist hier schweres Gerät aufgefahren worden: Im Hof stehen inzwischen große Laster und riesige Krane der Firma Paule, die von Obertürkheim in die Esslinger Neckarwiesen zieht. Der Logistikdienstleister musste schnell eine neue Bleibe finden, weil sein Mietvertrag am angestammten Standort kurzfristig gekündigt wurde. Bei Paule freut man sich auf Esslingen – doch am neuen Standort gibt es auch Vorbehalte.

Logistikfirmen werden hier skeptisch betrachtet. Man hat schlechte Erfahrungen gemacht, etwa im Hinblick auf das vor einigen Jahren in der Pliensauvorstadt geplante und schließlich durch Bürgerproteste verhinderte Logistikzentrum von Daimler oder wegen der Geheimniskrämerei um das neue Logistikzentrum in Sirnau. Auch im Rathaus war man nicht scharf auf die Ansiedlung von Paule: Logistiker brächten zu wenig Arbeitsplätze auf den wertvollen Gewerbeflächen, die ohnehin viel zu knapp seien in Esslingen, hieß es. Oberbürgermeister Jürgen Zieger versuchte in der entscheidenden Gemeinderatssitzung im November noch, den Umzug der Firma nach Esslingen zu verhindern – vergeblich. Das Stadtparlament stimmte mit breiter Mehrheit für die Ansiedlung des Unternehmens Paule GmbH & Co KG.

Bei Paule zeigt man sich verwundert über die Vorbehalte. „Wir sind kein Logistiker“, sagt Geschäftsführer Rainer Schmid – jedenfalls nicht nur und nicht im klassischen Sinne. Denn weder verursache man viel Verkehr am Firmensitz, noch biete man minderwertige Arbeitsplätze. Geschäftsführerin Nathalie Paule erklärt: „Wir haben etwa 25 Fahrzeuge, also Lastwagen und Krane – aber wenn wir 25 Fahrzeugbewegungen am Tag haben, ist das viel.“ Denn oft befänden sich die Fahrzeuge über Wochen nicht auf dem Gelände. Montagekrane etwa würden zu Beginn eines Projekts zum Kunden geschickt und kämen nach Projektende wieder zurück. Auch mit gigantischen Schwertransporten wie etwa von Schiffen oder Flugzeugen sei in Esslingen kaum zu rechnen: Man plane zwar solche Transporte, doch die Fahrzeuge würden dann dorthin beordert, wo sich die Ladung befinde, transportierten sie ans Ziel und kämen wieder zurück.

Der Großteil der Arbeit bei Paule bestehe aus Planung und Koordination – also aus Schreibtischarbeit, so Nathalie Paule. Großprojekte wie etwa der vor Kurzem über die Bühne gegangene Airbustransport müssten monate-, teils gar jahrelang vorbereitet werden – und zwar von hochqualifiziertem Personal. „Unsere Arbeit ist so komplex, dass wir eigentlich nur Studierte oder Leute mit Fachausbildung anstellen“, sagt Paule. Im Übrigen sei die Projektspedition mit Schwertransporten nur ein kleiner Teil im Portfolio ihrer Firma. Darüber hinaus biete Paule den Kunden Mobilkrane zum Heben schwerer Lasten. Der größte Geschäftsbereich sei aber der Bereich der Montage: Bei Revisionen oder Maschinenumzügen baue man die Maschinen erst ab und anschließend wieder auf, erklärt Paule.

Noch werden die Arbeiten jedoch von den Büros in Obertürkheim aus erledigt. Denn auf dem Delmag-Areal muss sich noch einiges tun, bis Paule endgültig umziehen kann. Es müssen noch Material und Maschinen von Delmag abtransportiert werden, zudem will Paule die Büros in den Bestandsgebäuden von Grund auf sanieren. Vorerst soll auf dem Gelände nicht neu gebaut werden, die bestehenden Flächen reichen aus. Es gibt sogar Kapazitäten für weitere Firmen: Die Verhandlungen mit zwei Esslinger Betrieben, die sich bei Paule einmieten wollen, sind laut Geschäftsführer Schmid so gut wie abgeschlossen. Dabei handelt es sich um ein Maschinenbauunternehmen und eine Firma für Messtechnik. Es ist allerdings auch im städtebaulichen Vertrag, den Stadtverwaltung und die Firma Paule unterzeichnet haben, vorgesehen, dass auch andere Firmen auf dem Gelände unterkommen. Weitere Logistikunternehmen hat das Rathaus in dem Vertrag aber ausgeschlossen.

Langfristig kann sich Paule auch noch weitere Mieter auf dem Areal vorstellen – etwa auf der bis jetzt noch freien Entwicklungsfläche. Das ist ganz im Sinne der Stadtverwaltung – die darauf hofft, dass dort sehr arbeitsplatzintensive Betriebe angesiedelt werden. „Wir wünschen uns mehrere hundert Arbeitsplätze hier. Das wäre auch möglich auf der Fläche, aber es kommt natürlich darauf an, welche Unternehmen sich ansiedeln“, sagt der der Erste Bürgermeister Wilfried Wallbrecht.

Geschäftsführer Schmid betont allerdings, dass bis dato noch völlig unklar sei, was auf der Entwicklungsfläche passieren soll. „Wir müssen jetzt erstmal unsere Hausaufgaben machen“, sagt er – sprich, alle Unterlagen für die Baugenehmigung einreichen, alle Auflagen erfüllen, Gebäude sanieren und den Umzug stemmen. Wann genau dieser über die Bühne gehen soll, steht noch nicht fest. Klar ist aber, dass die Firma Paule alles daran setzen will, noch in diesem Jahr vollständig nach Esslingen umzusiedeln. Bis jetzt stehen lediglich die Fahrzeuge von Paule bereits auf dem Delmag-Areal, weil das Abstellgelände in Obertürkheim zwingend zum Jahreswechsel geräumt werden musste. Die Stadt hat dem Unternehmen eine entsprechende Duldung erteilt, obwohl die Baugenehmigung noch nicht erteilt ist. Das sei eine große Erleichterung, sagt Schmid.

Esslinger Firmen als künftige Mieter

Arbeitsplätze: Die Paule GmbH & Co KG hat derzeit rund 100 Mitarbeiter, die künftig auch am neuen Standort auf dem Delmag-Areal arbeiten werden. Die rund 18 500 Quadratmeter große Fläche an der Ecke Max-Planck-Straße/Zeppelinstraße im Industriegebiet Neckarwiesen kann allerdings nicht allein von dem Logistikdienstleister bespielt werden – und soll es nach dem Willen der Stadt auch nicht. Mit zwei potenziellen Mietern – beides Firmen aus Esslingen – sind die Verträge schon so gut wie in trockenen Tüchern. Vermutlich werden diese insgesamt weitere 40 Arbeitsplätze bieten. Auch bei künftigen Mietern wolle man Esslinger Unternehmen bevorzugt behandeln, betont man bei Paule.

Firma: Die Firma Paule wurde im Jahr 1918 vom Weingärtner Hermann Paule in Obertürkheim gegründet. Eine ganz neue Welt sei Esslingen für sie aber nicht, betont Geschäftsführerin Nathalie Paule: Die Esslinger Firma Schaak ist ein Tochterunternehmen von Paule.