Es ist angerichtet: gutes Essen und gute Gespräche bei der Vesperkirche. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Der Weg bis zur Vesperkirche ist derzeit wegen der vielen Baustellen verwirrend. Wer es aber geschafft hat, den erwartet in der Frauenkirche bis 7. April eine warme Mahlzeit.

EsslingenGemeinsam an einem Tisch“, heißt es nun zum elften Mal. Doch heuer gleichen die Wege zu den gedeckten und mit Tulpen geschmückten Tischen in der Frauenkirche einem verschlungenen Labyrinth. Angesichts der vielen Baustellen hat der Projektleiter der Vesperkirche Bernd Schwemm bereits im Vorfeld veranlasst, das Menü nicht wie all die Jahre zuvor werktags von der Daimler- Kantine liefern zu lassen: Es könnte zu Verspätungen kommen. In den kommenden drei Wochen sorgt daher ausschließlich die Küche des Geriatrischen Zentrums Kennenburg für eine warme Mittagsmahlzeit. Die Vesperkirche versteht sich aber auch als Ort der offenen Begegnung. Dekan Bernd Weißenborn hofft daher, dass die Stadt wie versprochen in den nächsten Tagen für eine bessere Ausschilderung sorgt. Immerhin handele es sich um eines der größten Ehrenamtsprojekte in der Stadt. Zur Eröffnung am Sonntag sah man nämlich einige Besucher etwas ratlos herumirren oder fast halsbrecherisch die stark befahrene Straße überqueren. Dennoch freute sich Weißenborn, dass der ökumenische Gottesdienst zur Eröffnung besser besucht war als letztes Jahr. Die Vesperkirche wird von der evangelischen Gesamtkirchengemeinde und dem Kreisdiakonieverband in Kooperation mit der katholischen Kirche, der evangelisch-methodistischen Kirche sowie der Caritas Fils-Neckar-Alb gestemmt.

Rund 600 Ehrenamtliche, darunter 40 Flüchtlinge, haben sich gemeldet, um die Gäste in der Frauenkirche zu bedienen. „Es wird zu viel geredet und zu wenig gehandelt“, meinte Weißenborn in seiner Predigt und stellte den Glauben und die Tat als die beiden Seiten einer Medaille heraus: „Gutes tun, einander wahrnehmen, zusammen sein und miteinander reden“, das mache die Vesperkirche aus. Die Ursachen der Armut ändere man zwar nicht, aber man gebe ein Stück Menschlichkeit mit auf den Weg. Die Armut schleiche sich angesichts horrender Mieten inzwischen als ungebetener Gast auch in die Familien ein, weiß der Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbandes Eberhard Haußmann. Und eins war den Protagonisten des launigen Gottesdienstes noch wichtig: Die Vesperkirche ist ebenso ein Projekt gegen Rassismus und Menschenverachtung.

Seit November drehen sich die Mühlen für die Organisation der Vesperkirche verstärkt. Sorge hatte im Vorfeld nicht nur die vielen Baustellen, sondern auch die schleppende Zusage von Kuchenspenden gemacht. Es sind schlussendlich am Sonntag doch 70 geworden und die Vielfalt der süßen Verführungen war enorm. Kaum war die Kerze, die die Gäste des Vinzenztreffs heuer mit dem Schriftzug „Guten Appetit“ in verschiedenen Sprachen gestaltet hatten, angezündet und der Gottesdienst beendet, stürmten die ersten Besucher bereits die Kuchentheke, bevor das Menü überhaupt serviert wurde. Dort hatte der Syrer Jamal Ayman letztes Jahr Hand in Hand mit First Lady Gerlinde Kretschmann süße Stückle ausgeteilt und war jetzt wieder mit dabei: „Mir macht es Spaß und ich habe viele Freunde gefunden“. Die Ehrenamtlichen in der Vesperkirche sind wie eine Familie, fügte Eva Röcker an. Über die Ehrenamtsbörse ist Tatjana Link aus Neuhausen zum Servieren in der Frauenkirche gekommen: „Die Atmosphäre ist gut und ich mache was Sinnvolles“, sagte die 30-Jährige. Eine Seniorin aus Esslingen, die seit Anbeginn dabei ist, hat am Tisch der Namensgeberin Bertha von Suttner Platz genommen. Jeder Tisch wird nämlich mit Namen von herausragenden Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Religionen und Kulturen ausgestattet. Dieses Jahr kommen noch Fotos von der Reise des „runden Tisches“, der an 32 Stationen Halt gemacht hat, hinzu.

Die Vesperkirche in der Frauenkirche ist bis 7. April täglich von 11.30 bis 14.30 Uhr geöffnet.