Begehrte Stadtführungen in der Esslinger Innenstadt. Foto: Weller - Weller

Beim Tag des offenen Denkmals entdeckten viele Esslinger und auch Touristen ansonsten verschlossene Sehenswürdigkeiten der Esslinger Altstadt.

EsslingenDie Europäische Union hat das Jahr 2018 zum Europäischen Jahr des Kulturerbes erklärt. Entsprechend stand der Tag des offenen Denkmals am Sonntag unter dem Motto „Entdecken, was uns verbindet“. Damit sollten die historischen und architektonischen und auch die kulturellen Verbindungen zwischen den Epochen und den Völkern beleuchtet werden. 57 Stadtrundgänge, Objektführungen, Besichtigungen und spezielle Angebote für Kinder standen dazu in Esslingen auf dem Programm. Viele der Angebote waren sehr gut besucht, manche sogar frühzeitig ausgebucht.

In diesem Jahr sei der Denkmaltag unter dem besonderen Aspekt konzipiert worden, dass Städte schon immer unterschiedliche Menschen und Kulturen zusammengebracht haben, sagte Oberbürgermeister Jürgen Zieger zur Eröffnung des Denkmaltags am Sonntag auf dem Marktplatz. „Das prägt unsere Städte und ist ein Ausdruck der Vielfalt, der sich auch im baulichen Erbe der Stadt niederschlägt“, betonte Zieger.

200 Helfer, Historiker und Architekten, Stadtführer und Künstler, Handwerker und Ehrenamtliche aus Kirchengemeinden hatten ein breit gestreutes Programm mit 57 Angeboten erarbeitet. Führungen zu architektonischen Brückenschlägen zwischen dem Spätmittelalter und der Neuzeit waren ebenso darunter wie Besichtigungen von Orten, die kulturelle Bögen schlagen. Hausbesitzer, Vereine und Initiativen hatten sonst verschlossene Orte zur Besichtigung geöffnet.

Etwa 1000 Teilnehmer diverser Stadtführungen und Besichtigungen hatten sich zur Eröffnung auf dem Marktplatz versammelt. Wie Sibel Bilgic vom Esslinger Stadtmarketing erzählte, waren einige von ihnen da schon seit Stunden auf den Beinen. „Seit 9 Uhr sind die Leute für Teilnahmekarten Schlange gestanden.“ Besonders begehrt waren Turmführungen und die Besichtigung des Alten Rathauses, „alle Objekte, die sonst verschlossen sind.“ Auffallend viele Touristen hätten nach Karten gefragt, darunter viele Chinesen und Amerikaner.

Eine zum Auftakt geplante Spray-Aktion am Späth’schen Haus war kurzfristig abgesagt worden. Der Künstler Thomas Baumgärtel hatte zugesagt, das Haus als Benefizaktion zur Würdigung des Gesamtkunstwerks Esslinger Altstadt mit einer Banane zur verzieren. „Er hat öffentlich damit geworben, was für ein Wohltäter er sei, und plötzlich hat er uns eine Rechnung über 5000 Euro präsentiert. Wir sind äußerst verärgert“, schimpfte Margit Bäurle von der Kinder-Biennale.

Stadtführer Wolfgang Schlotterbeck zeigte bei einer Führung am Beispiel des Behördenzentrums an der Berliner Straße, dass modernes Bauen und historischer Bestand auch im mittelalterlichen Stadtkern harmonieren können. Wichtig sei, die wesentlichen Linien und Formen des Alten aufzunehmen und so eine organische Einbindung zu erzielen. Ein Negativbeispiel sei das ehemalige Gasthaus zum Ritter an der Ecke Bahnhofstraße/Rossmarkt aus dem 19. Jahrhundert, wuchtig und dominant an ein Häuschen aus dem 17. Jahrhundert gebaut. „Eine Extremlösung, der Platznot geschuldet“, und lehrreich, wenn es um Nachverdichtung gehe.

Die Schelztorsporthalle, in den 50er-Jahren errichtet, steht laut dem Kunsthistoriker Dirk Zimmermann für ein gelungenes Beispiel, Verbindungen herzustellen. „Sie ist Ausdruck des Aufbruchsgeists dieser Zeit und stellt mit ihrem Dach eine optische und emotionale Verbindung zwischen der industriell geprägten Weststadt und der Altstadt her“, sagte er. Doch die Halle sei längst sanierungsbedürftig: „Manche Planer empfehlen sogar den Abriss dieses architektonischen Juwels.“

Die Jungen und Mädchen der Kinder-Biennale hatten sich mit einer ansprechend produzierten Broschüre am Denkmaltag beteiligt. Der rund 50 Seiten starke Stadtführer „Esslingen vertikal“ beschäftigt sich mit 17 Türmen, die die Kinder in der Stadt ausfindig gemacht hatten. Neben den Türmen der Kirchen und dem Dicken Turm sind auch das Minarett der Moschee und die in Form eines Turms gebaute Wetterstation am Schelztor dabei.

Karten für eine Besichtigung des Innenlebens des Dicken Turms waren nach kurzer Zeit vergriffen. „Das zeigt das sehr große Interesse der Bürgerschaft an den Entwicklungen“, sagte Heidi Reitenbach vom Verein der Turmwächter. Entsprechend groß war auch der Andrang am Infostand des Vereins. „Viele wollen wissen, wie es weiter geht und ob der Turm geöffnet wird für private Feiern. Da spüren wir ein starkes Bedürfnis.“