Alles Sondermüll: Das Hauptgebäude der Zollberg-Realschule ist so stark PCB-belastet, dass auch das Inventar von den Schadstoffen infiziert ist. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Der Esslinger Gemeinderat hat am Montag den Neubau der schadstoffbelasteten Zollberg-Realschule und die geplante neue Realschule in der Pliensauvorstadt auf den Weg gebracht.

EsslingenMehr Flexibilität, geringere Kosten: Die Verwaltung hatte schon vor der Klausurtagung des Esslinger Gemeinderats dafür geworben, trotz des unvorhergesehenen Neubaus der Zollberg-Realschule die bisherigen Beschlüsse zur Schulentwicklung nicht wieder komplett infrage zu stellen. Und angesichts der überlaufenden Real- und Gemeinschaftsschulen nicht noch weiter Zeit zu verlieren. Was sich nach der Klausur bereits abgezeichnet hatte, hat die Ratsrunde jetzt definitiv bei lediglich zwei Enthaltungen der FÜR-Vertreterinnen auf den Weg gebracht: Das stark PCB-belastete Hauptgebäude der Zollberg-Realschule, das teilweise zudem noch mit Lindan, PCP und Asbest beschwert ist, wird abgerissen. Dort wird ein Neubau für eine dreizügige Realschule mit der Option auf eine Erweiterung auf vier Züge geplant. Wie groß die Schule definitiv wird, entscheidet sich im vierten Quartal des kommenden Jahres. Einer ersten Kostenschätzung zufolge käme die Zollberg-Realschule dreizügig auf 14 Millionen Euro, vierzügig auf 17,7 Millionen Euro. Der Neubau soll mit dem Schuljahr 2024/2025 bezugsfertig sein.

Zugleich hat der Gemeinderat den Weg wieder frei gemacht, den Planungswettbewerb für die Neue Schule Esslingen fortzusetzen. Die wird nun definitiv als dreizügige Realschule am Standort der bisherigen Adalbert-Stifter-Schule neu gegründet. Kostenschätzung: rund zehn Millionen Euro. Die Wettbewerbsergebnisse sollen im Frühjahr vorliegen. Die neue Realschule wird zum Schuljahr 2020/2021 mit zwei Klassen an den Start gehen und im neueren Teil der Stifter-Schule zweizügig hochwachsen, bis der ergänzende Neubau bezogen werden kann. „Ab dem Schuljahr 2023/2024 können wir dann die Schule dreizügig weiterführen“, so Schulamtsleiter Bernd Berroth. Der Gemeinderat hält sich mit diesem Beschluss zugleich die Möglichkeit offen, am Standort der auslaufenden Werkrealschule in den Lerchenäckern eine weitere Realschule neu zu gründen – die das Land bereits genehmigt hat. Dass sich die Zollberg-Realschule nicht nachhaltig sanieren lässt, hatte sich schon im Sommer gezeigt. Grüne, Freie Wähler und FDP hatten deshalb nochmals eine Diskussion um die künftige Verteilung der Klassen auf alle Gemeinschafts- und Realschulen der Stadt angeregt. Die Ratsrunde hatte vor der Klausur noch mehrheitlich favorisiert, die Zollberg-Realschule und die Neue Schule Esslingen größer anzulegen sowie die Seewiesenschule zu erweitern – und stattdessen auf die umstrittene weitere Realschulgründung in den Lerchenäckern zu verzichten. Die Verwaltung warnte jedoch davor, alle Ausbauoptionen auszumosten, und wollte lieber auf Sicht fahren. Die 20,5 Züge, die man für die Real- und Gemeinschaftsschulen brauche, seien nach wie vor realistisch. Denn die Schülerzahlen würden in den kommenden Jahren deutlich zulegen. Zudem sei es schwierig, zeitnah für eine vierzügige Realschule am Standort Stifter-Schule Platz zu schaffen. Auch die Kosten sprächen für die Lösung mit einer weiteren Realschule in den Lerchenäckern: Auf 16,75 Millionen Euro schätzt die Verwaltung diese Variante, auf 24 Millionen die Ausbauvariante.

Gabriele Kienlin (Grüne) und Annette Silberhorn Hemminger (Freie Wähler) betonten, dass mit dem Abriss der Zollberg-Realschule die Verteilung der Züge an den anderen Schulen zwangsläufig noch einmal überdacht werden musste. Kienlin: „Wir hätten gerne eine große Campus-Lösung mit Kita, Grundschule und der Neuen Schule Esslingen auf dem Vfl-Post-Areal gesehen.“ Aber dafür habe es keine Mehrheit gegeben. Auch Rena Farquhar (FDP) trauerte der verlorenen Chance hinterher: „Wir hatten immer gesagt, die Neue Schule braucht optimale Startbedingungen.“ Die sieht sie am Standort Stifter-Schule nicht unbedingt gegeben. „Der Blick auf das VfL-Post-Gelände hat sich schon im April geschlossen“, meinte indessen Silberhorn-Hemminger. Die Linke hätte da schon mitgemacht, wenn das Gremium vollends auf Wohnbau auf dem Sportplatz verzichtet hätte, erklärte indessen Tobias Hardt. Während die SPD die Option auf eine Erweiterung der Zollberg-Realschule begrüßte, sah die CDU keine Notwendigkeit, den vierten Zug dort auch zu bauen. FÜR Esslingen wollte statt einer neuen Realschule eine Gemeinschaftsschule in der Vorstadt. Und beide Schulhäuser vierzügig bauen lassen.

Letztendlich ging es dem Gremium darum, nicht noch mehr Zeit zu verlieren. OB Jürgen Zieger bedankte sich für das deutliche Votum für den Rathausvorschlag: Damit könne die Verwaltung mit der neuen, aber noch gesichtslosen neuen Realschule deutlich besser in die Anmeldetage im März ziehen.