Die Esslinger Stadtbücherei wird von vielen als Ort der Identifikation geschätzt. Nun soll sie noch attraktiver werden. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Den Zeitplan für die neue Bücherei am alten Standort hat der Gemeinderat nun abgesegnet. In vielen Punkten ist die Meinung der Bürger ausdrücklich gefragt.

EsslingenLange Zeit war man im Esslinger Gemeinderat uneins, wo die Zukunft der Stadtbücherei liegen soll. Seit dem eindeutigen Votum beim Bürgerentscheid am 10. Februar ist klar, dass der aktuelle Standort im Bebenhäuser Pfleghof modernisiert und erweitert wird. Nun haben die Ratsmitglieder erste Weichen auf dem Weg zur neuen Bibliothek gestellt. Nachdem sie vor zwei Wochen in nichtöffentlicher Sitzung Zustimmung zu den Vorschlägen der Verwaltung signalisiert hatten (die EZ berichtete), ist der Zeitplan nun einstimmig beschlossen. Angepeilt wird die Eröffnung der neuen Bibliothek im Pfleghof für Mitte 2026. Bis dahin sollen die Bürgerinnen und Bürger ausgiebig Gelegenheit erhalten, Anregungen und Wünsche einzubringen. Dass der Gemeinderat das amtliche Ergebnis des Bürgerentscheids auch ganz offiziell zur Kenntnis genommen hat, war nur eine Formalie.

Der Zeitplan ist eng getaktet: Bis Ende Juni werden Vertreter unterschiedlicher Interessensgruppen mit Bücherei-Leiterin Gudrun Fuchs und externen Bibliotheks-Experten die Grundlagen zur Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs erarbeiten und das Raumprogramm der Bücherei, das auf 3600 Quadratmeter angelegt ist, begutachten. In einem zweiten Schritt werden alle Bürgerinnen und Bürger am 10. Mai zum öffentlichen Workshop ins Neckar Forum eingeladen. Dort können die Besucher in Arbeitsgruppen weitere Vorschläge einbringen. Anschließend wird im Expertengremium das endgültige Raumprogramm formuliert, das der Gemeinderat am 22. Juli als Grundlage des Architekturwettbewerbs beschließen soll. Für das zweite Quartal 2020 ist der Planungsbeschluss vorgesehen. Parallel dazu müssen der Interimsstandort und der Umzug geplant werden. Den Baubeginn plant die Stadt im zweiten Quartal 2022. „Sollten keine Verzögerungen auftreten, wird die sanierte und erweiterte Stadtbücherei Ende 2026 wieder an die Bürger der Stadt Esslingen übergeben“, heißt es in der Ratsvorlage.

Viel Kritik hatte sich in der Vergangenheit entzündet, weil Verwaltung und Gemeinderat weite Teile der Bücherei-Debatte unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt hatten. Das soll sich nun – auch unter dem Eindruck der starken Beteiligung am Bürgerentscheid – ändern. Zusätzlich zum Expertengremium soll es einen „Design Thinking“-Prozess geben. „Diese intensive Form der Beteiligung löst Gestaltungsfragen der Bücherei ausgehend von den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer“, erklärt die Verwaltung. Dazu werden Bücherei-Nutzer und -Nichtnutzer interviewt, aus den Ergebnissen werden Gestaltungsideen entwickelt. Diese Form der Beteiligung soll bis zur Eröffnung der neuen Bücherei laufen.

Vertreter der Ratsfraktionen und -gruppierungen betonten, das unmissverständliche Ergebnis des Bürgerentscheids sei ein klarer Auftrag an Verwaltung und Gemeinderat, eine attraktive und zukunftsfähige Bücherei im Pfleghof zu ermöglichen. Richard Kramartschik (SPD) ist überzeugt, dass der große Planungs- und Beteiligungsaufwand richtig ist: „Die Stadtbücherei ist bereits heute für viele ein ‚Wohnzimmer’, für das es sich lohnt, sich mit aller Kraft einzusetzen. Wenn der Prozess der Renovierung und Umgestaltung der Bücherei dazu führt, dass sich möglichst viele verantwortlich eingebunden fühlen, wird das die Stadtgemeinschaft entscheidend stärken.“ Annette Silberhorn-Hemminger (Freie Wähler) versicherte, ihre Fraktion werde das Projekt konstruktiv und mit Augenmaß begleiten. Dass sie ihre Frage aus nichtöffentlicher Sitzung wiederholte, ob es einen Zeitpunkt gebe, an dem sich „die Reißleine ziehen“ lasse, falls das Budget aus dem Ruder laufen oder der Pfleghof die Erwartungen nicht erfülle, wurde hinterher von Zuhörern lebhaft diskutiert.

Carmen Titel (Grüne) sagte zu, ihre Fraktion werde sich mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass im Pfleghof eine gute Bücherei entsteht. Sie begrüßte es, dass die Verwaltung ihre ursprünglichen Pläne für die Bürgerbeteiligung nochmal deutlich nachgebessert hatte. Und sie legt Wert darauf, dass die weiteren Beratungen so weit wie möglich öffentlich stattfinden. Edward-Errol Jaffke (CDU) war es wichtig, „dass wir nun keine weitere Zeit verlieren“. Jeder weitere Verzug führe zu Kostensteigerungen.

Unstimmigkeiten gab es wegen eines Ergänzungsantrags der SPD-Ratsfraktion, die beantragt hatte, den Vertretern im Expertengremium organisatorische, personelle und finanzielle Unterstützung zuzusichern. Außerdem wollen die Sozialdemokraten überprüft sehen, ob das Personal bei der Stadtbücherei und dem Eigenbetrieb Städtische Gebäude ausreicht, um das Projekt effektiv voranzubringen. Nach dem Kulturbürgermeister Markus Raab zugesagt hatte, die Experten mit Rat und Tat zu unterstützen und im nächsten Kulturausschuss über mögliche personelle Konsequenzen zu reden, sah die SPD ihren Antrag fürs Erste als erledigt an.