Der 16-jährige Mark Wendt hat sich vom Stotterer zu einem der besten Debattierer des Landes entwickelt. Jetzt zieht es ihn in die Politik Foto: Krytzner Quelle: Unbekannt

Von Thomas Krytzner

Eigentlich ist Mark Wendt ein normaler Teenager im Theodor-Heuss-Gymnasium, der die Welt mit offenen Augen betrachtet. Allerdings hat der 16-Jährige bereits erfolgreich an verschiedenen landes- und bundesweiten Wettbewerben teilgenommen - zuletzt gewann er eine Debattier-Runde auf Landesebene und gehörte zu den Besten im landesweiten Fremdsprachenwettbewerb. Im Gespräch mit EZ-Mitarbeiter Thomas Krytzner macht sich Mark Wendt nun Gedanken über die aktuelle Weltpolitik und die Macht der Sprache.

Dass der 16-jährige Esslinger sprachlich stark ist, war nicht immer so. Früher war er ein Stotterer und daher sehr schüchtern. Doch Mark Wendt wollte sich mit dieser einengenden Situation nicht zufriedengeben und schaffte es, sein Leben umzukrempeln. Geboren ist der Teenager in Mexiko, rund 80 Kilometer südlich der Hauptstadt Mexiko-City. Im Jahr 2003 zog er nach Deutschland - und ist froh, in einem freien Land aufzuwachsen.

Sein sprachliches Talent und sein Interesse am Ursprungsland der jeweiligen Sprache entdeckte Wendt früh - auch wenn er bedauert, dass in den deutschen Schulen zu wenig auf die Länder eingegangen werde, deren Sprache gelehrt werde. Bald lernte er auch, wie man Argumente richtig einsetzt - was ihm auch in der Schule und zu Hause zugute kam: „Besonders, wenn es darum ging, die Eltern davon zu überzeugen, dass ich alleine mit Freunden in die Ferien verreisen will“, erzählt er. Beim Debattieren setzt Mark Wendt auf den fairen und gerechten Austausch von Argumenten. Er sagt: „Menschen mit unterschiedlichen Meinungen kommen dabei zusammen. Und da geht es eben nicht nur um politische Dinge.“ Für ihn ist das Debattieren das Auseinandersetzen und dann wieder zusammenfinden.

Debattieren kann man lernen

Mark Wendt ist überzeugt, dass jeder lernen kann, zu debattieren. „Oft hilft es, eine Meinung zu vertreten, die man sonst nicht äußern würde“, sagt er. Dabei versetze man sich am besten in die Lage seines Gesprächspartners, um dessen Sichtweise gut nachvollziehen zu können. Genauso bereitet sich Mark Wendt auch auf die verschiedenen Wettbewerbe vor, an denen er teilnimmt. Da gelte es in der Vorbereitung, Argumente zu erarbeiten und diese dann im Kopf zu speichern. Er rät: „Üben kann man die Macht der Argumente unter Freunden und in der Familie. Dabei sollte die Balance zwischen rhetorischer Kunst und der Meinung gehalten werden.“

Dem Sprachgenie bescherte die Debattierkunst auch mehr Selbstsicherheit, zum Beispiel bei Präsentationen im Klassenverband. „Das frühere Stottern verschwand und ich stellte fest, dass die flüssige Sprache hilft, zu einem guten Gesprächspartner zu werden.“ Er vertritt aber die Meinung, dass der beste Gesprächspartner der Stillste ist. „Manchmal ist Schweigen in der Tat Gold und wenn die richtigen Fragen gestellt werden, kann ein Gespräch gelenkt werden.“

Mark Wendt spricht fließend Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch. „Russisch und Portugiesisch bringe ich mir zurzeit zu Hause bei.“ Er sieht die Beherrschung der verschiedenen Sprachen als sehr hilfreich für seinen späteren Beruf an. „Diplomat oder Botschafter zu werden ist das Ziel und dabei sind Sprachkenntnisse von Vorteil.“

Wendt sieht die Sprache nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern auch als Erweiterung des eigenen Horizonts. „Mit jeder Sprache kriegt man eine neue Seele.“ Für den Schüler ist US-Präsident Donald Trump der Grund, dass es ihn nun in die Politik zieht: Seit diesem Jahr ist er bei den Jusos und engagiert sich politisch. „Ich habe verwundert festgestellt, was mit der Macht der Worte alles möglich ist.“ So habe der US-Präsident mit seiner Art zu reden ja erreicht, demokratisch gewählt zu werden. Bei seinem USA-Aufenthalt Anfang August habe er im Gespräch mit US-Bürgern aber festgestellt: „Viele, die Trump damals zum Präsidenten wählten, würden ihn heute gerne so schnell wie möglich loswerden“, erzählt Wendt.

Er selbst bezeichnet sich als glühenden Europäer. „Wir sollten für Europa einstehen. Das ist wie in einer WG: Jeder hat sein eigenes Zimmer, wenn aber stürmische Zeiten kommen, steht man zusammen.“ Wendt versteht aber auch die ständige Kritik an der Europäischen Union. „Der Reichtum kommt nicht von ungefähr, sondern im Wesentlichen von den armen Ländern.“ Er spricht damit die Billiglohnländer für die Bekleidungsindustrie an. „Der Reichtum muss besser verteilt werden, sonst wird die Schere zwischen Arm und Reich immer größer“, findet er.

Engagement für Flüchtlinge

Wendt ist froh, nie einen Krieg miterlebt zu haben. „Gerade in der heutigen Zeit kann ich die Menschen verstehen, wenn sie vor dem Krieg flüchten.“ Deshalb unterstützt der 16-Jährige ehrenamtlich Flüchtlinge. „Diese kommen oft traumatisiert nach Deutschland. Zwischenfälle gibt es leider, das berichten die Medien ja fast täglich. Aber die Einzelfälle sollten nicht zur Stimmungsmache genutzt werden.“ Wendt ist strikt dagegen, dass sich Politik aus der Fremdenfeindlichkeit aufbaut.

Dagegen ist Bildung für ihn ein wichtiger Aspekt, der weltweit Gehör finden sollte. „Bildung ist ein Menschenrecht und muss kostenlos sein. Sie ist der Schlüssel für eine gute Nation.“ Der Sprachenexperte wünscht sich, dass vor allem die jungen Menschen im September zur Wahl gehen. Er ist der Meinung, dass sich die Heranwachsenden weniger um Kleinigkeiten wie „zu viel Schule“ oder „zu kurzes Handykabel“ Gedanken machen sollten, während Kinder in anderen Ländern jeden Tag erneut ums Überleben kämpfen. „Wir sollten froh sein, dass wir frei wählen dürfen“, sagt er. „Das Gesamtbild sollte vor Augen sein. Wo auch immer ein Terroranschlag verübt wird, die Opfer sind alles Menschen.“ Er fordert, auch mal einen Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen. Denn: Politik betreffe alle. Er will die Jugendlichen im Land zu mehr Teilnahme am Leben motivieren: „Mischt mit! Wählt! Macht bei den unzähligen Wettbewerben im Land mit und erweitert den eigenen Horizont!“