Mit „Anna träumt“ hat Heidi Graf ein neues Stück für ihr kleines Schwarzlichttheater entwickelt, das auch Kinder verstehen können, die noch nicht so gut Deutsch sprechen. Foto: Weiß Quelle: Unbekannt

Von Gaby Weiß

„Es macht mir unheimlich viel Spaß, wenn ich mit meinen Stücken die Kinder überraschen kann“, freut sich Heidi Graf, die in dieser Woche mit ihrem neuen Theaterstück an der Herderschule Premiere feiert. „Anna träumt“, das sie für ihr kleines mobiles Schwarzlichttheater entwickelt hat, ist auch für Grundschulkinder geeignet, die noch nicht so gut Deutsch sprechen. Den Vorschlag, ein solches Stück zu erarbeiten, erhielt die gebürtige Berlinerin und studierte Grafik-Designerin, die seit vielen Jahren als freischaffende Künstlerin in Esslingen lebt, vom Amt für Migration und Integration. Die Bürgerstiftung, die Heinz-Weiler-Stiftung und die Gawlik-Staib-Stiftung fördern die Aufführungen an Schulen.

Denkwerkstatt im Wohnzimmer

Mitten in Heidi Grafs Wohnzimmer in der Esslinger Altstadt steht die kleine transportable Theaterbühne. Hier denkt sie sich ihre Stücke aus, hier feilt sie an den Texten und vertont die Geschichten am PC. „Das Schwarzlichttheater ist eine Plattform für meine Gedanken. So, wie andere ein Bild malen, entsteht bei mir in einem langen Prozess ein neues Theaterstück“, erläutert Heidi Graf. Immer wieder sind auch Freunde und Bekannte der vielseitigen Künstlerin zu Gast: „Mich inspiriert für meine künstlerischen Arbeiten zum einen, was ich sehe und erlebe. Und zum anderen das Gespräch, der Austausch und die Auseinandersetzung mit anderen Menschen, die für mich immer eine Bereicherung sind.“

An ihren Stücken arbeitet Heidi Graf etwa ein Jahr lang: „In der hellen Zeit, von Frühjahr bis Sommer, erarbeite ich sie, im Herbst und Winter, wenn es draußen früh dunkel ist, führe ich sie auf.“ Beim Schwarzlichttheater wird im völlig verdunkelten Raum vor schwarzem Hintergrund agiert. Spezielle UV-Lampen sorgen dafür, dass nur weiße oder in fluoreszierenden Farben gestaltete Objekte für das Publikum sichtbar sind. Das macht erstaunliche Illusionen und überraschende Effekte möglich, lässt Dinge schweben, verschwinden oder sich verwandeln. Über eine sehr puristische und reduzierte Visualisierung schafft Heidi Graf in ihren Ein-Frau-Stücken symbolträchtige Bilder von großer Deutlichkeit und starker Konzentration. Trotzdem lassen die Bühnenwerke für den Betrachter unterschiedliche Sichtweisen zu: Die Freiheit der Deutung bleibt.

„Anna träumt“ ist auch für Kinder mit nur geringen Kenntnissen der deutschen Sprache geeignet, denn die eigentliche Erzählung ist pantomimisch und nur mit Musik unterlegt. Mit einer kurzen Einführung bei Tageslicht nimmt Heidi Graf dem jungen Publikum die mögliche Angst vor dem Dunkeln: „Ich möchte ja nicht, dass sich jemand fürchtet, sobald das Licht ausgeht“, betont sie.

„Das Leben ist wie das Kästchen“

Und so skizziert sie von leichter Hand auf großen Papierbögen die Vorgeschichte: Die kleine Anna erhält von ihren Eltern Knete, die im Dunkeln leuchtet. Sie will gut auf das Geschenk aufpassen, verpackt es in ein grünes Kästchen mit roten Punkten und versteckt es im hintersten Winkel ihres Zimmers. Annas Freund Luca würde gern mit der Knete spielen und ist stinksauer, als Anna ihm das verweigert. Abends im Bett ist Anna traurig und wütend, das Schwarzlicht geht an, und Annas Traum beginnt. „Das Leben ist wie dieses Kästchen: Voller Herausforderungen, die irgendwie gemeistert werden müssen. Voller Fragen, die Antworten brauchen. Voller Probleme, die gelöst werden müssen. Und die Knete steht für all die Fähigkeiten, die man in seinem Leben mitbekommt und aus denen es etwas zu machen gilt. Anna hat die Knete, Luca hat die Ideen, und gemeinsam finden sie eine Lösung“, bringt Heidi Graf die Geschichte auf den Punkt.

Nach dem etwa halbstündigen Theaterstück ist für die Kinder auch der Blick hinter die Kulissen der selbst gebauten Schwarzlichtbühne erlaubt: Hier ist alles schwarz verkleidet, damit auch nur das zu sehen ist, was zu sehen sein soll. Jede Requisite hat ihren festen Platz, damit sich Heidi Graf im Dunkeln zurechtfindet. Den Umgang mit Annas Zauberknete, sogenannter „intelligenter Knete“, musste Heidi Graf erst üben: „Wenn man zu zaghaft anpackt, zieht sie ellenlange Fäden. Und sie verbindet sich mit Stoff und Papier.“ Also muss alles, was mit der Knete in Berührung kommt, aus Kunststoff sein, damit nicht irgendwann alles im Dunkeln leuchtet und der Überraschungseffekt der Schwarzlichtinszenierung verloren geht.

Weitere Informationen gibt es unter www.heidi-graf.de