Überzeugte Radlerinnen und Radler traten bei der Sternfahrt in die Pedale, um zu zeigen, dass nachhaltige Mobilität keine Utopie ist. Foto: Dietrich - Dietrich

Zahlreiche Radler machten sich am Sonntag bei der ADFC-Radsternfahrt von Esslingen aus auf den Weg in die Landeshauptstadt.

EsslingenFahrrad ist gleich Fahrrad? Von wegen. Die Vielfalt an Zweirädern, die beim Start zur Radsternfahrt 2019 des ADFC zu sehen war, war beeindruckend. Manche fuhren auf dem Esslinger Bahnhofsvorplatz mit einem nagelneuen E-Bike vor, den Akku voll in den Rahmen integriert. Andere Velos sahen aus, als hätten sie bereits die Sahara durchquert oder die komplette Route 66 gemeistert. Da stand das Retro-Rennrad neben dem Faltrad, andere Modelle waren so gebaut, dass sich mit ihnen große Lasten transportieren lassen. Und auch für die jüngsten, die noch nicht allein radeln, war gesorgt: Der dreijährige Theo durfte es sich in einem Anhänger bequem machen – andere Kids konnten das Vorderrad ihres Kinderrades in eine spezielle Vorrichtung am Fahrrad ihrer Eltern einhängen. So entsteht eine Art Tandem.

Genauso vielfältig wie ihre Fahrzeuge waren auch die Teilnehmer, die teils bereits aus Göppingen angeradelt kamen, um dann am Esslinger Bahnhof zusätzlich um eine Zubringergruppe aus Ostfildern verstärkt zu werden. Die volle Radlermontur war in dieser Runde ebenso vielfach vertreten wie die nicht regenkompatible Jeans. Die Wettervorhersage war jedoch, zumindest bis zum Nachmittag, noch halbwegs gut. Esslingens Oberbürgermeister Jürgen Zieger radelte ebenfalls mit nach Stuttgart. Bei Regen wäre das vielleicht anders gewesen, gab er augenzwinkernd zu, um prompt zu erklären: Er radle auch bei Regen, aber dann müsse man richtig flott fahren, um auch nass warm zu bleiben, und nicht gemütlich mit einer so großen Gruppe. „Wir sind nicht gerade das Eldorado der Radwege, aber wir arbeiten dran“, sagte der OB bei seiner Begrüßung der Teilnehmer. Er wünschte „eine gute Fahrt, gute Unterhaltung und ein deutliches Signal für die Unterstützung des Fahrrades“.

"Mehr Platz fürs Rad"

Der Stellvertretende Landesvorsitzende des ADFC, Joachim Weiß, erzählte von den Raubrittern, die man früher nicht in seine Heimatstadt Reutlingen gelassen habe: „Es waren Leute mit Blechumhüllung, die nicht besonders gut gerochen haben.“ Von ihnen zog er Parallelen zum Auto. „Wir brauchen mehr Platz fürs Rad, für Menschen und Menschlichkeit“, forderte er. Bereits zum dritten Mal gab es bei der ADFC-Radsternfahrt einen Auftakt in Esslingen, die Stadt war erneut Partner des ADFC. Dank ihrer Unterstützung gab es Bio-Limo, Erfrischungen vom Café Hibou und leckere Fahrradbrezeln. Die Biobäckerei Stumpp aus Deizisau hatte ihrem Rad-Design ein Update verpasst – dank Mohn gab es sogar schwarze Reifen.

Die Motivation der Radlerinnen und Radler war so bunt wie ihre Fahrzeuge, doch für die meisten Pedaleure war die Teilnahme an der Radsternfahrt ein verkehrspolitisches Statement. „Meine Frau ist sehr engagiert, deshalb fahre ich auch“, sagte Matthias Zahn und monierte: „Die Radwege in Esslingen sind schon spärlich und gefährlich.“ Conny und Peter Kling wären auf der Herfahrt in der Hohenheimer Straße beinahe von einem rückwärtsfahrenden Wagen erwischt worden. „Wir fahren sehr viel Rad, wir wollen dass das ausgebaut und dass das sicher wird“, sagte Conny Kling.

Matthias Wolf hatte von der Sternfahrt durch die Zeitung erfahren: „Mir geht es um den Spaß und darum, mehr für den Radverkehr zu fordern.“ Der elfjährige Achim Blank schätzte an der Sternfahrt, „dass sie Spaß macht und dass sie Kilometer für das Stadtradeln bringt“. Monika Sonneberg ist seit Anfang an bei jeder Radsternfahrt dabei und durfte auch diesmal nicht fehlen. „Ich finde es richtig, dass man etwas tut für die Radfahrer, wir brauchen mehr Platz.“ Die Fahrradstraße in der Esslinger Hindenburgstraße sei leider sehr gefährlich: „Schon zweimal hat mich dort ein Auto vom Rad geholt.“ Carmen Bohner wollte eigentlich mit der Freundin joggen. Doch dann habe diese auf die Radsternfahrt verwiesen. So wurde bei Spaß und Sport kurzerhand umdisponiert.