Lagebesprechung vor dem Einsatz: Polizeioberkommissar Dennis Diercks (links) und sein Kollege, Polizeihauptkommissar Simon Metzger. Foto: Eisenhardt Quelle: Unbekannt

Von Katja Eisenhardt

Es ist ein ganz normaler Sommertag. Am Tisch sitzen Rainer Trettel (Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Führungsgruppe am Polizeirevier Esslingen), Polizeihauptkommissar Simon Metzger (Leiter der Dienstgruppe C am Polizeirevier Esslingen) und Polizeihauptkommissar Klaus Holzmann, einer der beiden Einstellungsberater für den Landkreis Esslingen. Das Team von Simon Metzger hat an diesem Morgen seine Schicht begonnen. Es gibt einen Spätdienst vom Vormittag bis Abend, einen Frühdienst und einen Nachtdienst. Anschließend hat das Team zweieinhalb Tage Pause, am Wochenende beginnt dann wieder der nächste Schichtumlauf mit den drei Modulen. Zusätzlich übernimmt jeder der Esslinger Dienstgruppenbeamten etwa zweimal pro Monat einen so genannten „lageangepassten Dienst“ zur Unterstützung der regulär diensthabenden Kollegen. Beispielsweise wenn Veranstaltungen anstehen und klar ist, dass mehr Einsatzkräfte benötigt werden. Zum Außendienst kommt stets der zeitaufwendige Einsatz am Schreibtisch.

70-Stunden-Wochen kommen vor

Im Schnitt kommen die Beamten auf eine 41-Stunden-Woche, aber auch 70-Stunden-Wochen kommen vor. In Esslingen gibt es fünf Dienstgruppen. Ab Oktober verringert sich die Besetzung durch Zulassung zum Studium oder Versetzungen. „Das wird dann schon grenzwertig, man muss immer auch Krankheitsfälle oder Urlaube einkalkulieren“, gibt Simon Metzger zu bedenken. Zumal das tägliche Arbeitspensum nicht weniger werde. „Werden wir weniger in den Teams, trifft auch der lageangepasste Zusatzdienst jeden von uns entsprechend öfter“, so Trettel.

Mangelnde Bewerberzahlen für den Polizeidienst gebe es aktuell zwar überhaupt nicht, erklärt Einstellungsberater Klaus Holzmann, allerdings seien diese - sollten sie direkt in den gehobenen Dienst einsteigen - erst in gut vier Jahren einsetzbar. Die Ausbildung im mittleren Dienst dauert dagegen zweieinhalb Jahre. „Die laufenden Pensionierungen können daher trotz Einstellungsoffensive nicht sofort kompensiert werden“, betont Rainer Trettel. Gerade im Streifendienst, an vorderster Front, werde wie an anderen Stellen Verstärkung benötigt. Die Bedingungen beim Einsatz auf der Straße sind rauer geworden: „Die Respektlosigkeit gegenüber den Beamten nimmt immer weiter zu, ebenso wie die Gewaltbereitschaft. Das ist bundesweit dasselbe. Besonders in den Städten. Allein schon, weil die Anonymität dort höher ist, als in kleinen Gemeinden auf dem Land“, weiß Trettel.

Das betreffe jede Altersgruppe und nicht wie so oft behauptet werde vor allem die Jugend, ergänzt Simon Metzger. Die täglichen Einsätze reichen von Verkehrskontrollen, Verkehrsunfällen und die unterschiedlichsten Straftaten über Ruhestörungen, Familienstreitigkeiten, Schlägereien, bis zu Randalierern und stark alkoholisierten Personen. Diese verbringen die Ausnüchterung oft in einer der sieben Arrestzellen im Esslinger Polizeirevier, ebenso wie all jene, die am nächsten Tag dem Haftrichter vorgeführt werden. „In den ersten 212 Tagen des Jahres, hatten wir schon 524 Personen hier“, so Metzger. Im Alltag dazugekommen seien Einsätze in Flüchtlingsunterkünften: „Besonders in den großen Sammelunterkünften ist das Konfliktpotenzial hoch. Hier treffen verschiedene Kulturen aufeinander, dazu kommt die Langeweile, wenn man den ganzen Tag nicht viel zu tun hat“, sagt Metzger.

Entsprechend der veränderten Anforderungen wurde über die Jahre das Training der Beamten angepasst. „Früher hatten wir viel Judo-Training, heute ist es ein Mix aus Selbstverteidigung, darunter das Zugriffs- und Abwehrtraining plus die psychologische Schulung, also das situative Handlungstraining: Wie tritt man auf, wie spricht man mit den unterschiedlichen Personen“ zählt Metzger auf. Dazu kommt das regelmäßige Schießtraining.

Nie langweilig

Ganz wichtig sei es für die einzelnen Teams, Automatismen zu entwickeln: „Man muss sich aufeinander verlassen können, teils muss innerhalb von Sekunden reagiert werden.“ Langweilig werde es einem jedenfalls als Polizeibeamter nie, bestätigen Trettel und Metzger. Der Job sei anstrengender geworden, „aber gleichzeitig ist er auch immer abwechslungsreich, denn egal was passiert, die Dienstgruppe ist immer zuerst vor Ort und muss das Richtige tun. Das macht diese Arbeit ungeheuer spannend.“ Dennoch: „Es ist ein Beruf, den man wirklich wollen muss, nicht jeder ist dafür geeignet“, ergänzt Trettel. Nicht umsonst durchlaufen die Bewerber einen umfassenden Test. „Eins muss jedem klar sein: Mit der Darstellung der Polizeiarbeit in den TV-Serien hat die Realität nur selten etwas zu tun.“

Alle Infos zu Anforderungen sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Polizeiberuf findet man unter: www.polizei-der-beruf.de Ansprechpartner und Bewerbungsberater für den Landkreis Esslingen sind: Klaus Holzmann unter Tel. 0711 / 39 90-299 und Joachim Schmid unter Tel. 0711 / 39 90-298, E-Mail: reutlingen.berufsinfo@polizei.bwl.de, Polizeirevier Esslingen, Agnespromenade 4.