Bundestag Foto: dpa - dpa

Von Melanie Braun

Im Wahlkreis Esslingen hat derzeit die CDU das Abo auf das Direktmandat. Auch am Sonntag hat Markus Grübel, der schon seit 2002 als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag sitzt, wieder gute Chancen auf die meisten Erststimmen. Alle anderen Kandidaten im Wahlkreis stehen weit schlechter da. Dass einer von ihnen dem Platzhirsch Grübel das Direktmandat abjagt, gilt als äußerst unwahrscheinlich. Zudem hat keiner von ihnen einen besonders aussichtsreichen Platz auf der Landesliste.

Bei der Bundestagswahl 2013 hat Markus Grübel gut 51 Prozent der Erststimmen auf sich vereinen können. Damit landete er weit vor seinem stärksten Kontrahenten, dem SPD-Kandidaten Michael Wechsler, der nur etwa die Hälfte davon holte. Angesichts der politischen Stimmung in Deutschland dürfte Grübel auch bei der Wahl am Sonntag wieder ein Mandat für den Bundestag sicher sein.

Nicht so rosig sieht es für die SPD im Wahlkreis Esslingen aus. Die Bundestagskandidatin Regina Rapp hat es nur auf den recht aussichtslosen Platz 33 auf der Landesliste geschafft – insgesamt sind auf dieser 39 Kandidaten der Sozialdemokraten gelistet. Gegenüber der EZ hat sich die 35-Jährige angesichts dieser Position aber gelassen geäußert. Sie betont, dass sie das Direktmandat im Wahlkreis holen wolle – dann frage keiner mehr nach ihrem Listenplatz.

Auch Stephanie Reinhold, die für die Grünen im Wahlkreis Esslingen kandidiert, hat mit Platz 25 (von 40) auf der Landesliste ihrer Partei nicht die besten Chancen auf einen Einzug in den Bundestag über die Zweitstimme. Aber auch die 41-Jährige lässt sich davon nicht entmutigen. Sie wolle definitiv in den Bundestag, stellt sie gegenüber der EZ klar.

Mit Platz 37 ist Sven Kobbelt, der für die FDP antritt, auf dem letzten Platz der Landesliste seiner Partei gelandet. Ihm ist klar, dass er kaum Chancen hat, in der kommenden Legislaturperiode im Parlament in Berlin tätig zu sein. Aber dem 31-jährigen Rechtsanwalt geht es nach eigener Aussage ohnehin mehr darum, die „neue FDP“ zu präsentieren und Stimmen für die Liberalen zu sammeln, als sich selbst in den Vordergrund zu stellen.

Gar nicht auf einer Landesliste zu finden ist der Linke Martin Auerbach. Der Jugend- und Heimerzieher wollte den Wahlkampf dazu nutzen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und sie über Inhalte für seine Partei zu gewinnen. Stephan Köthe, Kandidat der AfD, hingegen ist auf Platz 19 von insgesamt 30 Positionen seiner Partei im Land gelistet – aber auch diese Platzierung gilt als relativ aussichtslos für den Einzug ins Parlament. Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) hat derweil die 56 Jahre alte Gabriele Conrad in den Bundestagswahlkampf geschickt. Der MLPD werden allerdings keine Chancen für einen Einzug in den Deutschen Bundestag eingeräumt.

Im Wahlkreis Esslingen sind außerdem noch weitere Parteien mit der Zweitstimme wählbar, die keinen eigenen Direktkandidaten aufgestellt haben. Das sind: Piratenpartei Deutschland; Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD); Tierschutzpartei; Freie Wähler; Ökologisch Demokratische Partei (ÖDP); Tierschutzallianz; Bündnis Grundeinkommen (BGE); Demokratie in Bewegung (DiB); Deutsche Kommunistische Partei (DKP); Deutsche Mitte (DM); Die Rechte; Menschliche Welt; Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI) und die V-Partei3–Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer.

Markus Grübel (CDU) wurde 1959 in Esslingen geboren und ist verheiratet. Er studierte an der Notarakademie und engagierte sich dann im Zuge der Wiedervereinigung für den Aufbau des Notariatswesens in den neuen Bundesländern. Seit 1998 ist er Notar in Obertürkheim, allerdings ruht diese Tätigkeit derzeit. Grübel gehörte von 1989 bis 2014 dem Esslinger Gemeinderat an. Seit 2002 sitzt er im Deutschen Bundestag, im Jahr 2013 begann er seine Arbeit als Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesverteidigungsministerin. Grübel hält Sicherheit für die Voraussetzung eines Lebens in Freiheit und Wohlstand: „Sicherheit darf nicht an Zuständigkeiten scheitern.“ Er tritt unter anderem für eine liberale Gesellschaft und christliche Werte ein, will das Ehrenamt stärken und sich für Zukunftstechnologien einsetzen.

Regina Rapp (SPD) erblickte 1982 das Licht der Welt und wuchs in Hohenstaufen bei Göppingen auf. Sie ist verheiratet und hat zwei Söhne. Rapp studierte Sozialwissenschaften an der Uni Konstanz, arbeitete zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin und ist seit 2011 Leiterin von Förderprogrammen an der Uni Stuttgart. Die 35-Jährige ist seit 2009 Mitglied der SPD. Sie engagiert sich im Kreisvorstand ihrer Partei, im Vorstand der Esslinger Sozialdemokraten und als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen in Esslingen. Rapp sagt unter anderem: „Meine Kinder sollen in einer gerechten, offenen und sicheren Gesellschaft aufwachsen dürfen. Die Politik der SPD, orientiert an den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, ist nach meiner Überzeugung die richtige Kraft dafür.“

Stephanie Reinhold (Grüne) kam 1975 in Freiburg auf die Welt. Sie schloss ein Studium als Diplom-Verwaltungswirtin in Kehl ab und ist derzeit stellvertretende Bezirksvorsteherin im Stuttgarter Bezirksamt Plienigen-Birkach. Die 41-Jährige verbrachte mit ihrer Familie vier Jahre in Peking und Tokio und lebt nun in Ostfildern. Reinhold hält es für eine zentrale Herausforderung für die Politik, das weitere Auseinanderdriften von Arm und Reich aufzuhalten: „Gerechtigkeit ist die Basis für ein gutes Miteinander.“ Sie will sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Integration geflüchteter Menschen und mehr gesellschaftliche Teilhabe von Benachteiligten einsetzen. Außerdem will sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und für die Einführung einer Garantierente kämpfen.

Sven Kobbelt (FDP) ist im Jahr 1986 in Essen geboren und in Mülheim an der Ruhr aufgewachsen. Der Liebe wegen kam der Rechtsanwalt in den Südwesten, er ist verheiratet und wohnt seit 2013 in Esslingen. Im gleichen Jahr trat er auch in die FDP ein. Seit 2016 ist der 31-Jährige Mitglied des Vorstandes im Esslinger FDP-Ortsverband. Kobbelt bezeichnet sich als seit jeher liberal denkend. Für ihn zeichne sich liberale Politik dadurch aus, im Menschen nicht den „kleinen Mann“, den „Großverdiener“ oder „den Flüchtling“ zu sehen, sondern zuvorderst einen selbstbestimmten Menschen mit Talenten. Er will sich für die Unabhängigkeit und den Schutz des Bürgers einsetzen und ihm die Chance geben, seine Talente zu entfalten. Kernpunkte sind für ihn ein schlanker Staat, der Schutz der Bürgerrechte und die „weltbeste Bildung“.

Stephan Köthe (AfD) ist 1966 in Esslingen geboren, er ist verheiratet und hat vier Kinder. Er ließ sich an der Akademie für Datenverarbeitung in Böblingen zum staatlich geprüften Informatiker ausbilden und ist heute als Softwareentwickler tätig. Köthe war von 2009 bis 2013 Mitglied der Piratenpartei. Kurz nach seinem Austritt wurde er im Oktober 2013 Mitglied der damals neu gegründeten AfD. Inzwischen ist der 51-Jährige im Landesvorstand der Partei. Politisch will er sich für die Belebung der Demokratie, die Steuerung der Migration sowie für ein friedliches und prosperierendes Miteinander aller Länder in Europa einsetzen. Köthe plädiert für die Anwendung bestehenden Rechts statt staatlicher Überwachung und bezeichnet das Wahlprogramm seiner Partei als einen Ausbund an Vernunft.

Martin Auerbach (Linke) wurde 1976 in Backnang geboren und ist in Winnenden aufgewachsen. Er ließ sich zum Jugend- und Heimerzieher ausbilden und arbeitet seit 2001 in der Inobhutnahmestelle des Landkreises. Im Jahr 2004 wurde Auerbach in die Mitarbeitervertretung gewählt, 2007 trat er der Gewerkschaft Verdi bei und 2014 der Partei Die Linke. Heute ist der ledige 41-Jährige Mit-Vorsitzender des Ortsverbands Esslingen der Partei und sitzt für sie im Esslinger Gemeinderat. Auerbach setzt sich für einen höheren Mindestlohn ein und für eine Bürgerrente. Zudem steht er nach eigenen Angaben für Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Friedenspolitik. Für ihn ist die Linke eine „Mitmachpartei“, die sich nicht von der Wirtschaft kaufen lasse und die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Auge habe.

Gabriele Conrad (MLPD) ist 56 Jahre alt und arbeitet als Mechatronikerin an einer Universität. Politisch aktiv geworden ist sie als Jugendliche, als sie sich für den Weltfrieden und gegen Umweltzerstörung einsetzte. Heute engagiert sie sich gegen die Zerstörung von Grünflächen, Ackerland und Bolzplätzen in Esslingen. Zudem ist Conrad seit 2003 in der Montagsdemo-Bewegung gegen die Hartz-Gesetze aktiv. Aus ihrer Sicht bedroht die kapitalistische Produktion die Existenzgrundlagen der Menschheit, daher liegt ihr eine Gesellschaft am Herzen, in der die Einheit von Mensch und Natur Leitlinie ist. Conrad will angesichts „der unerträglichen Hetze ultrareaktionärer Politiker und Parteien“ das Menschenrecht auf Flucht verteidigen und die Hauptverantwortlichen für Fluchtursachen zur Verantwortung ziehen.