Jeder neue Fall von Vogelgrippe hat Auswirkungen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Kathrin Drinkuth

Aulendorf - Auf den ersten Blick sieht die Reiherente auf dem Labortisch ganz normal aus - zumindest äußere Verletzungen sind nicht zu sehen. Aber einen Verdacht gibt es trotzdem: Das Tier könnte an der Vogelgrippe gestorben sein, die zurzeit in der Bodenseeregion grassiert. Alexandra Kley-Sonntag wischt mit einem Tupfer an den Innenseiten des Schnabels entlang und geht mit dem gleichen Wattestäbchen weiter an die Kloake der Ente - also dem Ausgang für die Verdauungs- und Geschlechtsorgane des Tieres. Dann kommt die Probe in ein Reagenzglas mit einer rosa Flüssigkeit. „Das geht jetzt rüber ins Labor“, sagt die Mitarbeiterin des Staatlichen Tierärztlichen Untersuchungsamts in Aulendorf (Kreis Ravensburg).

Genetischer Fingerabdruck

Dafür muss die Probe nur zweimal um die Ecke: An einem langen Gang reihen sich die Arbeits- und Laborplätze von Katinka Burkhardt und ihren Kollegen. Sie nehmen die Reagenzgläschen in Empfang und machen sich auf die Suche nach dem Übeltäter. „Wir isolieren das Erbgut des Virus, also seinen genetischen Fingerabdruck“, sagt Burkhardt. Anschließend vermehren die Wissenschaftler das Erbgut des Vogelgrippe-Erregers mithilfe eines Enzyms - um es dadurch schnell und sicher nachweisen zu können.

Aber bleibt das denn auch beim 200. Mal noch spannend? „Das ist der falsche Ausdruck“, sagt Burkhardt. „Wir sind eher angespannt - weil es auch weiter neue Arten oder neue Landkreise treffen kann.“ Wenn das der Fall ist - wenn das Virus beispielsweise bei einer neuen Vogelart vorkommt - geht die Probe weiter an das nationale Referenzlabor am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Ostseeinsel Riems. „Momentan werden pro Tag plus, minus zwanzig tote Tiere zu uns gebracht“, sagt der Amtsleiter des Diagnostikzentrums, Thomas Miller. Vor allem unter den Reiherenten sei die Trefferquote beim Vogelgrippe-Virus hoch. Um die Arbeit zu bewältigen, leisteten die Mitarbeiter deutliche Überstunden - das Institut hofft daher auf personelle Verstärkung. „Der Antrag ist schon gestellt“, sagt Miller. Momentan sind 88 Mitarbeiter bei dem Untersuchungsamt angestellt, die jährlich rund 720 000 Proben erhalten und rund 980 000 Untersuchungen durchführen.

Unter den Tieren, die ins Labor kommen, sind nicht nur Reiherenten: Auf dem Untersuchungstisch von Kley-Sonntag liegt auch ein Sperber, der von einem Auto angefahren wurde. „Trotzdem müssen wir die Todesursache feststellen“, sagt die Tierärztin, die mit Mundschutz, Haube, Gummistiefeln und weißem Overall am Untersuchungstisch steht. Wer in die Geflügelpathologie will, muss Schutzkleidung tragen und über Desinfektionsmatten treten.

Christoph Hönig versucht dagegen, das Virus gar nicht erst rein zu lassen: Sein Geflügelhof verkauft Eier. Rund 12 000 Tiere leben dort. „Das entspricht 36 Kühen“, sagt Hönig. Eigentlich haben seine Hühner ein Freilaufgelände von zehn Hektar - doch momentan müssen sie drinnen bleiben. „In den ersten Tagen standen sie schon vor dem Tor, aber inzwischen haben sie sich dran gewöhnt“, sagt Hönig.

Mitarbeiter des Landratsamtes Konstanz überprüfen bei den rund 800 Betrieben im Kreis, dass keine Wildvögel in die Ställe gelangen können. Wirtschaftlicher Schaden ist dem Landwirt bislang noch nicht entstanden. Auch seine Eier darf er trotz der Stallpflicht noch eine zeitlang weiter als Freilandeier verkaufen - und einen Rückgang beim Absatz beobachtet er nicht. Trotzdem hofft Hönig, dass der Ausbruch der Vogelgrippe nicht lange anhält. „Das kommt meistens schnell, ist ein paar Wochen brutal und ebbt dann wieder ab.“