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Stuttgart (dpa/lsw) - Das umstrittene Anti-Raser-Tempolimit auf knapp 30 Kilometern der Autobahn 81 bei Bad Dürrheim ist zunächst gestoppt. Der Streit sei gelöst, erklärten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein Vize Thomas Strobl (CDU) am Mittwoch in Stuttgart. Die beiden Arbeitskreise Verkehr der Regierungsfraktionen würden zeitnah die anstehenden Sach- und Rechtsfragen beraten - mit dem Ziel einer Lösung.

„Solange werden einseitig keine Fakten geschaffen“, schrieb die Regierungsspitze und pfiff damit Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zurück. Dieser hatte das Regierungspräsidium Freiburg gebeten, ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern anzuordnen, um Autorennen auf der bei Rasern beliebten Strecke zu unterbinden. Teile der CDU kritisierten Hermann. Der Grüne sei einseitig vorgeprescht.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte Hermann gar zum Rücktritt auf, nachdem sein Vorhaben gestoppt wurde. „Wenn der Verkehrsminister auch nur einen Funken Selbstachtung besitzt, dann sollte er jetzt zurücktreten“, forderte Rülke. „Selten hat eine Regierungsspitze einen Minister derart öffentlich düpiert. Dieses Ausbremsen des Ministers selbst war überfällig.“

Das Ministerium verteidigte die Vorgehensweise und betonte, es sei originäre Aufgabe der Verkehrsbehörde, notwendige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr umzusetzen. Das sei die Verantwortung einer Regierung, die ihr niemand abnehmen könne. „Es geht hier um die Sicherheit von Verkehrsteilnehmern, die durch das rücksichtlose und verantwortungslose Fahren von illegalen Autorennen in diesem Bereich einer Gefahr ausgesetzt sind“, sagte eine Sprecherin Hermanns. Mit dem Tempolimit gebe es einen überprüfbaren Ansatzpunkt für die Polizei, aktiv zu werden.
Versöhnlich äußerte sich am Mittwoch CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart: „Hier lohnt ein Koalitionskrach nicht“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Nichtsdestotrotz bewerte die CDU-Fraktion die Notwendigkeit für eine Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf der A81 anders als der grüne Verkehrsminister. Die Fraktion baue auf abschreckende Kontrollen oder Blitzer statt auf ein generelles Tempolimit für alle.

Unversöhnliche Äußerungen kommen derweil vom CDU-Generalsekretär Manuel Hagel der Hermanns Vorgehen als „völlig inakzeptabel“ bezeichnete und das Vertrauen in den Koalitionspartner erschüttert sieht. Auch CDU-Minister Peter Hauk rügte Hermann für sein „einseitiges Vorpreschen“. „Das ist schon dreist.“ Bei den Koalitionsverhandlungen sei anderes besprochen worden.

Dem entgegnete das Ministerium, im Koalitionsvertrag stehe, dass ein Tempolimit dort in Frage kommt, wo es aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten ist. Daher habe das Ministerium das Regierungspräsidium aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zur Tempobeschränkung in die Wege zu leiten.

Berlin hält Hermanns Vorgehen für rechtswidrig. „Illegale Autorennen muss man mit verstärkten Kontrollen bekämpfen, den Rasern drohen schwere Strafen“, sagte der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, der Südwest-Abgeordnete Norbert Barthle (CDU), am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Deswegen habe die Bundesregierung dafür gesorgt, die Strafen für illegale Autorennen deutlich zu erhöhen. Die Teilnehmer ließen sich weder in Städten noch auf Landes- oder Bundesstraßen von Tempolimits aufhalten.