Mit Schülerinnen ins Gespräch kommen: Ministerin Susanne Eisenmann besucht eine Klasse in der Realschule in Althengstett. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Larissa Schwedes

Althengstett - Montagmorgen, dritte Stunde in der Gemeinschaftsschule Althengstett im Kreis Calw: Eine kleine Gruppe macht einen Test, um die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) beugt sich über die Schüler und fragt nach ihren Berufswünschen. „Grundschullehrerin“, antwortet ein Mädchen. Die Augen der Ministerin leuchten auf. „Sehr gut, da habe ich hohen Bedarf“, bestärkt sie die Schülerin.

Dass Lehrkräfte fehlen, ist ein großes Thema an den Schulen im Land. Verantwortlich für das schlechte Abschneiden der Grundschüler Baden-Württembergs bei der neuen IQB-Bildungsstudie ist der Lehrermangel Eisenmanns Einschätzung zufolge aber nicht. „Bayern hat deutlich mehr Schüler, deutlich weniger Lehrer, aber deutlich bessere Ergebnisse“, sagt die Ministerin. Die Grundschüler in Baden-Württemberg hatten - unter anderem im Lesen und in Mathematik - deutlich schlechtere Ergebnisse erzielt als in früheren Studien.

Das liegt nach Eisenmanns Worten vor allem daran, dass der Leistungsstand in vielen Klassen extrem unterschiedlich sei. „Wir haben Grundschulen, in denen manche in Klasse eins schon lesen können, während andere noch nicht mal einen Stift halten können.“ Dazu trägt auch der gestiegene Migrantenanteil in den Klassen bei, der in Baden-Württemberg mittlerweile bei über 40 Prozent liegt. Auch die Inklusion von behinderten Schülern spielt eine Rolle: Laut einer Statistik der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gehen mehr als die Hälfte der Schüler, die Anspruch auf sonderpädagogische Bildung haben, zur Grundschule.

Kaum Zeit für individuelle Förderung

Die Lehrer sind angesichts dieser Unterschiedlichkeit ihrer Schüler extrem gefordert. Für Eisenmann stellen sich viele Fragen: „Welcher Lehrer unterrichtet wie? Und was? Und mit welchem Erfolg?“ Dabei müsse auch geprüft werden, ob Lehrer bereits in ihrer Ausbildung ausreichend darauf vorbereitet werden, mit Inklusion und heterogenen Gruppen umzugehen. Suzan Abel, Klassenlehrerin einer sechsten Klasse, wünscht sich mehr Raum für individuelle Förderung: „Ich kann oft nicht ausreichend auf die Bedürfnisse des Einzelnen eingehen.“ Die Gemeinschaftsschule Althengstett hat extra für diesen Bedarf Förderstunden eingerichtet. „Die sind dringend notwendig“, sagt die Lehrerin.

Vom Schuljahr 2018/19 an sollen laut Kultusministerium deshalb sogenannte Poolstunden den Grundschülern mehr Zeit geben, sich in den Fächern Deutsch und Mathematik zu verbessern. Dafür den Fremdsprachenunterricht in den ersten beiden Schuljahren abzuschaffen, hält sie für die richtige Entscheidung. „Es nützt nichts, einfach mehr Geld in die Schulen zu stecken. Viel hilft nicht immer viel“, sagt Eisenmann. Stattdessen sollen auch Konzepte, die in anderen Bundesländern Erfolg gezeigt haben, Baden-Württemberg wieder nach vorne bringen. Mit zentralen Klassenarbeiten in der zweiten Klasse könnten die Schüler danach individuell auf die weiterführenden Schulen vorbereitet werden.

Große Herausforderungen

An diesem Morgen geht es nicht nur um die Grundschüler, über die im Land in diesen Tagen so heiß diskutiert wird. Eisenmann ist zu Besuch bei den Sechstklässlern der Schule im Kreis Calw. Von ihnen lässt sie sich Lerntagebücher zeigen, plaudert über ihre eigenen Lieblingsfächer und hilft beim Buchstabieren. Mit Schülern, Lehrern und Schulleitern ins Gespräch zu kommen, ist der Ministerin wichtig. Während ihrer Amtszeit will sie alle Schulamtsbezirke besuchen. Die erste Hälfte hat sie nun abgehakt. Doch bevor sie bei ihrem letzten Schulbesuch glänzen kann, muss sie noch großen Herausforderungen bewältigen.

bildungsstudie

An der jüngsten Studie des Instituts zur Qualitätssicherung im Bildungswesen (IQB) haben 2016 etwa 30 000 Schüler aus 1500 Schulen teilgenommen. Im Südwesten beteiligten sich 87 Grundschulen. Die Ergebnisse:

Fach Deutsch - Zuhören:

Platz neun - im Jahr 2011 war es noch Rang zwei.

Fach Deutsch - Lesen:

Platz 13 - 63,4 Prozent erreichten den sogenannten Regelstandard.

13,4 Prozent der geprüften Viertklässler erfüllten die Minimalanforderung nicht. Mit einem Wert von unter zehn Prozent (9,5 Prozent) hinkten Baden-Württembergs Schüler im Optimalstandard hinterher: In Bayern umfasst die Spitzengruppe 13,2 Prozent.

Fach Mathematik:

Platz 8 - 62,7 Prozent erreichten den Regelstandard. In Bayern lag der Wert bei 73,3 Prozent, in Sachsen bei 72,7 Prozent.

Die Spitzengruppe in Mathematik verkleinerte sich im Vergleich zum Jahr 2011 um sechs Prozentpunkte auf 12,8 Prozent.

Spitzenreiter Sachsen kam auf 19,1 Prozent.