Saubere Utensilien für den Konsum von Drogen liegen im Drogenkonsumraum der Kontakt- und Beratungsstelle Drob Inn in Hamburg bereit. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Susanne Kupke

Karlsruhe - Ein paar Stühle und Tische, blanke Kacheln, Wasch- und auch ein „Kotzbecken“ aus Edelstahl: So sieht es im Hamburger Drogenkonsumraum Drob Inn aus. Heimelig ist anders. Doch das soll es dort wie in den bundesweit mehr als 20 anderen Räumen dieser Art gar nicht sein. Sie sind dazu da, um Schwerstabhängige vor dem Allerschlimmsten zu bewahren. In Baden-Württemberg gibt es so etwas noch nicht. Das könnte sich bald ändern. Das Land prüft die Zulassung einer solchen Einrichtung nach einem Hilferuf aus Karlsruhe. Doch am Sinn der „Fixerstuben“ scheiden sich die Geister.

Was geschieht in einem Drogenkonsumraum?

Schwerst Drogenabhängige sollen mitgebrachte Substanzen wie Heroin, Kokain oder deren Abkömmlinge unter hygienischen Bedingungen spritzen oder rauchen können. Es gibt sterile Spritzen, Einweghandschuhe und Desinfektionsmöglichkeiten. Dabei geht es nicht um ein gemütliches Plätzchen für die Haschpfeife. „Ein Drogenkonsumraum ist nicht attraktiv für solche Leute“, betont Jörg Pietsch, Leiter des Arbeitsstabes der Drogenbeauftragten der Bundesregierung.

Was ist das Ziel?

Durch das Spritzen unter Aufsicht sollen Infektionen und Krankheiten wie HIV oder Hepatitis sowie lebensbedrohliche Überdosierungen vermieden werden. Auch will man mit Konsumenten in Kontakt kommen. Zugleich soll der öffentliche Raum entlastet werden. Weggeworfene Spritzen und die offene Drogenszene auf Straßen und Plätzen sorgen vielerorts für Unmut.

Was können Drogenkonsumräume leisten?

Drogenkonsumräume, die an Hot-Spots der Szene errichtet wurden, werden von Süchtigen angenommen. „Sie haben sich als ein Instrument der Schadensminimierung bewährt“, sagt Pietsch. Sie können ein Einstieg zum Ausstieg aus der Sucht sein und zum Beispiel den Weg zu einer Substitutionsbehandlung weisen. Krankheiten und Todesfälle wurden reduziert.

Welche Nachteile gibt es?

Drogen-Experte Pietsch räumt eine „gewisse Konzentration der Szene“ bei solchen Räumen ein. Problematisch sei es etwa, wenn sich Abhängige - und mit ihnen Dealer - außerhalb der Öffnungszeiten vor dem Raum aufhalten. Die Umgebung um die Drogenkonsumräume muss gut überwacht sein.

Wie ist das rechtlich?

Drogenkonsumräume können nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zugelassen werden, sofern das Landesinnenministerium eine entsprechende Verordnung erlässt. Der an sich verbotene Besitz der mitgebrachten Droge zum Eigenverbrauch wird geduldet.

Warum will Karlsruhe einen Drogenkonsumraum?

Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) reagiert auf Beschwerden von Anwohnern und Geschäftsleuten, die sich am Karlsruher Werderplatz nicht mehr sicher fühlen. Dort sind teils bis zu 60 Drogen- und Alkoholkonsumenten unterwegs. Die Zahl soll sich in den vergangenen Jahren fast verdreifacht haben.

Welche Schritte sind als nächstes geplant?

Zunächst muss das Land die rechtliche Grundlage per Verordnung schaffen. Die Stadt will bis zum Frühjahr ein Konzept erarbeiten, dem der Gemeinderat zustimmen muss.

Wer positioniert sich wie?

Die Gemeinderatsfraktionen von SPD und Grünen stehen dem offen gegenüber, CDU, FDP und AfD sind skeptisch. Die Polizei befürchtet negative Folgen wie „Drogentourismus“. Auch auf Landesebene ist das Projekt nicht in trockenen Tüchern: Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hat eine Vorlage erarbeitet, das Innen- und Justizministerium prüfen noch. Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Lasotta, sagt: „Zunächst herrscht bei uns noch große Skepsis.“ Jedenfalls müssten die Bürger eingebunden und Erfahrungen anderer Bundesländern ausgewertet werden.