Der AfD-Abgeordnete Stefan Räpple. Foto: dpa - dpa

Andere Parteien sind entrüstet, die Staatsanwaltschaft prüft den Vorgang - mit einem Facebook-Post sorgt der AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Räpple für Aufregung.

Stuttgart (dpa/lsw)Der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Stefan Räpple (AfD) hat dem Justizbeamten, der den Haftbefehl eines mutmaßlichen Täters der Messerattacke von Chemnitz veröffentlicht hat, eine Stelle angeboten. Der Betreffende könne sein Team im baden-württembergischen Landtag verstärken, sagte Räpple der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Das Job-Angebot hatte Räpple auf Facebook veröffentlicht. Nun prüft die Justiz den Vorgang.

Man werde den Sachverhalt umfassend und nicht nur auf bestimmte Straftatbestände prüfen, teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit. «Welche genau in Betracht kommen, muss nunmehr die Fachabteilung im Rahmen der anstehenden Prüfung entscheiden.» Räpple hatte dem sächsischen Beamten in dem Post für seine «wahrhaftige Zivilcourage, die eigene Existenz zu riskieren, um auf die Missstände in unserem Staatswesen hinzuweisen» gedankt. Er habe vielleicht gegen eine Dienstvorschrift verstoßen. «Aber was ist daran auszusetzen, wenn die Regierung ständig die Verfassung bricht?», fragte Räpple. Dann sei es auch für einen Beamten Pflicht, Widerstand und Ungehorsam zu leisten.

Als Reaktion auf den Facebook-Eintrag erwartet Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) von der AfD eine Stellungnahme. «Äußerungen, die Beamten eine Pflicht zum Ungehorsam zuschreiben, zeigen eine mit dem Grundgesetz unvereinbare Haltung», sagte Aras am Freitag. «Sie sind auch geeignet, das Ansehen des Landtags als Verfassungsorgan zu beschädigen.» In einem ohnehin anstehenden Gespräch mit dem AfD-Fraktionsvorstand werde sie diesen um eine Klarstellung bitten.

Einen «Witz auf unterirdischem Niveau» vermutete der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag, Uli Sckerl, zunächst hinter dem Post. «Oder aber ein ernst gemeintes Jobangebot, bei dem einem die Schädeldecke abhebt.» Es sei gut zu wissen, dass die Staatsanwaltschaft sich der Sache angenommen habe, sagte Sckerl. «Während die Republik über Chemnitz diskutiert, nutzt ein rechter Hinterbänkler die Gunst der Stunde, um sich als politischer Antiheld bekannt zu machen.»

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Reinhold Gall, forderte AfD-Fraktionschef Bernd Gögel zum Handeln auf. «Entweder gelingt es Gögel, die Rechtsextremisten aus seiner Fraktion auszuschließen oder er muss diese selbst verlassen.» Der Abgeordnete Räpple wolle einen mutmaßlichen Straftäter beschäftigen. «Dieser würde sich nahtlos in die Riege der Verfassungsfeinde unter den AfD-Mitarbeitern im Landtag einfügen.»

Räpples Ankündigung passe zu seiner Teilnahme an der Demonstration vor wenigen Tagen in Chemnitz, sagte Gall. «Wer in Chemnitz neben Leuten demonstriert, die den Hitlergruß zeigen, und sich öffentlich mit der Teilnahme brüstet, statt zu gehen, muss sich als Rechtsextremist bezeichnen lassen.» Die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier erklärte, Räpple habe eine Grenze überschritten und stelle sich offen gegen den Rechtsstaat. Das Fehlverhalten des sächsischen Beamten werde von Räpple ausdrücklich goutiert, ja geadelt.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kommentierte: «Genau aufgrund solcher Fälle ist es notwendig, die Regeln der Personalgewinnung der Abgeordneten zu verändern.» Es gehe nicht an, dass die AfD-Fraktion Nazis beschäftige und nun auch potenzielle Kriminelle. FDP-Landeschef Michael Theurer forderte Vorkehrungen des Landtags, damit «Menschen mit verfassungsfeindlicher Gesinnung» keinen Zugang zu sensiblen Daten im Rahmen einer Tätigkeit dort erhielten. «Der baden-württembergische Landtag darf kein Auffangbecken für die Gegner unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sein», sagte er der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» (Samstag).

«Die AfD-Fraktion äußert sich nicht über die Mitarbeiter der Abgeordneten», stellte AfD-Fraktionssprecher Klaus-Peter Kaschke klar. «Die Fraktion hat darauf keinen Einfluss - das ist bei allen Abgeordneten so, nicht nur bei der AfD.» Es sei allein die Entscheidung des Abgeordneten, wen er einstelle. Das Angebot von Räpple sei durchaus ernst zu nehmen und ehrenwert.

Der im Netz veröffentlichte Haftbefehl des suspendierten sächsischen Justizbeamten hatte für Kritik gesorgt. Das teils geschwärzte Dokument wurde unter anderem auf Internetseiten von Pro Chemnitz, einem Kreisverband der AfD sowie des Pegida-Gründers Lutz Bachmann verbreitet. Der Beamte wurde am Donnerstag suspendiert. Später ließ er über seinen Anwalt mitteilen, er habe mit der Veröffentlichung «Spekulationen über einen möglichen Tatablauf» beenden wollen.

Die Weitergabe und Veröffentlichung eines Haftbefehls wie in diesem Fall ist strafbar, sagen Medienrechtler. Sie könne mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe geahndet werden - bei Verletzung von Dienstgeheimnissen könne die Strafe sogar höher ausfallen.