Im Februar 1962 wird Hamburg von einer schweren Sturmflut getroffen. Foto: Joop van Bilsen/Archiv Anefo/Nie - Joop van Bilsen/Archiv Anefo/Niederländisches Nationalarchiv Den Haag / Wikimedia Commons)

1962: Flutkatastrophe in Hamburg, Kubakrise und Leservotum der Eßlinger Zeitung für einen Saalbau.

EsslingenIm Jahr 1962 verdichten sich die Spannungen zwischen den politischen Machtblöcken, die Welt bewegt sich am Rand eines weiteren großen Kriegs. Nach dem Scheitern des amerikanischen Versuchs im Vorjahr, die Regierung in Kuba durch eine Invasion zu stürzen, verschärfen die USA ihr Handelsembargo, Kuba bittet die UdSSR um Unterstützung. Die USA fürchten den steigenden Einfluss Kubas auf sozialistische Bewegungen in Mittelamerika, Präsident John F. Kennedy droht Kuba mit einer militärischen Intervention. Die Sowjetunion warnt die USA im Gegenzug, sie riskiere einen Weltkrieg, wenn sie Kuba angreifen wollten.

Die Krise spitzt sich im Oktober dramatisch zu. Die USA beweisen mit Fotos aus einem Spionageflugzeug, dass die UdSSR auf Kuba Abschussanlagen für Mittelstreckenraketen aufbaut. Kennedy verlangt ultimativ den Abbau der Anlagen und verhängt eine Seeblockade über Kuba. Dessen Staatschef Fidel Castro erklärt die Mobilmachung. Der sowjetische Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow lenkt schließlich ein und gibt den Abzug der Raketen bekannt.

US-Raumfahrer umkreist die Erde

In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar erlebt Norddeutschland die schwerste Sturmflut seit mehr als 100 Jahren. Etwa 340 Menschen kommen dabei ums Leben, rund 20 000 Menschen werden obdachlos. Besonders stark ist Hamburg betroffen, das nur schlecht gesichert ist. Die Eßlinger Zeitung berichtet über die Fluthilfen, bei denen auch britische und Bundeswehrsoldaten eingesetzt werden, und bleibt dabei sprachlich im Bild. „Schon gestern ergoss sich eine Welle der Hilfsbereitschaft über die Menschen an der Küste“, schreibt das Blatt. Der Kommentator wird durch die Flut in philosophische Höhen getragen. „Hoffnungslos, sagt der Dichter, weicht der Mensch der Götterstärke. Es ist, wie wenn er in solchen Katastrophen einen Tribut dafür zahlen müßte, daß er sich die Kräfte der Natur zu unterjochen versuchte.“

Im Februar gelingt den USA ein erfolgreicher Schritt in der Raumfahrt. Der Astronaut John Glenn umkreist in einer Mercury-Kapsel drei Mal die Erde. Im Juli bringen die USA einen Funk- und Fernsehsatelliten in eine Erdumlaufbahn, im Dezember erreicht die amerikanische Raumsonde Mariner 2 die Venus.

Im Herbst wird die Bundesrepublik von einem politischen Skandal erschüttert. Nachdem das Hamburger Magazin „Der Spiegel“ einen kritischen Bericht über die Bundeswehr veröffentlicht hat, lässt die Bundesanwaltschaft auf Betreiben des Verteidigungsministers Franz Josef Strauß die Redaktionsräume durchsuchen. Der Herausgeber Rudolf Augstein und Chefredakteur Conrad Ahlers werden unter dem Vorwurf des Landesverrats verhaftet. Die Spiegel-Affäre führt zu Verwerfungen in der Regierung, Strauß muss schließlich zurücktreten.

In Esslingen ist die Frage eines Ersatzes für den im Vorjahr abgebrochenen städtischen Saalbau in der Bahnhofstraße ungelöst. Das für einen Neubau vorgesehene Areal Bahnhofstraße/Kronenhof steht nicht sofort zur Verfügung, der äußere Burgplatz und ein Gelände an der Ecke Grabbrunnen-/Ebershaldenstraße sind ins Gespräch gekommen. Die Eßlinger Zeitung veranstaltet eine Umfrage zur Präferenz der Leser, um dem Gemeinderat zu zeigen, „wie die Bevölkerung über das Saalbau-Problem denkt und wo sie am liebsten seine Verwirklichung sehen möchte“ und damit „das Fällen einer schweren Entscheidung etwas zu erleichtern“. Mit 1876 von 2650 Stimmen fällt das Votum eindeutig für die Ebershaldenstraße aus.