Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (von links), Bundeskanzler Helmut Kohl mit Ehefrau Hannelore und Bundespräsident Richard von Weizsäcker feiern am 3. Oktober 1990 die deutsche Einheit. Foto: Archivfoto:dpa - Archivfoto:dpa

Im Jahr 1990 ist die DDR Geschichte. In schnellen Schritten geht es zur deutschen Einheit. In der Golfregion entsteht ein neuer Krisenherd und Ulrich Bauer wird neuer OB von Esslingen.

EsslingenZu Beginn des Jahres 1990 wird deutlich, dass die Bundesrepublik und die DDR zwar beide ein geeintes Deutschland anstreben, jedoch sehr unterschiedliche Wege zum Ziel sehen. Der DDR-Ministerpräsident Hans Modrow legt ein Konzept vor, das eine schrittweise Vereinigung zu einer Konföderation vorsieht. Dies befürworten auch die großen Oppositionsgruppen der DDR, die sich zum Bündnis 90 zusammengeschlossen haben. Bundeskanzler Helmut Kohl treibt indes den Plan einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit dem Ziel eines Beitritts der DDR zur Bundesrepublik voran.

Die DDR macht den Weg zur Privatisierung der volkseigenen Betriebe über eine Treuhandanstalt frei. Im Juli wird die D-Mark in der DDR eingeführt. Der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow und die Regierungen der EG-Mitgliedstaaten erklären, eine Vereinigung nicht zu blockieren. Die Siegermächte Frankreich, Großbritannien, UdSSR und USA, die Bundesrepublik und die DDR besprechen bei einer „Zwei plus Vier“-Konferenz die internationalen Konsequenzen einer deutschen Einheit. Der Bundestag garantiert die polnische Westgrenze. Die DDR gibt sich einen föderativen Status mit fünf Ländern. Die Siegermächte erklären die volle Souveränität eines geeinten Deutschlands. Im August beschließt die Volkskammer den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik mit Wirkung vom 3. Oktober. Die DDR ist Geschichte.

Der Kommentator der Eßlinger Zeitung stellt dazu fest, dass „Stolz und Freude zu recht die Herzen erfüllen“, warnt aber vor zu großem Überschwang. Zunächst müsse die DDR-Vergangenheit aufgearbeitet werden, „der deutsche Schuldberg ist abzutragen“. Zudem müsse Deutschland einer neuen Rolle gerecht werden. „Von heute an werden die Deutschen die Motoren Europas sein.“

Mit den politischen und wirtschaftlichen Reformen, die Gorbatschow in der UdSSR vorantreibt, verändert sich auch die politische Landkarte Europas. Nach und nach treten Litauen, die Ukraine, Estland, Armenien und Turkmenistan aus der UdSSR aus und erklären ihre Unabhängigkeit. Auch das Ende von Jugoslawien naht. Zum Jahresende erklärt sich Slowenien für unabhängig.

Die KSZE-Staaten erklären bei einem Gipfel in Paris den kalten Krieg für beendet und verkünden die „Charta von Paris für ein neues Europa“. Die NATO- und die Warschauer-Pakt-Staaten unterzeichnen einen Nichtangriffspakt. Im Oktober wird Michail Gorbatschow mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Im Mittleren Osten tut sich indes ein neuer Krisenherd auf. Der Irak besetzt im August, gestärkt durch den für ihn günstigen Verlauf des Kriegs gegen den Iran, das Nachbarland Kuwait. Der amerikanische Präsident George Bush kündigt eine Truppenverstärkung in der Region an, die UN drohen mit einem Militäreinsatz.

In Esslingen wird Ulrich Bauer als neuer Oberbürgermeister vereidigt. Er folgt auf Eberhard Klapproth, der seit 1966 im Amt war. Wie die Eßlinger Zeitung berichtet, will Bauer vor allem die Problemfelder Müllentsorgung, Nahverkehr, Krankenhaus, Landschaftsschutz und Wohnungsbau angehen. Bei der Amtseinführung mahnt Landrat Hans Peter Braun mit Blick auf vergangene Jahre einen anderen Stil an. Die Bürger warteten darauf, „daß wir nicht gegeneinander, sondern miteinander unsere Arbeit tun“.